Reinbek. Björn Warmer informiert in Reinbek mit Videos über den Krieg – und darüber, wie jeder helfen kann. So kam er auf die Idee dazu.
Den Menschen in der Ukraine zu helfen – das ist vielen Menschen jetzt ein echtes Bedürfnis. Auf Reinbeks Bürgermeister Björn Warmer prasselten die Hilfsangebote auf dem Handy ein, als er am vergangenen Sonntagnachmittag im Zug nach Berlin saß.
„Da hatte ich so ein Déjà-vu“, sagt er. „Es war wie zu Beginn der Corona-Pandemie, als viele Leute ein starkes Informationsbedürfnis hatten. Es kamen so viele Fragen gleichzeitig auf.“ Vor zwei Jahren wandte er sich zum ersten Mal per Videobotschaft an die Reinbekerinnen und Reinbeker. Ein Versuchsballon. Es kam gut an.
Seit diesem Sonntag im Zug ist Warmer nun täglich auf Sendung. „Das ist ein gutes Instrument, um viele Informationen, gepaart mit Emotionen, rüberzubringen“, erläutert er. „Wenn etwas raus muss, ist das die richtige Wahl.“ Mit einem kurzen Film erreiche er mehr Menschen als mit einem langen Text.
Krieg gegen die Ukraine: Reinbeks Bürgermeister täglich auf Sendung
Noch am späten Sonntagabend setzte er sich im heimischen Wohnzimmer in seinem Kapuzenpulli vor sein Handy, um eine Botschaft für die Reinbekerinnen und Reinbeker aufzunehmen. Einerseits bat er sie um Geduld und darum, die Hilfe zu bündeln, andererseits erklärte er, dass ein Krisenstab der Verwaltung dabei sei, Bedarfe auszuloten und Hilfe in Reinbek zu organisieren.
„Es war schon spät, ich musste leider leise sprechen, um zu Hause niemanden zu wecken“, erzählt der Verwaltungschef lächelnd. „Es ist dann mehr als acht Minuten lang geworden, das ist schon grenzwertig für solch ein Video.“ Gewöhnlich haben seine Clips eine Länge von drei bis vier Minuten. Für diese Botschaft hatte er sich auch Notizen gemacht, um nichts zu vergessen, und musste ab und zu aufs Blatt schauen. „Das merkt man dann zwar, aber das macht nichts: Die Message kommt trotzdem an“, stellt der 47-Jährige fest.
Verknüpfen und Hochladen der Videos nehmen viel Zeit in Anspruch
Dann schnitt er noch alles zusammen, das Verknüpfen und Hochladen dauerten bei den Datenmengen noch einmal jeweils 20 Minuten. „Das hat mich bestimmt alles eine Stunde gekostet, deshalb kann ich diese Filme auch nicht während meiner Dienstzeit machen, sondern erst nach Feierabend.“
Für einen Dreiminüter braucht er etwa eine halbe Stunde. „Ich filme, wo und wie ich gerade bin“, sagt er. „Ohne viel Chichi, es soll nichts Perfektes wie im Hochglanzmagazin sein.“ Seine kurzen Clips dreht er meist aus dem Stegreif. „Selten bleibt es die erste Version, aber es werden auch nicht mehr als drei.“ Noch sei alles eher handgemacht. Warmer lädt das Ergebnis selbst in den Sozialen Medien hoch. Am folgenden Morgen erhält Pressesprecher Sascha Borck den Clip per Bluetooth und lädt ihn auf der offiziellen Website www.reinbek.de hoch.
Über das Stadium, als er anfangs noch mit Bücherstapeln experimentierte, ist Björn Warmer allerdings mittlerweile hinaus. Die Verwaltung hat ein zusammenfaltbares Stativ für ein Handy angeschafft, das Bewegungen der Selfie-Kamera automatisch ausgleicht. Dort kann der Bürgermeister entweder sein Dienst- oder sein privates Smartphone einspannen.
In der Vergangenheit politische Ereignisse erklärt
In der Vergangenheit hat er das Medium eher sporadisch als Erklärstück für politische Ereignisse und Sitzungen genutzt. Unter dem Titel „Bewegungsmelder“ finden sich einige Clips beispielsweise bei Youtube. Inzwischen hat er auch ein kleines Intro dafür entwickelt.
Doch seit dem Wochenende meldet sich der Verwaltungschef täglich zum Thema Flüchtlingshilfe für Menschen aus der Ukraine. Liegt das daran, dass er vonseiten seiner Frau Familie in der Nähe von Kiew hat? Das trage eher dazu bei, dass er über die Lage sehr gut informiert sei, weil seine Familie in Wentorf in ständigem Kontakt mit den Angehörigen in der Ukraine sei, sagt er. „Das Informationsbedürfnis ist momentan einfach sehr groß“, sagt er. „Immer wenn es etwas Neues gibt, was alle interessieren könnte, drehe ich ein Video. Sonst macht es allerdings keinen Sinn.“
Hilfsangebote für Flüchtlinge in Reinbek organisieren
Er und seine Kollegen im Rathaus gehen davon aus, dass Menschen aus der Ukraine auch in Reinbek Schutz suchen werden. Um Kriegsflüchtlingen kurzfristig eine Unterkunft geben zu können, hat das Team zuerst die E-Mail-Adresse ukraine@reinbek.de eingerichtet. Dort sind alle Hilfsangebote willkommen. Gebraucht wird vorrangig Wohnraum. Auch gefragt: Sprachkenntnisse in Ukrainisch und Russisch. Zwölf Menschen mit Wohnungsangeboten und zehn Übersetzerinnen und Übersetzer haben sich bereits gemeldet, darunter vier mit ukrainischen Sprachkenntnissen, wie Björn Warmer in seinem neuesten Video berichtet, diesmal im dunklen Sakko aus seinem Büro.
Die Verwaltung arbeitet auch an einer Homepage, möglicherweise wird die Adresse „Reinbek hilft“ reaktiviert, aber das steht noch nicht fest. Das Rathausteam arbeitet mit Hochdruck daran. Eines ist sicher: Wenn er etwas zu berichten hat meldet sich Björn Warmer – per Video.