Reinbek. Äthiopische Volkskunst klingt etwas dröge. Ist sie aber nicht. Warum sich ein Besuch der Ausstellung im Schloss Reinbek lohnt.
An den Marathonläufer Abebe Bikila werden sich einige Leser noch erinnern. Der Äthiopier holte bei den Olympischen Spielen 1960 und 1964 Gold. „Ein beeindruckender Mann. Er lief als einziger barfuß“, erinnert sich Bernd M. Kraske. Der 74-jährige Reinbeker hat den Lauf damals vor dem Fernseher live verfolgen können, den seine Eltern extra für die Spiele angeschafft hatten.
Daran erinnerte sich der langjährige Leiter der Reinbeker Kultureinrichtungen, als er die aktuelle Ausstellung im Reinbeker Schloss vorbereitet hat. Gezeigt wird ab morgigen Sonntag, 26. Juni, äthiopische Volkskunst. Kurator Bernd M. Kraske führt ab 11.30 Uhr ein, musikalisch begleitet wird die Eröffnung von dem Oststeinbeker Joachim Düster auf original afrikanischen Instrumenten.
Ausstellung im Schloss Reinbek zeigt auch Bilder über die Geschichte des Sportlers
Auf dem größten Exponat der Ausstellung wird in bunten aneinander gereihten Bildern die Geschichte des Ausnahmeläufers Abebe Bikilas erzählt. Der Kunststil ist naiv und sehr farbprächtig. Der Maler anonym – wie bei allen Exponaten. „Der Marathonläufer ist auch heute noch ein äthiopischer Nationalheld“, erzählt Kraske. „Von Heiligen, Herrschern und Heiden“ ist deshalb auch der Titel der Ausstellung.
Auf vielen Exponaten aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis Anfang der 1960er-Jahre sind auch biblische Szene dargestellt. „Heute sind diese in Äthiopien, das zunehmend muslimisch ist, nicht mehr erwünscht“, sagt Kraske. Gerade vor diesem Hintergrund wirbt er für einen Besuch der Ausstellung mit äthiopischer Volkskunst, die „an Umfang und Qualität zu den besten zählt, die es jemals in Deutschland zu sehen gab“.
Werke stammen aus der Sammlung von Rolf Italiaander
Kein Wunder, dass große deutsche Museen bereits großes Interesse an den Exponaten signalisierten „und uns viel Geld für die Bilder geboten haben“, sagt Kraske. Die stammen aus der umfangreichen Sammlung des 1991 in Hamburg verstorbenen Schriftstellers Rolf Italiaanders.
Der Forschungsreisende und Volkskundler Italiaander hat alle Länder dieser Welt bereist – außer sein Heimatland, die DDR, wo er Einreiseverbot hatte – und hat von überall her Kunstobjekte mitgebracht. „In den 1960er-Jahren war Italiaander in Äthiopien. Hier hat er einige Bilder gekauft, aber auch einige von Haile Selassie, dem letzten äthiopischen Kaiser, geschenkt bekommen“, weiß Kraske. Ein Foto mit beiden Männer ist ausgestellt.
Die Ausstellung ist bis zum 21. August, mittwochs bis sonntags von 10 bis 17 Uhr im Schloss zu sehen. Weitere Führungen mit Bernd M. Krakse sind für den 10. Juli und 14. August um 11.30 Uhr geplant.