Wedel. Die Bluttat auf einen Deutschlehrer hatte über Wedel hinaus Entsetzen ausgelöst. Was den Verdächtigen aus Syrien genau vorgeworfen wird.

Vier Monate nach der Messerattacke auf den VHS-Sprachlehrer Hisham A. (67) in Wedel hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen vier tatverdächtige Brüder erhoben. „Wir werfen den Beschuldigten vor, einen versuchten Mord begangen zu haben“, bestätigt Peter Müller-Rakow, Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe.

Der brutale Angriff auf den in Tornesch lebenden Mann, der ehrenamtlich Flüchtlingen die deutsche Sprache lehrte, hatte weit über die Stadtgrenze von Wedel hinaus Bestürzung ausgelöst. Hisham A. hatte ein halbes Jahr vor dem blutigen Angriff die Ehrennadel der Stadt Wedel für sein ehrenamtliches Engagement erhalten.

Anklage nach Attacke auf Dozent: Bei den Tätern handelt es sich um vier Brüder aus Syrien

Bei den mutmaßlichen Tätern handelt es sich um Syrer. Die vier Brüder im Alter von 17, 20, 21 und 22 Jahren standen bereits kurz nach der Tat im Fokus der Ermittlungen. Sie befanden sich eine Nacht im Polizeigewahrsam, kamen dann jedoch mangels eines dringenden Tatverdachts wieder frei. Den sah die Staatsanwaltschaft erst einen Monat später. Seit Mitte August sitzen die jungen Männer in Untersuchungshaft.

Laut Anklage soll das Quartett Hisham A. „unter einem Vorwand um ein Treffen gebeten haben“, so der Oberstaatsanwalt. Dieses Treffen fand am 19. Juli gegen 14 Uhr auf dem Parkplatz vor dem Gebäude der Volks- und Musikschule an der ABC-Straße statt. Am Ende wankte Hisham A. blutüberströmt in das VHS-Gebäude und bat seine Kollegen um Hilfe.

Kurz nach der Messerattacke nahm die Polizei mehrere Tatverdächtige fest.
Kurz nach der Messerattacke nahm die Polizei mehrere Tatverdächtige fest. © Florian Sprenger/Westküstennews | Florian Sprenger/Westküstennews

Er wies mehrere Messerstiche im Bereich des Halses auf und trug „potenziell lebensgefährliche Verletzungen davon“, so Müller-Rakow. Die Anklage gehe davon aus, dass die vier Brüder aus niedrigen Beweggründen gehandelt und das Mordmerkmal der Heimtücke verwirklicht hätten.

Das Mordmerkmal sei deshalb begründet, weil das Opfer zum Zeitpunkt der Attacke arg- und wehrlos war. Müller-Rakow: „Die Täter haben den Überraschungsmoment ausgenutzt.“

Anklage wurde zur Jugendkammer des Landgerichts Itzehoe erhoben

Daher werde ihnen versuchter Mord in Tateinheit mit einer gefährlichen Körperverletzung vorgeworfen. Die Anklage sei zur Jugendkammer des Landgerichts Itzehoe erhoben worden, weil einer der Angeklagten noch minderjährig und ein weiterer als Heranwachsender gelte. Die spätere Verhandlung werde aber öffentlich stattfinden.

Wedel
Das Opfer Hisham A. (r.) wurde im Januar 2024 vom damaligen Wedeler Bürgermeister Gernot Kaser für sein ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet. © Stadt Wedel/Sven Kamin | Stadt Wedel/Sven Kamin

Zum Motiv der Bluttat macht die Staatsanwaltschaft keine Angaben. Bekannt ist, dass sich das Opfer und die mutmaßlichen Täter flüchtig gekannt haben.  Hisham A. wurde nach der Attacke in einem Krankenhaus behandelt, konnte dieses aber nach einigen Tagen wieder verlassen.

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Seine Aussage hatte die Ermittler der Mordkommission schnell auf die Spur der syrischen Familie gebracht, die er offenbar als Deutschlehrer betreut hatte. Bereits zweieinhalb Stunden nach der Attacke schlug die Polizei zu und nahm vor einem Gebäude in einer kleinen Straße in Wedel mehrere Mitglieder der Familie fest.

Weil zunächst die Beweise nicht ausreichten, kamen alle am Folgetag wieder frei. Doch die Ermittlungen gegen sie gingen von Seiten der Mordkommission weiter. Es folgten mehrere Durchsuchungen, bei denen Beweismittel sichergestellt und später ausgewertet wurden.

Die vier Tatverdächtigen sitzen seit dem 14. August in Untersuchungshaft

Nach intensiven Zeugenbefragungen und weiteren Vernehmungen des Opfers erhärtete sich der Verdacht gegen die Brüder. Daraufhin erließ ein Haftrichter am 14. August, also knapp einen Monat nach der Tat, Haftbefehle gegen die jungen Männer. Sie wurden an diesem Tag wiederum in Wedel festgenommen und sitzen seitdem in Untersuchungshaft.

Prozesstermine hat das Landgericht Itzehoe noch nicht festgelegt. Mit einem Prozessauftakt ist Ende Januar oder Anfang Februar 2025 zu rechnen. Im Falle eines Schuldspruchs drohen den vier Männern langjährige Haftstrafen. In zwei Fällen wäre das Jugendstrafrecht maßgebend, was eine Höchststrafe von zehn Jahren vorsieht.

Ihnen drohen im Fall eines Schuldspruchs langjährige Haftstrafen

Die beiden Tatverdächtigen, die nach dem Erwachsenenstrafrecht behandelt werden, könnten im Falle eines Schuldspruchs theoretisch auch eine lebenslange Haftstrafe erhalten. Da es aber beim Versuch geblieben ist, kann die lebenslange Strafe in eine zeitlich begrenzte Freiheitsstrafe umgewandelt werden. Der mögliche Strafrahmen würde dann zwischen drei und 15 Jahre Haft liegen.