Wentorf/Reinbek. Förster Tim Laumanns erklärt, warum 2022 ein Mastjahr ist, was das bedeutet – und weshalb er sich um die Buche sorgt.
Der Regen der vergangenen Tage hat Blütenstaub auf Autos und Rädern endgültig abgewaschen. Davon gab es dieses Frühjahr besonders viel. Auch wer in Buchennähe wohnt, musste schon fegen, fielen die Blütenbüschel zuhauf von den Bäumen. Wenn Bäume so intensiv blühen, sprechen Forstwirte von einem Mastjahr. Was sich dahinter verbirgt, beantwortet Forstwirt Tim Laumanns, der Waldflächen in Reinbek, Wentorf, Bergedorf und Geesthacht betreut.
Was ist ein Mastjahr?
Tim Laumanns: In einem Mastjahr tragen die Bäume besonders viele Früchte, das kommt von „Mast machen“. Früher wurden die Schweine in den Wald getrieben, um sich an Eicheln, Buchen und Kastanien fett zu fressen.
Gibt es ein Mastjahr häufiger?
Ja, es galt bei Eichen mal die Regel, dass alle sieben Jahre ein Mastjahr wird. So lange brauchte der Baum, um Kraft sammeln. Waren die Witterungsverhältnisse gut, hat er viele Früchte ausgebildet. Allerdings wird der Abstand zwischen den Mastjahren immer kürzer, und das ist gar kein gutes Zeichen.
Warum nicht?
Weil der Baum dann nicht viele Früchte ausbildet, weil es ihm gut geht, sondern das Gegenteil ist der Fall. Es geht ihm schlecht. Er bringt sozusagen seine letzte Kraft auf, um Nachwuchs zu zeugen. Wir sprechen dann von Notmast. Der Baum kränkelt am Klimawandel und dem damit verbundenem Wassermangel. Besonders fatal ist, dass das Ausbilden vieler Früchte eine enorme Kraftanstrengung für den Baum ist. Das schwächt den ohnehin angeschlagenen Baum noch mal. Der Baum denkt nicht an sich, sondern nur an die Zukunft und den Fortbestand seiner Art. Dem optisch sattgrünen Wald, den viele bewundern, geht es leider gar nicht gut.
Kann man dem Baum helfen?
Schwierig. Mit der Gießkanne können Sie ja nicht in den Wald gehen. Die Buche beispielsweise braucht für ein optimales Gedeihen mindestens 600 Liter Regen, gut verteilt in der Vegetationszeit von Mai bis Oktober. Im fortschreitenden Klimawandel ist das aber immer weniger gegeben. Es gibt bereits Bundesländer, in denen die Buche flächig abstirbt. Erste Symptome an Einzelbäumen sind leider auch schon hier zu erkennen. Die Bäume bilden dann an den Rinden schwarze Flecken aus. Fünf Jahre weiter, und die Bäume sind tot. Bei fortschreitendem Klimawandel ist zu befürchten, dass es in 50 Jahren kaum noch Buchen in unseren Wäldern gibt
Schreckliche Vorstellung. Wie sieht der Wald in 50 Jahren aus?
Grün in jedem Fall mit anderen klimaflexiblen Arten wie Kirsche, Baumhasel, Schwarznuss, Roteiche, Esskastanie, die heute schon in den Wäldern wachsen. Auch Tannenarten werden frei werdende Räume übernehmen. Zeit haben wir nicht mehr. Wir müssen jetzt aktiv werden. 50 Jahre sind für den Wald nur ein Wimpernschlag. uge