Der Rechtsverteidiger wird für seinen Gesichtsschlag suspendiert und muss zahlen - Sportchef Beiersdorfer wertet “diese Ausnahme eher als gutes Zeichen“.

Hamburg. Mladen Petric konnte sich das Lachen nicht verkneifen. "Ich habe es genau gesehen. Das war ein schöner rechter Haken von Jerome Boateng. Und Albert Streit hat leider komplett seine Deckung vernachlässigt. Der Punktsieg geht daher klar an Jerome." Dennoch war dem "Gewinner" längst nicht nach Feiern zumute. "Immer derselbe Scheiß", waren die einzigen Worte, die der hoch talentierte U-21-Nationalspieler ausstieß, nachdem er für die von Petric spaßig nacherzählte Szene von Trainer Martin Jol zuvor des Trainings verwiesen worden war und mit einer Geldstrafe rechnen muss.

Doch was war passiert?

Im Training hatten die Reservisten, angereichert mit Rückkehrer Mladen Petric und Torwart Frank Rost als Feldspieler, ein Spiel auf sechs kleine Tore gemacht. Dabei agierten beide Teams auf engstem Raum, was etliche Zweikämpfe zur Folge hatte. Nach etlichen harten und überharten (Rost gegen Torun) Duellen fühlten sich Boateng und sein Gegenspieler Albert Streit dazu veranlasst, die Zweikampfhärte nochmals anzuheben. Selbst nach beendeten Spielszenen ließen die beiden nicht freiwillig voneinander ab, gerieten schon zweimal aneinander, bevor es zehn Minuten vor Trainingsende eskalierte. Boateng fühlte sich dabei von Streit derart provoziert, dass er ihn anpöbelte. Streit reagierte mit einem Würgegriff ins Gesicht Boatengs, woraufhin dieser sich losriss und zuschlug. Dabei traf Boateng mit der rechten Hand Streits linke Wange. Streit versuchte zurückzuschlagen, traf im ersten Versuch nicht und wurde am zweiten von niemand geringerem als Jol gehindert. Binnen Sekunden hatte der Niederländer seinen kräftigen Körper zwischen die Streithähne geschoben und geschlichtet.

Bekanntermaßen zu Ungunsten Boatengs, der nach seiner Degradierung zum Reservisten und seiner Gelb-Roten Karte gegen Leverkusen nun den dritten Tiefschlag der letzten Wochen hinnehmen musste. "Er hat keine gute Phase", so Beiersdorfer, "aber er hat gezeigt, dass er die Leistung bringen kann und genießt weiter unser Vertrauen." Auch bei Jol, der dem Vorfall keine Dramatik beimessen wollte: "Jerome hat überreagiert. Dafür wird er ein bisschen in die Mannschaftskasse zahlen."

Mehr passiert nicht. Zumal der Streit bei den Beteiligten - wie das Beispiel Petric bereits zeigte - für wenig Aufregung sorgte. "Es ist ein Vorfall, wie er im Jahr vielleicht zwei-, dreimal vorkommt", so Sportchef Dietmar Beiersdorfer, "eine Ausnahme. Aber er zeigt, dass die Mannschaft heiß ist und jeder um seinen Platz kämpft." Ob die zuletzt gelobte Harmonie darunter leidet? "Nein", antwortet Petric klar, "so was passiert, wenn 25 Männer jeden Tag aufeinander hocken."

Die Hauptsache sei, so Beiersdorfer, "die beiden geben sich die Hände, vertragen und unterstützen sich, wenn sie gemeinsam auf dem Platz stehen." Dann könnten in ein paar Tagen vielleicht alle über diesen Aufreger lachen.