Der Höhenflug der Kielerin geht weiter: Deutschlands Top-Spielerin steht erstmals im Viertelfinale des Grand Slams von Paris. Haas und Görges raus.

Paris. Die Regenwolken hingen bedrohlich tief über dem Stade Roland Garros am Bois de Boulogne, doch Angelique Kerber bringt in diesen Tagen der French Open auch das wechselnde Wetter nicht aus der Ruhe. Ebenso wenig wie Gegnerin Petra Martic. Mit 6:3, 7:5 zog die Weltranglistenzehnte Kerber ins Viertelfinale von Paris ein. Nach Andrea Petkovic im vergangenen Jahr steht damit erneut eine deutsche Tennisspielerin beim wichtigsten Sandplatzturnier der Welt in der Runde der besten Acht - und ein Ende ist noch nicht abzusehen. Ausgeschieden sind dagegen bereits in Runde drei am Samstag Tommy Haas und Julia Görges.

+++ Haas geht als Gentleman, Görges als Zicke +++

Auf Kerber wartet nun Sara Errani (Italien/Nr. 21), die sie im Januar in Hobbart/Tasmanien klar bezwungen hatte. Auch deshalb gilt die 24 Jahre alte Linkshänderin erneut als Favoritin. Dazu kommt zum einen, dass Kerbers Beinarbeit nach dem harten Wintertraining in der Schüttler/Waske-Akademie in Offenbach mittlerweile das laufintensive Spiel auf Sand zulässt. Zum anderen, weil die Kämpferin aus Kiel die beeindruckendste Dreisatzstatistik aller Spielerinnen auf der Tour hat: In diesem Jahr gewann Kerber bisher alle 14 Partien über die volle Distanz.

Gegen die 21-jährige Kroatin musste Kerber allerdings nicht über drei Sätze gehen, obwohl die talentierte Martic sie unaufhörlich mit starken Stoppbällen nervte und mehrfach mit Serve and Volley überraschte. Der Weltranglisten-50., die in ihren Anlagen ein wenig an die viermalige Roland-Garros-Siegerin Justine Henin aus Belgien erinnert, unterliefen jedoch auch neun Doppelfehler.

Im zweiten Satz zeigte sich dann sogar kurz die Sonne, und Kerber zog ihre Taktik durch, die bereits im Achtelfinale gegen Flavia Pennetta (Italien/Nr. 18) erfolgreich gewesen war. Sie spielte „Punkt für Punkt“, überließ die Fehler ihrer Gegnerin und konterte hervorragend aus der Defensive.

Tommy Haas hätte seinem Lauf gerne ein weiteres Match auf einem großen Platz hinzugefügt. Andy Murray aus Großbritannien hätte im Achtelfinale gewartet, einer dieser Gegner, denen Haas spielerisch auf Augenhöhe begegnen möchte. Und auch kann - wenn sein Körper ihm nicht stets das Leben schwer machen würde. So hatte der 34-Jährige sein Abschiedsspiel - und das sei ausdrücklich betont - bei den diesjährigen French Open gegen den Franzosen Richard Gasquet.

Auf dem Court Suzanne Lenglen, dem zweitgrößten Platz der Anlage, kämpfte Haas gegen 10.000 frenetisch jubelnde Fans und einen Gegner, der einst das größte französische Versprechen nach Yannick Noahs Paris-Triumph 1983 war. Haas bekam also doch ein Spiel, das den „Aufwand wert war“. Durch die Qualifikation auf den Nebenplätzen vor 20 Zuschauern hatte sich der Oldie gequält, um dann wieder einmal der beste Deutsche in Paris zu werden.

Nach fünf Siegen in Serie hatte sein Körper aber schließlich genug. 7:6 (7:3), 3:6, 0:6, 0:6 unterlag Haas und durfte zurück zu seiner Familie nach Los Angeles reisen. Zum Abschied gab sich der gebürtige Hamburger als fairer Verlierer: „Ich bin von einem besseren Spieler bezwungen worden.“

Weniger fair in den Augen der Zuschauer verhielt sich Julia Görges (Bad Oldesloe) bei ihrer unnötigen 6:7 (5:7), 6:2, 2:6-Pleite gegen Arantxa Rus (Niederlande). Das Publikum buhte die 23-Jährige aus, nachdem sie mit dem Schiedsrichter diskutiert und sich eine Verletzungspause genommen hatte.

Es schien, als wolle sich die Weltranglisten-27. unbedingt in den nächsten Tag retten. „Ich habe nun mal sechs Dioptrien in meinen Augen und sehe irgendwann nichts mehr“, sagte Görges, die die Chance vergab, nach den Australian Open zum zweiten Mal in Folge das Achtelfinale eines Grand-Slam-Turniers zu erreichen.