Die Angeklagte haben sich für ihre Taten entschuldigt.

Bochum. Den Hauptangeklagten im Prozess um den bislang größten europäischen Fußball-Wettskandal drohen langjährige Haftstrafen. In ihrem Plädoyer forderte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag am Bochumer Landgericht für den bereits als Wettbetrüger bekannten Ante S. sieben Jahre Haft. Der Mitangeklagte Marijo C. soll nach dem Willen von Staatsanwalt Andreas Bachmann für sechs Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Beiden Männern wird gewerbsmäßiger und bandenmäßiger Betrug vorgeworfen. Den Slowenen Dragan M. will der Staatsanwalt mit einer Haftstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt sehen. Die Urteile sollen am Nachmittag fallen.

„Sie haben bewusst Wettbewerbsverzerrungen in Kauf genommen“, sagte Bachmann zu den beiden Hauptbeschuldigten. Zudem seien sie als „Feinde des Sports“ aufgetreten und hätten wirtschaftliche Schäden für die von manipulierten Spielen betroffenen Vereine in Kauf genommen. Den Angeklagten wird vorgeworfen, auf die zu ihren Gunsten europaweit manipulierten Spiele gewettet und dadurch Millionengewinne eingestrichen zu haben. Bei Ante S. soll es sich um 28 Taten und einen Schaden von mehr als 2,3 Millionen Euro handeln. Von 26 Fällen und 2,2 Millionen Euro Schaden ist bei Marijo C. die Rede.

Betroffen gewesen sein sollen Spiele in Deutschland, Belgien, Österreich, Slowenien und der Schweiz. Auch auf das durch einen bestochenen Schiedsrichter manipulierte WM-Qualifikationsspiel zwischen Liechtenstein und Finnland aus dem Jahr 2009 sollen die Angeklagten gewettet haben.

Entschieden trat die Rechtsvertretung von Ante S. dem Vorwurf entgegen, der 35-Jährige habe dem Sport geschadet. Schon in der Vergangenheit habe es Manipulationen gegeben, wodurch „der Sportbetrieb keine Jungfrau“ gewesen sei, sagte Rechtsanwalt Stefan Conen. „Es ist nicht so, dass schmutzige Herren in einen sauberen Teich gesprungen sind“, ergänzte der Rechtsanwalt. Ein konkretes Strafmaß forderte die Verteidigung für Ante S. nicht. Berücksichtigt werden müsse allerdings, dass der 35-Jährige genau so wie die anderen Angeklagten ein Geständnis abgelegt habe.

Ante S. selbst bedauerte in einer kurzen Stellungnahme die von ihm begangenen Taten, die leider nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. „Ich kann nur hoffen, eine letzte Chance zu bekommen“, sagte der 35-Jährige. Auch der Mitangeklagte Marijo C. entschuldigte sich und bat um eine zweite Chance. Seine Verteidigung hatte zuvor ein deutlich geringes Strafmaß als das von der Staatsanwaltschaft gefordert.

Das Verfahren gegen Ante S. und seine mutmaßlichen Komplizen hatte am 21. März begonnen. Im Winter 2008 waren die Ermittlungen im bislang größten europäischen Fußball-Wettskandal aufgenommen worden. Durch abgehörte Telefongespräche führte die Spur schnell zu Ante S. und Marijo C. Im November 2009 wurden die beiden festgenommen. Zunächst war von fast 50 manipulierten Spielen die Rede. Im Laufe des Prozesses wurden die Vorwürfe in mehreren Fällen aber eingestellt. Während Marijo C. und Dragan M. bis zum Ende des Prozesses in Untersuchungshaft saßen, wurde Ante S. gegen Zahlung einer Kaution Mitte April entlassen.

Schon vor Jahren hatte Ante S. im ersten großen Wettskandal in Deutschland für Schlagzeilen gesorgt. Zusammen mit seinem Bruder Milan war er 2005 in den Fußball-Wettskandal um den Schiedsrichter Robert Hoyzer involviert. Die beiden Kroaten hatten mehrere Spieler und Schiedsrichter, so auch Hoyzer, bestochen, damit diese Spiele zu ihren Gunsten manipulieren. Ante S. wurde damals zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und elf Monaten verurteilt und zahlte der Deutschen Kassenlotterie 1,8 Millionen Euro Schadensersatz.