Die Affäre Amerell findet kein Ende. Nun hat der Ex-Schiedsrichter eine Strafanzeige gegen den ehemaligen Fifa-Referee gestellt.

Stuttgart. Der Fall Amerell/Kempter und die Aufarbeitung des Schiedsrichter-Skandals drohen sich weiter in die Länge zu ziehen. Nachdem der ehemalige Schiedsrichter-Funktionär Manfred Amerell bereits einen Vergleichsantrag abgelehnt und einen Befangenheitsantrag gegen die Richter gestellt hatte, erstattete er nun bei der Staatsanwaltschaft Hechingen eine Strafanzeige gegen Michael Kempter. Amerell wirft dem ehemaligen Fifa-Referee versuchten Prozessbetrug vor, weil der in der ersten Verhandlung des Landgerichts Hechingen angeblich grundlegend andere Angaben gemacht hatte als zuvor gegenüber dem Deutschen Fußball-Bund (DFB).

„Das stimmt, Herr Amerell hat diese Anzeige gestellt“, sagte sein Anwalt Jürgen Langer am Dienstag und bestätigte damit einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“. Da der 64-Jährige außerdem Einspruch gegen die Zurückweisung seines Befangenheitsantrags eingelegt hat, ist es wahrscheinlich, dass der für diesen Donnerstag angesetzte Verkündungstermin vor dem Landgericht Hechingen erneut verschoben wird. Eigentlich wollte die 1. Zivilkammer an diesem Tag ein Urteil oder die Fortsetzung des Verfahrens mit einer neuen Beweisaufnahme verkünden. Eine Erklärung des Gerichts steht aber noch aus.

„Von einer Strafanzeige wissen wir nichts. Bei Herrn Amerell und seinem Rechtsbeistand wundert uns aber nichts mehr. Herr Amerell ist offenbar außer Rand und Band“, sagte Kempters Anwalt Christoph Schickhardt der Nachrichtenagentur dpa.

Die jüngste Entwicklung zeigt noch einmal, wie verhärtet die Fronten in diesem Fall sind. Kempter wirft seinem ehemaligen Förderer sexuelle Belästigung vor. Amerell sieht seine Persönlichkeitsrechte verletzt und fordert einen Schadensersatz von 150.000 Euro. Die Frage ist, ob die intimen Kontakte zwischen den beiden einvernehmlich oder unter dem Druck des 36 Jahre älteren Amerells zustande kamen. Die Affäre hatte großes Aufsehen erregt und neben dem Rücktritt Amerells zu einer Neuordnung des Schiedsrichterwesens geführt. Auch Kempter darf bis zur Klärung der Auseinandersetzung kein Spiel mehr pfeifen.

Nach dem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ wirft Amerell ihm nun vor, bei der ersten Verhandlung am 10. Februar in Hechingen ausgesagt zu haben, bereits 2001 im Alter von 18 Jahren erstmals sexuell belästigt worden zu sein. Ein Jahr zuvor soll Kempter vor Juristen des DFB noch ausgesagt haben, dass es dazu erst Jahre später gekommen sei. Amerell hat mittlerweile eine Selbstanzeige beim Verband gestellt, um den DFB dazu zu zwingen, ihn offiziell anzuhören.

Bereits Ende Februar hatte er einen Vergleichsvorschlag des Gerichts abgelehnt. Darin war von Schadensersatz keine Rede mehr, er sollte vor allem das Ende der öffentlichen Schlammschlacht zwischen beiden einläuten. Anwalt Langer bestätigte am Dienstag, dass es seitdem keine ernsthaften Verhandlungen zwischen beiden Parteien oder einen neuen Vergleichsvorschlag gegeben hat. „Dieser Fall ist auch für das Gericht nicht leicht“, meinte er.