Steinburg. Oberligafußballer lassen sich im vorletzten Heimspiel vom PSV Neumünster vorführen. Kilia Kiel ist Meister.

Als der Schiedsrichter dem fußballerischen Elend nach exakt 90 Minuten mit drei kurzen Pfiffen ein Ende bereitete, fielen die Spieler des SV Eichede reihenweise in sich zusammen. Peer-Maurice Ehlers und andere lagen auf dem Rücken, Evgenij Bieche zog sich das Trikot vor sein Gesicht, Tom Wittig verschränkte die Arme hinterm Kopf und Hendrik Ostermann starrte einfach nur ins Leere, die Hände in die Hüften gestemmt. Das 0:6 (0:1) gegen den PSV Neumünster war der mit Abstand schlechteste Eicheder Auftritt seit langer Zeit – und hat den Traum von der Oberliga-Meisterschaft und dem Aufstieg in die Regionalliga endgültig platzen lassen.

Nach der Klatsche gegen Neumünster ist der Titelkampf entschieden

Vier Tage zuvor hatten die Stormarner im Titelrennen noch die Pole Position inne. Das 1:1 am Mittwoch bei Abstiegskandidat GW Siebenbäumen ließ die Hoffnungen bereits massiv schrumpfen. Nach der Klatsche gegen Neumünster ist nun auch rechnerisch klar, dass Kilia Kiel am Saisonende Tabellenplatz eins bekleiden wird. Eichede wird sich – je nach Ausgang der beiden letzten Partien - mit der Vizemeisterschaft oder Rang drei trösten müssen.

Nach der zunächst ordentlichen, später durchwachsenen und in der Schlussviertelstunde desaströsen Leistung gegen den Polizeisportverein herrschte Fassungslosigkeit bei den Akteuren. „Das darf uns als Mannschaft nicht passieren“, hieß es von fast jedem der Interviewten. „Das tut weh, das sind richtige Schmerzen“, sagte Torwart Marcel Gevert. „Wir haben uns fast aufgelöst, sind als Mannschaft nur noch hinterhergelaufen, sind zusammengebrochen.“ Drastischer noch drückte es Trainer Paul Kujawski aus: „Wir haben uns abschlachten lassen.“

Gegner spaziert mehrfach ungestört durch Eichedes Hälfte

Darauf deutete im ersten Durchgang noch nichts hin. Die Gäste nutzten eine ihrer zwei Chancen zur Führung durch Malte Petersen, der nach einem Freistoß aus dem Halbfeld traf (27. Minute). Für die vorzeitige Entscheidung sorgte mit Tim Netzel ein früherer Eicheder. Auch seinen beiden Treffern (49., 59.) gingen Standardsituationen voraus. Der wegen zahlreicher Ausfälle umformierten Elf fehlte bei ruhenden Bällen die Abstimmung. So weit, so nachvollziehbar. Bitter aber, dass in der Folge die Gegenwehr vollends eingestellt wurde. Neumünster spazierte mehrfach ungestört durch Eichedes Hälfte. Marc Barck (77.), Youri von der Mehden (78.) und Timo Barendt (85.) nahmen die Einladungen dankend an.

Dabei war es bislang ja gerade die Defensive gewesen, die den zu Beginn der Saison nicht als Titelkandidaten gehandelten SVE erst vom Coup hatte träumen lassen. Nur 16 Gegentore kassierten die Stormarner in den ersten 29 Saisonspielen – es ist eine überragende Bilanz, die eine überaus erfolgreiche Saison ermöglicht hat. Das ausgerufene Ziel – Top fünf – wurde deutlich übertroffen. „Es war eine tolle Saison, das schmälert auch diese Woche nicht. Ich bin stolz auf die Jungs“, betonte Kujawski.

Stormarner hatten bis dahin in 29 Spielen nur 16 Gegentore kassiert

Ähnlich bemerkenswert aber sind die Zahlen auf der anderen Seite des Torverhältnisses. Nur 60 Treffer stehen zu Buche. Kilia Kiel war doppelt so oft erfolgreich. Dieses Zahlenwerk liefert dann auch die Antwort auf die Frage, was am Ende zum ganz großen Wurf fehlte: Qualität in der Offensive. In fast jedem der nicht gewonnenen Spiele und selbst bei den vielen knappen Erfolgen war von Torgefahr wenig zu sehen. Auf der Spielmacher-Position rotierte Kujawski bis zuletzt regelmäßig, weil keiner der Spieler die Fähigkeiten eines echten „Zehners“ zeigte.

„Die Durchschlagskraft nach vorn hat in vielen Spielen gefehlt. Immer nur ein, zwei Tore zu schießen, das kann nicht immer gutgehen. Das ist eine gesamtmannschaftliche Sache, vielleicht hat aber auch ein Knipser gefehlt“, sagte Innenverteidiger Ostermann. „Wir haben zu viele Chancen gebraucht, waren zu kompliziert im letzten Drittel“, analysierte Chefcoach Kujawski. Auch Kapitän Nico Fischer, der gegen Neumünster verletzungsbedingt passen musste, sagte: „Wir sind über die Defensive gekommen. In einigen Spielen hat man gemerkt, dass wir uns zu wenig Torchancen erspielen und die, die wir haben, nicht effektiv genug nutzen.“

Für kommende Saison muss die Offensive verstärkt werden

Der Auftrag an die Mannschaft und die Sportliche Leitung ist also klar: Um kommende Saison die Titelchancen zu erhöhen – und mit einem attraktiveren Fußball wieder mehr Fans ins Ernst-Wagener-Stadion zu locken – müssen schlicht und einfach mehr Tore her. Die ersten Maßnahmen hat der SVE bereits ergriffen. Mit Artur Blum und Yago Heider wurden zwei Angreifer verpflichtet, die für ihre bisherigen Vereine am Fließband trafen. Für die kreativen Momente könnte Rückkehrer Marco Schubring sorgen, sofern er gut aus seiner langen Verletzungspause kommt.

Auf Kosten der (außer gegen Neumünster) felsenfesten Defensive soll das aber nicht gehen. So hat kürzlich mit Fischer eine wichtige Abwehrkraft seinen Vertrag verlängert. Keeper Gevert bekommt einen neuen Kollegen: Christopher Barkmann (19) wechselt vom VfB Lübeck nach Eichede. Jonas Marschner, der den Zweikampf um die Nummer eins gegen Gevert nur knapp verloren hatte, verlässt den Club.

SV Eichede: Gevert – Arndt (52. Gelzer), Ostermann, G. Schubring (77. Grage), Pichelmann – Ehlers, Baake (68. Fichtner) – Hasselbusch, Bieche, Wittig – Wahl (77. Arnold)