Reinbek. Das Konzept hat sich durchgesetzt, die Nachfrage nach Plätzen ist groß. Es fehlen aber Ehrenamtler für die Vereinsarbeit.
Ob Regen, Graupel oder eiskalter Wind – die 15 Kinder und drei Erzieher des Reinbeker Naturkindergartens trotzen jedem Wetter und frieren so gut wie nie. „Frische Luft, viele Naturerlebnisse und das hautnahe Erleben des Wechsels der Jahreszeiten mit allem, was dazu gehört – das tut den Kindern gut und stärkt ihr Immunsystem“, sagt Birgit Nolte, Kita-Leiterin und Mitglied im Vorstand. Seit acht Jahren arbeitet die Geesthachterin in der Naturkita und kann sich kaum ein besseres Konzept vorstellen. Weil aber viele Eltern mittlerweile berufstätig sind und keine Zeit mehr für das Ehrenamt haben, sucht der Kindergarten in Reinbek einen Träger.
Vor neun Jahren wurde der Kindergarten in Reinbek als Verein gegründet
Die Kita wurde 2013 von engagierten Eltern gegründet und ist als eingetragener Verein tätig. „Bislang lief immer alles bestens. Die Eltern haben immer engagiert mitgearbeitet, konnten sich und ihre Ideen einbringen, die wir Pädagogen dann umgesetzt haben. Das lief immer Hand in Hand“, sagt Nolte.
Also viel Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Eltern auf der einen Seite, aber auch Arbeit und Verantwortung auf der anderen Seite. Denn die Abrechnungen mussten gemacht werden, Personalfragen geklärt und behördliche Veränderungen im Blick behalten werden. „Gerade in der Gründungsphase war das ein Teilzeitjob“, sagt Anna Rehm, Vereinsvorsitzende.
Nachfolger für engagierte Eltern sind kaum zu finden
Arbeit, die die Mutter von vier Kindern aber gern auf sich genommen hat, denn sie wollte unbedingt, dass ihre Kinder in einer Naturkita betreut werden. „Nur bekamen wir damals keinen Platz im Waldkindergarten in Reinbek. Deshalb haben wir diese Gruppe ins Leben gerufen.“
Ein Großteil der Kinder der Eltern aus den Gründerjahren ist längst dem Kindergartenalter entwachsen. Passende Nachfolger zu finden aber ist gar nicht so leicht, sagt Nolte. Den Eltern fehle heute schlicht die Zeit: „Als ich hier anfing, war es noch üblich, dass überwiegend nur ein Elternteil arbeitete und das Geld verdiente. Mittlerweile sind meist beide Elternteile berufstätig“, sagt Nolte.
ReinbekerSozialausschuss behandelt das Thema im Februar
Es werde also immer schwieriger, Freiwillige zu finden, die das zeitaufwendige Ehrenamt für einen längeren Zeitraum übernehmen wollen. „Denn ein Wechsel alle paar Monate im Vorstand täte der Kita und unserer Arbeit nicht gut“, sagt Nolte. Deshalb sucht die Kita nun bis zum August dieses Jahres einen Träger, unter dessen Dach sie als „kleine Außenstelle“ schlüpfen könne.
„Die Stadt als Träger können wir uns gut vorstellen“, sagt Nolte. Der Sozialausschuss befasst sich in seiner nächsten Sitzung am 1. Februar mit dem Thema. Viel ändern soll sich mit der neuen Trägerschaft aber nicht. „Am liebsten möchten wir einfach alles so lassen, wie es ist“, sagt Nolte.
Das Konzept hat sich im Laufe der Jahre bewährt
Denn ihr Konzept hat sich bei Kindern, Eltern und den drei Erzieherinnen bewährt. Jeden morgen treffen sich die 15 Kinder der Wurzelbande am Bauwagen am Ende des Parkplatzes vom Sportplatz in Ohe. Der Tag beginnt mit einem Morgenkreis, es wird gesungen und gespielt.
Je nach Wetterlage werden die Rucksäcke geschnürt, wetterfeste Kleidung übergezogen und die Oher Tannen erkundet. Dann klettern die Drei- bis Sechsjährigen über Bäume, bauen Hütten oder springen durch Pfützen. „Die Kinder können sich quasi mit nichts beschäftigen. Das fördert unglaublich ihre Kreativität“, sagt Anna Rehm.
Noch heute sei ihre zwölfjährige Tochter gern im Wald unterwegs, sammele sofort Stöcker auf und fange an zu bauen und auf Bäume zu klettern. Und ihre Kinder seien abgehärteter und viel weniger krank als diejenigen in festen Kitahäusern.
Bei schlechtem Wetter wird im Bauwagen in den Oher Tannen gespielt
Wenn es aber allzu ungemütlich draußen ist, können die Kinder auch in ihrem Bauwagen bleiben. Der ist mit einem Ofen ausgestattet. Mittagessen allerdings müssen die Kinder Zuhause, um 13 Uhr werden sie abgeholt. Die Kita ist beliebt, die Nachfrage groß: „Zum Kita-Start mussten wir 15 Eltern eine Absage erteilen“, sagt Nolte.
Und auch die Erzieher fühlen sich wohl: Die drei Frauen arbeiten seit Jahren vertrauensvoll Seite an Seite zusammen. In der heutigen Zeit, in der die Fluktuation unter Kitapersonal hoch ist und die freien Stellen zahlreich sind, sei das selten, sagt Nolte.