Unter den Vertretern vieler deutscher Fußball-Amateurvereine herrscht Solidarität. Der neue Fernsehvertrag und die damit verbundenen Veränderungen der Anstoßzeiten bereiten den unterklassigen Vereinen erhebliche Sorgen - und Existenzängste.
Gelsenkirchen. Der Aufstand der westfälischen Amateurvereine gegen das künftige Sonntagsspiel der Fußball-Bundesliga um 15.30 Uhr erreicht den Bundestag. Neben Vertretern des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL) wird Reiner Grundmann, Initiator des Protests, am Mittwoch in Berlin vor dem Sportausschuss zum neuen Fernsehvertrag sprechen. 500 Menschen hatten am Sonntag in Gelsenkirchen gegen die dritte Sonntagspartie demonstriert. "Wir kämpfen um unsere Existenz. Es macht mich wütend, dass die DFL ihre Interessen mit Unterstützung unseres Verbandes durchdrückt", sagte Grundmann. Die Klubs befürchten wegen der Termin-Kollision geringere Zuschauerzahlen und Minder-Einnahmen.
"Der Sonntag den Amateuren", verkündete ein Plakat bei der Demonstration am Rand eines Rasenplatzes im Gelsenkirchener Norden. Der SSV Buer trägt hier seine Landesliga-Partien aus, nur wenige Kilometer entfernt erhebt sich die Arena des FC Schalke 04. Eine Stadt, zwei Welten, die doch eng verbunden sind. "Wenn Schalke am Sonntagnachmittag spielt, stehe ich hier mit dem Vorstand alleine", befürchtet Grundmann. Eigentlich wollten die Gelsenkirchener Klubs deshalb am vergangenen Sonntag den Kreisliga-Spieltag boykottieren. Daraufhin hatte der Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) die Absetzung der Partien angeordnet. Die Vereine sollten vor Wettbewerbsverzerrung geschützt werden.
Der Protest findet nicht nur im Ruhrgebiet statt. "Die Basis kommt nicht mehr zu Wort", kritisierte der Wiesbadener Kreisfußballwart Dieter Elsenbast in Gelsenkirchen. Bei einer Umfrage habe sich kein Verein in Wiesbaden vom Fußball-Verband vertreten gefühlt, schilderte Elsenbast. "Es muss sich verbandsübergreifend etwas tun", forderte er. Auf Bestreben der Amateure hatte der Hessische Städtetag im Februar eine Resolution an DFB und DFL gerichtet und appelliert, auf das dritte Sonntagsspiel zu verzichten.
Auch die westfälischen Klubs versuchen, den öffentlichen Druck zu verstärken. Im Fußballkreis Unna-Hamm wird sich am 22. März der "Verein zur Förderung des Amateurfußballs" gründen. "Wir haben einen Rechtsanwalt eingeschaltet, um zu prüfen, ob wir gegen das Sonntagsspiel klagen können", sagte Eberhard Petri, Abteilungsleiter beim VfL Kamen. Die Amateure berufen sich auf den Grundlagenvertrag zwischen DFB und DFL, in dem der "Schutz des Amateurfußballs" verankert sei. "Die Vereine müssen auf DFB, DFL und Politik einwirken. Der Flächenbrand muss richtig groß werden", sagte Petri.
Erste Politiker haben sich bereits solidarisiert. "Wir müssen deutlich machen, dass es nicht geht, dass die Spitze von DFB und DFL die gesellschaftspolitische Funktion des Sports in Sonntagsreden hervorhebt und am Ende nur der Mammon zählt", sagte Joachim Poß, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag bei der Kundgebung. Einen neuen Anlauf für einen Boykott werden die Gelsenkirchener zunächst allerdings nicht nehmen. "Wir wollen jetzt wieder Fußball spielen", kündigte Grundmann an.