Ahrensburg. Erleichterung und Sorge vor neuer Schließung bei Händlern in Ahrensburg. Kundenandrang aus Hamburg bleibt scheinbar aus.

Nach rund drei Monaten Zwangspause ist gestern schlagartig das Leben zurück in Stormarns Innenstädte gekehrt. Seit Montag dürfen Geschäfte im Kreis wieder für Kunden öffnen – auch wenn der Inzidenzwert mit 70,4 die kritische Marke von 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner in sieben Tagen deutlich übersteigt. Entscheidend ist der landesweite Wert, und der liegt für Schleswig-Holstein weiter unterhalb der Grenze. Zahlreiche Kunden nutzten die Gelegenheit, um nach Wochen des Wartens wieder in den Geschäften zu stöbern.

Kaum noch Parkplätze im Stadtzentrum zu finden

In der Ahrensburger Innenstadt herrscht am Montagvormittag bei strahlendem Sonnenschein reges Treiben. Erstmals seit Wochen sind Parkplätze im Zentrum von Stormarns größter Stadt kaum noch zu finden. „Für mich bedeutet das Bummeln durch die Einkaufsstraßen einfach totale Freude“, sagt Uta Liebold. Wie viele an diesem Vormittag ist sie nicht auf der Suche nach etwas Bestimmtem. „Es geht auch um das Schauen, das Genießen, mal wieder raus kommen“, sagt die Ahrensburgerin.

Auch Marlies von Behr nutzt die Möglichkeit. „Vor dem Lockdown habe ich eine Tasche gesehen, die mir gefällt, aber bevor ich mich entschieden hatte, sie zu kaufen, waren die Geschäfte dicht“, sagt die 77-Jährige aus Ahrensburg. Jetzt hofft sie, das begehrte Stück drei Monate später noch im Laden zu finden. Sorge, sich beim Bummeln mit dem Coronavirus zu infizieren, hat die Seniorin nicht. „Solange alle Maske tragen und sich an die Hygieneregeln halten, mache ich mir keine großen Gedanken.“

Lange Schlangen vor vielen Geschäften

Vielerorts mussten Kunden Geduld mitbringen, weil sich vor einigen Geschäften, wie hier vor der Ahrensburger Filiale des Modehändlers C&A, lange Schlangen bildeten.
Vielerorts mussten Kunden Geduld mitbringen, weil sich vor einigen Geschäften, wie hier vor der Ahrensburger Filiale des Modehändlers C&A, lange Schlangen bildeten. © Filip Schwen | Filip Schwen

Vielerorts brauchen Kunden Geduld. Gerade vor den Geschäften größerer Filialisten bilden sich teilweise lange Schlangen, weil die Läden nur einer begrenzten Personenzahl zur gleichen Zeit Einlass gewähren dürfen. Abschrecken lassen sich die meisten Kunden davon nicht. Viele schlendern mit dicken Einkaufstüten durch die Straßen.

Ladeninhaber sind erleichtert

Die Ladeninhaber reagieren mit Erleichterung auf das Ende der Zwangspause. „Meine Kunden sind begeistert, dass sie nach so langem Warten wieder in den Laden kommen können“, sagt etwa Holger Schaks, Inhaber der Galerie „Bildschön“ in der Hagener Allee. In seinem Geschäft verkauft er Bilder, Fotos und Rahmen in verschiedenen Ausführungen.

Auch Schaks hat die Folgen der wochenlangen Schließung zu spüren bekommen. „Zu Beginn sind wir mit den Soforthilfen über die Runden gekommen, aber es wurde von Tag zu Tag schwieriger“, sagt er. Mit einem Neustart im Januar, wie er zunächst anvisiert worden war, habe er ohnehin nicht gerechnet. „Aber auf den 1. Februar hatte ich meine Hoffnungen gesetzt“, sagt er. Doch es kam anders, Schaks musste noch mehr als einen weiteren Monat warten. Nun gelte es, alles zu tun, damit die Lockerungen nicht zurückgenommen würden. „Ich hoffe, dass Kunden und Kollegen umsichtig sind und nicht alles ausreizen, das wäre fatal.“

Vorfreude auf das Ostergeschäft

„Der Bedarf nach etwas Schönem ist bei den Kunden groß“, sagt Naresh Sharma. Er verkauft in seiner Boutique „Nik-Hil“ an der Hagener Allee exklusive Damenmode. „Die Öffnung kommt gerade rechtzeitig zum Ostergeschäft“, sagt Sharma. Neben Weihnachten sei das für ihn die umsatzstärkste Zeit des Jahres. „Nach all den Monaten Leerlauf kommt so immerhin ein bisschen was wieder rein“, sagt er. Sharma hat zwar auch Einkäufe nach dem „Click&Collect“-Modell angeboten, seine Waren sogar zu den Kunden nach Hause geliefert. „Das normale Geschäft kann das aber nicht ersetzten“, betont er.

Kunden akzeptieren Hygienemaßnahmen

Den großen Ansturm nach dem Lockdown gab es bei „Koti“ in der Hagener Allee nicht. Dennoch ist Inhaberin Riika Wartiainen, die in ihrem Geschäft skandinavische Einrichtungs- und Lifestyle-Produkte anbietet, erleichtert. „Bald kommt die Gartenware, da ist die Öffnung gerade noch rechtzeitig“, sagt sie. Dennoch ist ihre Freude getrübt. „Die Situation ist weiter sehr unsicher, wir wissen schlicht nicht, ob die Öffnungen von Dauer sind“, sagt sie. Ihre Mitarbeiterin Tanja Rohde ist von dem Feedback gerührt, das ihr Kunden entgegengebracht haben. „Viele wollen uns unterstützen.“ Alle seien sehr respektvoll und akzeptierten die Hygienemaßnahmen. „Ich musste niemanden darauf ansprechen, das funktioniert viel besser als nach dem ersten Lockdown“, sagt sie.

Das Stadtforum ist mit dem ersten Tag sehr zufrieden

Die Ahrensburger Kaufleutevereinigung Stadtforum zieht eine positive Bilanz. „Das Geschäft ist sehr gut angelaufen“, sagt Andreas Werning, stellvertretender Vorsitzender. Der Juwelier, der zwei Filialen am Rondeel betreibt, sagt: „Man konnte die Sehnsucht der Menschen, sich mal wieder etwas gönnen zu können, förmlich spüren.“ Der Kundenandrang habe bereits am ersten Tag wieder das Niveau von vor dem zweiten Lockdown erreicht. Den Eindruck, dass es, wie befürchtet, zu einem großen Ansturm von Kunden aus Hamburg, wo die Geschäfte noch geschlossen sind, gekommen ist, hat Werning nicht, sagt: „Ich kann nicht für alle Kollegen sprechen, aber ich hatte nicht überdurchschnittlich viele Kunden aus Hamburg.“