Lübeck/Ahrensburg. Der 38-Jährige steht wegen Mordes vor Gericht. Er soll 28-mal mit dem Messer zugestochen haben. War Trennung das Motiv?
Vor dem Landgericht Lübeck startet am Dienstag, 15. Februar, der Prozess wegen Mordes gegen einen 38 Jahre alten Flüchtling aus Afghanistan. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, seine Ehefrau in der Unterkunft am Kornkamp in Ahrensburg getötet zu haben (Az.: 705 Js 39832/21). Beamte der Kriminalpolizei hatten die Leiche der 23 Jahre alten, ebenfalls aus Afghanistan stammenden Frau am 7. September in der gemeinsamen Wohnung des Ehepaars auf dem Gelände der Containersiedlung entdeckt.
Im September war die Frau in der Flüchtlingsunterkunft in Ahrensburg tot aufgefunden worden
Laut Rechtsmedizin wurde die junge Frau mit 28 Messerstichen getötet. Den Hinweis auf den Fundort der 23-Jährigen hatte der Ehemann den Ermittlern zuvor selbst gegeben: Beamte der Bundespolizei hatten den 38-Jährigen auf einem Autohof an der Autobahn 9 bei Hof (Bayern) routinemäßig kontrolliert. Der Mann war als Passagier eines Reisebusses mit dem Ziel Mailand unterwegs. Bei der Kontrolle waren den Polizisten Unstimmigkeiten in den Papieren des Afghanen aufgefallen. Zunächst gingen die Beamten demnach dem Verdacht eines Aufenthaltsverstoßes nach.
Bei der anschließenden Vernehmung gab der 38-Jährige laut Staatsanwaltschaft an, dass seine Frau kurz zuvor in der gemeinsamen Wohnung in Ahrensburg Suizid begangen habe und ihr Leichnam noch immer dort liege.
Nach der Obduktion konnte ein Selbstmord schnell ausgeschlossen werden
Einen Selbstmord konnten die Ermittler nach der Obduktion des Leichnams jedoch schnell ausschließen. Der 38-Jährige sitzt seitdem in der Justizvollzugsanstalt Lübeck in Untersuchungshaft. Er schweigt zu der Tat. Polizei und Staatsanwaltschaft sind überzeugt, dass der Ehemann seine Frau einen Tag vor dem Fund der Leiche, in der Nacht vom 5. auf den 6. September, „aus niedrigen Beweggründen“ getötet hat.
Kurz vor Beginn des Prozesses macht die Staatsanwaltschaft nun auch erstmals Angaben zu einem möglichen Motiv. Demnach soll die Absicht der 23-Jährigen, sich von dem Angeklagten zu trennen, Auslöser für die Tat gewesen sein. Der 38-Jährige habe die Trennung nicht akzeptieren wollen. „Die Staatsanwaltschaft legt ihm ein übersteigertes Besitzdenken zur Last und geht davon aus, dass der Angeklagte seiner Ehefrau kein Leben ohne ihn zugestehen wollte“, so die Anklagebehörde.
Die Staatsanwaltschaft hatte zunächst wegen des Verdachts des Totschlags ermittelt. Im Januar wurde bekannt, dass die Ermittler inzwischen von einer vorsätzlichen Tat ausgehen. Welche Erkenntnisse dazu geführt haben, dazu hält sich die Anklagebehörde mit Verweis auf das bevorstehende Verfahren bedeckt. Möglicherweise haben die Daten von zwei Mobiltelefonen zu einer Änderung der juristischen Einschätzung des Falls geführt.
Gericht in Lübeck hat 29 Zeugen und zwei Sachverständige geladen
Bei einer großangelegten Suchaktion am 16. September hatten die Ermittler im Knick neben dem Bahnsteig des Bahnhofs Ahrensburg-Gartenholz zwei Handys sichergestellt. Der Haltepunkt liegt wenige Hundert Meter von der Flüchtlingsunterkunft entfernt.
Die Kripo vermutete dort das Smartphone der getöteten 23-Jährigen. Polizeiangaben zufolge haben die Ermittler Erkenntnisse, die davon ausgehen lassen, dass der 38-Jährige es auf seiner Flucht unmittelbar nach der Tat dort entsorgt haben muss. Anschließend soll der Afghane mit der Regionalbahn zum Hamburger Hauptbahnhof gefahren und dort in den Reisebus nach Mailand umgestiegen sein. Von dem Handy erhofften sich die Ermittler Hinweise auf das Motiv.
Acht Verhandlungstage sind anberaumt worden und 29 Zeugen geladen
Bis zuletzt wollte die Staatsanwaltschaft allerdings nicht preisgeben, ob es sich bei einem der beiden gefundenen Handys um das Gerät der Getöteten handelt. Beide passten zur Beschreibung, hieß es lediglich.
Das Verfahren wird in Lübeck vor dem Schwurgericht verhandelt, das für Kapitalverbrechen zuständig ist. Es sind acht Verhandlungstage anberaumt und 29 Zeugen sowie zwei Sachverständige geladen. Beginn ist am Dienstag um 9 Uhr in der Außenstelle des Landgerichts am Flughafen. Bereits am Freitag soll das Verfahren fortgesetzt werden. Das Urteil wollen die Richter voraussichtlich Anfang April verkünden. Sollten sie den 38-Jährigen des Mordes für schuldig befinden, droht dem Afghanen eine lebenslange Gefängnisstrafe.