Wentorf. Anwohner befürchten Neubauten auf dem Sachsenberg. Dabei stehen Haus und Park unter Denkmalschutz. Nun droht ein hohes Bußgeld.
Die Lage auf dem Sachsenberg ist besonders: Herrschaftliche Villen, weitläufige Gärten, alter Baumbestand und ein traumhafter Blick auf den Mühlenteich. Doch aktuell herrscht Unruhe in diesem Idyll, viele Anwohner in Wentorf sind besorgt. Grund sind Baumfällarbeiten auf dem Grundstück am Sachsenberg 4. „Wir fürchten, dass hier unwiederbringlich Fakten geschaffen werden, und dass die Bäume für Neubauten weichen müssen“, sagt Nachbar Kurt von Krosigk.
Hanggrundstück in Wentorf gilt als besonders schützenwert
Ganz unbegründet ist die Sorge nicht. Doch immerhin gilt das Hanggrundstück als besonders schützenswert. Der zwei Hektar große Villengarten samt Backsteinvilla aus dem Jahr 1895 stehen unter Denkmalschutz.
Veränderungen am Gebäude und im Park sind ohne Genehmigung der Denkmalschutzbehörde in Ratzeburg nicht erlaubt. „Eine Genehmigung haben wir nicht erteilt. Die Fällungen von vier Bäumen sind nach derzeitigem Stand nicht rechtmäßig“, sagt Kreissprecher Tobias Frohnert.
Besitzer muss binnen 14 Tagen Stellung beziehen
Die Fällungen wurden dokumentiert, der Besitzer ist angeschrieben und hat jetzt zwei Wochen Zeit, Stellung zu nehmen. „Sollte er kein Baumgutachten liefern, das beispielsweise belegt, dass Gefahr in Vollzug war, wird die Behörde ein Bußgeld verhängen“, sagt Frohnert.
Die Höhe wird individuell festgelegt und kann bei besonders schweren Eingriffen in den Denkmalschutz bis zu 500.000 Euro betragen. „Bei vier Bäumen wird das eher nicht der Fall sein“, sagt Frohnert.
Oft verhängt die Denkmalschutzbehörde aber nicht Bußgelder. In den vergangenen zwei Jahren nur einmal. „Die Fälle werden nicht oft angezeigt“, erläutert Frohnert. Neben einem Bußgeld könnte die Behörde auch Ersatzpflanzungen an Ort und Stelle anordnen, um den Ursprungszustand so gut wie möglich wieder herzustellen.
Villa in Wentorf war seit 1895 in Besitz der Familie Lorenz-Meyer
Der Besitzer selbst ist mit den Behörden im Gespräch. Bis zur endgültigen Klärung der Vorfälle möchte er nicht öffentlich Stellung beziehen. Er ist erst seit Kurzem neuer Eigentümer der Villa Billhoop samt Villengarten.
Zuvor war das Haus aus dem Jahr 1895 mehr als ein Jahrhundert in Familienbesitz. Erbauen ließ die rote Backsteinvilla mit dem prägnanten Walmdach und Fachwerk im Obergeschoss einst der Hamburger Kaufmann Eduard Lorenz-Meyer.
Dass die Villa in ihrer Bauweise an niedersächsische Bauernhäuser erinnert, war Absicht und galt zu der Zeit als fortschrittlich. Den Garten hat der Hamburger Gartenbauingenieur Rudolph Jürgens gestaltet. Der hat einen symmetrischen Heckengarten angelegt, der noch zum Teil – wenn auch etwas verwildert – erhalten ist. Früher gab es hier sogar einen Tennisplatz.
Politik hat über dem Areal eine Veränderungssperre verhängt
„Dieses Kultur – und Naturgut muss langfristig geschützt werden und darf wirtschaftlichen Interessen nicht untergeordnet werden“, plädiert Kurt von Krosigk. Der 74-Jährige ist auf dem Sachsenberg groß und älter geworden und hat die Veränderungen auf dem Areal am und um den Mühlenteich beobachtet und nicht immer gutgeheißen.
„Nachverdichtung ja, aber bitte behutsam“, fordert der Wentorfer. Das Einzige, was ihn und weitere Anwohner bislang beruhigt ist, dass die Bagger in naher Zukunft erst einmal nicht anrücken dürfen.
Denn die Politik hat aktuell über dem 6,6 Hektar großen Areal Am Sachsenberg/ Am Redder / Hochweg eine Veränderungssperre verhängt.
„Veränderungen dürfen bis Mitte Dezember nächsten Jahres nicht vorgenommen werden“, sagt Daniel Hinsdorf, Leiter der Bau- und Entwicklungsabteilung im Wentorfer Rathaus. Bis dahin soll der alte Bebauungsplan überarbeitet werden. „Es geht um Schadensbegrenzung“, sagt Hinsdorf. „Denn die Baufenster auf dem Plan aus Anfang der 1980er Jahre waren doch sehr groß.“
Bau von zwei Einfamilienhäuser im Villengarten möglich
Politischer Konsens besteht darin, dass eine starke Nachverdichtung dem historisch gewachsenen Gebiet nicht guttun würde. „Wir stehen vor der Herausforderung, den einmalig großzügigen Charakter zu erhalten und die Bauinteressen einiger Eigentümer unter einen Hut zu bekommen“, sagt der Vorsitzende des Planungs- und Umweltausschusses Torsten Dreyer (Grüne). Gar keine Baufenster mehr auszuweisen, sei daher auch keine Lösung.
Neubauten auf denkmalgeschützten Gelände möglich
Ein erster Entwurf des überarbeiteten B-Plans liegt bereits vor. Der beschränkt zum einen die Gebäudegrößen – weiterhin sollen vorrangig nur Einfamilienhäuser gebaut werden – und setzt Mindestgrößen der Grundstücke auf 1000 bis 1500 Quadratmeter fest. Für das Grundstück der Villa Billhoop sind zwei Baufenster ausgewiesen.
Hier könnten zwei Einfamilienhäuser entstehen. Der Villengarten verkleinert sich dann auf 6000 Quadratmeter. „Neubauten auf einem denkmalgeschützen Gelände schließen sich nicht pauschal aus, solange sich der Bauherr mit der Denkmalschutzbehörde abstimmt und an die Vorgaben hält“, sagt Frohnert. Einzig der Villengarten als geschütztes Denkmal müsste in dem überarbeiteten B-Plan noch nachgetragen werden.