Reinbek. In Reinbek erkundigt sich SPD-Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller über Zukunftsprojekte. Was ihn besonders begeistert.

Nach zwei Baustellen an der Mercatorstraße und der Steinstraße in Geesthacht gefällt Thomas Losse-Müller (48), dem SPD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl, am Dienstag Reinbeks S-Bahnhof sogar bei Regenwetter: „Schön habt ihr’s hier“, stellt er fest. Interessiert lässt er sich von seinem Parteigenossen, dem Reinbeker Landtagsabgeordneten Martin Habersaat, erläutern, was in Sachen S 21 schon verbessert worden sei, und erkundigt sich nach den Zahlen.

Auf dem Streckenabschnitt zwischen Aumühle und Bergedorf fahren jeden Tag 10.000 Fahrgäste in beide Richtungen mit, gut 6000 steigen allein in Reinbek ein und aus. Mit dem neuen Fahrplan konnte der nachmittägliche Takt auf zehn Minuten verdichtet werden.

ÖPNV in Hamburg und dem Speckgürtel: Tarife sollen noch verbessert werden

„Eigentlich fehlt uns nur noch eine Verbesserung des Tarifs auf der Strecke zwischen Reinbek und Aumühle“, erläutert Habersaat. „Denn hinter Reinbek verläuft eine Tarifgrenze. Doch von der Tarifreform des zuständigen HVV habe er lange nichts gehört. Vielleicht wisse Kay Uwe Arnecke mehr. Die beiden SPD-Kandidaten warten auf dem Bahnsteig auf den S-Bahnchef und auf Ole Thorben Buschhüter, Verkehrsexperte der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft.

S-Bahnchef mit Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der S 21 zufrieden

Beide kommen mit der S-Bahn nach Reinbek. Kay Uwe Arnecke wirft einen Blick auf die vergangenen Jahre der S 21 und berichtet von den Problemen, die man mit der Linie hatte: So fuhren hier veraltete Waggons. Als man dann neue einsetzte, bereiteten sie Probleme. „Alle hatten sich auf die neuen Fahrzeuge gefreut. Dass die nicht funktionierten, sorgte natürlich für miese Stimmung“, berichtet Arnecke. „Mittlerweile haben wir aber bei Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit einen guten Durchschnittswert erreicht.“ Verbessern könne man die Werte natürlich immer.

„Aber auch der frühere 20-Minutentakt, den wir jetzt auf zehn Minuten verdichtet haben, war ein Ärgernis“, stellt der S-Bahnchef fest. Wie es überhaupt dazu gekommen sei, hakt Thomas Losse-Müller nach. Dies sei eine Einsparungsaktion aus Kiel gewesen, sagt Arnecke. Die Verbesserungen hätten sich wegen der Corona-Pandemie auf die Zahl der Fahrgäste bisher leider noch nicht wie gewünscht ausgewirkt: „Viele sind noch im Homeoffice“, sagt er. „Während der aktuellen Welle erreichen wir vielleicht gerade 60 Prozent der bisherigen Fahrgastzahlen.“ Der S-Bahnchef hofft auf Lockerungen vielleicht in 14 Tagen.

S-Bahn fährt automatisch, Fahrer bleibt aber an Bord

Der Streckenabschnitt zwischen Berliner Tor und Aumühle war außerdem eine Teststrecke für ein geradezu revolutionäres Pilotprojekt, berichtet Arnecke: Als erste Großstadt in Deutschland habe Hamburg die Weichen für S-Bahnfahrten ohne Lokführer gestellt. „Das heißt, sie könnte vollautomatisch fahren, aber bei uns bleibt der Lokführer an Bord“, erläutert Arnecke. „Uns ist wichtig, dass in einem eventuellen Notfall jemand ins System eingreifen kann.“

Losse-Müller will mehr dazu wissen: „Welche Auswirkungen hat das auf den Bahnverkehr?“ Die Kapazität könne gesteigert werden, erklärt der S-Bahnchef: „Wir können 30 Prozent mehr Züge fahren lassen. Denn wir haben keine Signale mehr, alles läuft vollautomatisch, da reicht es, wenn die Mindestabstände für die Bremsstrecken eingehalten werden. Wenn der Zug in Reinbek losfährt, weiß das System schon, was in Bergedorf los ist.“ So werde auch der Energieverbrauch optimiert, ebenso Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit. Im Pilotversuch hatten sich die drei Partner Stadt Hamburg, Siemens und die Deutsche Bahn die nötigen 60 Millionen Euro geteilt.

„Größte Revolution bei der Bahn seit Jahrzehnten“

„Diese Idee der Digitalisierung des S-Bahnverkehrs fasziniert mich gerade“, sagt Losse-Müller. Und Arnecke gibt ihm recht: „Die Digitalisierung ist die größte Revolution bei der Bahn seit Jahrzehnten.“

Für eine Digitalisierung des gesamten S-Bahnnetzes wäre eine Investition von 800 Millionen Euro nötig. „Wir hoffen auf eine größere Unterstützung vom Bund mit der neuen Bundesregierung und dem neuen Verkehrsminister“, sagt Kay Uwe Arnecke. Denn der Bund sei für die Infrastruktur (etwa 620 Millionen Euro), die Länder seien für die Fahrzeuge (180 Millionen Euro) zuständig. „Wir bräuchten neue Stellwerke und neue Funkantennen, die aus dem Gleis direkt mit den Zügen kommunizieren“, erläutert der Experte. Ein Zug koste etwa sechs Millionen Euro, aber die Hamburger S-Bahn habe schon einige der nötigen Fahrzeuge auf dem Hof. „Beim digitalen S-Bahnausbau ist Stuttgart Nummer eins, aber an zweiter Stelle kommt Hamburg.“

Nach dem Treffen auf dem Bahnhof zogen die SPD-Politiker noch weiter zu einem Gespräch über Baustellenkoordinierung und Vernetzung von Mobilitätsangeboten im Reinbeker Schloss.