Neumünster. Erst Eskapaden an der Ostsee, nun Vorwürfe und ein „Krümelmonster-Gate“ nach dem Landeskongress. Wird das Protokoll zurückgehalten?

Nach dem skandalumwitterten Treffen der FDP-Nachwuchslandesverbände in Scharbeutz kommt der schleswig-holsteinische Landesverband der Jungen Liberalen (JuLis) nicht zur Ruhe. Denn nach dem kürzlich zu Ende gegangenen Landeskongress in Neumünster werden neue Vorwürfe laut.

Dem wiedergewählten Landesvorsitzenden Finn Flebbe wird unterstellt, er würde das bislang nicht veröffentlichte Protokoll des zweitägigen Landeskongresses manipulieren, frisieren und zurückhalten wollen. Er soll Druck ausgeübt haben, den bisher schriftlich fixierten Ablauf zu löschen. Zudem soll die Sitzung von chaotischen Szenen begleitet worden sein. Flebbe widerspricht diesen Darstellungen vehement.

Landeskongress der Jungliberalen: Neue Vorwürfe an den Landesvorsitzenden Finn Flebbe

Zuvor hatte schon ein blaues Auge des Landesvorsitzenden nach einer Rangelei bei dem Treff der Julis in einer Scharbeutzer Jugendherberge schon für Schlagzeilen gesorgt. Die Nachwuchspolitiker sollen zudem wegen Ruhestörung negativ aufgefallen sein. Nun habe es einen weiteren Eklat beim Landeskongress gegeben. Fest steht: Das Protokoll der Sitzung, die am 21. und 22. September stattfand, fehlt.

Der auf dem Landeskongress trotz der Eskapaden der Julis als Vorsitzende bestätigte Flebbe soll das Sitzungsprotokoll seit mittlerweile mehr als zwei Wochen „mutmaßlich frisieren“. Dies wird in einer Mail eines anonymen Absenders behauptet, die das Abendblatt erreicht hat.

Chaos um Junge Liberale: „Frisiert“ der Landesvorsitzende das Sitzungsprotokoll?

Flebbe soll demnach für die Löschung des „von allen relevanten Personen unterzeichneten“ ursprünglichen Schriftstücks gesorgt haben. Das nicht-öffentliche Dokument, unterschrieben von zwei Protokollführern und dem Landesgeschäftsführer, liegt dem Abendblatt vor. Der 28 Jahre alte Flebbe widerspricht den harten Vorwürfen des anonymen Hinweisgebers vehement

Beim anonym bleiben wollenden Hinweisgeber soll es sich eigenen Angaben nach um ein Mitglied der Jungen Liberalen Schleswig-Holstein handeln. Er fordert: Über das „eklatante Demokratie-Defizit“ müsse unbedingt berichtet werden. Auf dem Landeskongress soll es laut Schriftstück chaotisch bis zuweilen kurios zugegangen sein.

Finn Flebbe ist Landesvorsitzender der Jungen Liberalen in Schleswig-Holstein. Das ist die Nachwuchsorganisation der FDP.
Finn Flebbe ist Landesvorsitzender der Jungen Liberalen in Schleswig-Holstein. Das ist die Nachwuchsorganisation der FDP. Nun gibt es wiederholt Kritik an seiner Arbeit. © HA | FDP

Der Slapstick-Höhepunkt: Einer der gut 120 anwesenden Delegierten soll bei der Vorstandswahl auf einem zweiten Stimmzettel wohl aus Protest gegen die Juli-Landesspitze für das „Krümelmonster“ gestimmt haben – und nicht für einen der drei Kandidaten. Zur Wahl standen Flebbe, Johann Wudtke und Kardo Hussein. Auch soll ein Redner laut Protokoll die Arbeit des Vorstands seit sieben Jahren als „Frechheit“ bezeichnet haben, ein anderer habe sich für den Vorsitzenden Flebbe geschämt.

„Toxisches Verhalten“ wird dem Landesverband intern vorgeworfen

Zudem wurde dem Protokoll zufolge dem Landesverband „toxisches Verhalten“ vorgeworfen, „die Gräben“ seien „größer geworden“. Flebbe habe aber jegliche Kritik von sich gewiesen und stattdessen aus seiner Sicht die Erfolge des vergangenen Jahres aufgezählt.

Darüber hinaus sei der Kongress mehrmals unterbrochen worden: Es sei laut Protokoll zu diversen Ordnungsrufen und Geschäftsordnungsanträgen gekommen. Ein Zwischenruf mit den Worten „Das ist eine Unverschämtheit“ über das zunächst falsch angekündigte Wahlverfahren für den Vorstand ist im Schriftstück ebenfalls festgehalten.

Ordnungsrufe, Geschäftsordnungsanträge – Landeskongress der Julis in SH läuft unrund

Flebbe sagt zu den Vorwürfen: „Es ist wichtig, klarzustellen, dass das vorliegende Protokoll keineswegs eine offizielle, vom gesamten Präsidium genehmigte Version darstellt.“ Da lediglich zwei Präsidiumsmitglieder unterschrieben und zugestimmt hätten, sei es inoffiziell. Alle Mitglieder müssten einer finalen Version zustimmen.

Laut Flebbe, hauptberuflich Unternehmer und Jura-Student, werde das Protokoll gemäß Geschäftsordnung vom Präsidium erstellt und anschließend dem Landesvorstand zur Genehmigung vorgelegt. Der neugewählte Landesvorstand besteht aus fünf Personen und Beisitzern. „Das vorliegende Protokoll erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ich noch der Landesvorstand waren in den Erstellungsprozess involviert.“ Das auf dem Landeskongress gewählte Präsidium bestimme autonom einen Schriftführer aus seinen Reihen und erstelle das finale Protokoll.

Finn Flebbe: „Weder ich noch der Landesvorstand üben Druck aus“

„Weder ich noch der Landesvorstand üben Druck auf das Präsidium aus“, erklärt der Juli-Chef. Von einer Unterdrückung oder einem Frisieren des Papiers könne keine Rede sein. Eine Erstellungsdauer von zwei Wochen nach einem zweitägigen Landeskongress sei nicht ungewöhnlich, insbesondere, da das Präsidium an beiden Tagen von unterschiedlichen Personen geleitet wurde, und es zwei unterschiedliche Schriftführer gab.

„Jede Änderung am Protokoll bedarf der Zustimmung aller Präsidiumsmitglieder, was den Prozess naturgemäß verzögere“, sagt er zur noch nicht veröffentlichten „offiziellen“ Version. Es bedürfe handschriftlicher Unterschriften. Auch dies trage dazu bei, dass der Prozess längere Zeit in Anspruch nehme.

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Die konstituierende Sitzung des Landesvorstands finde am heutigen Sonnabend (12. Oktober) statt. Selbst bei allen eingearbeiteten Änderungen und den nötigen Unterschriften könnte das Protokoll frühestens dann beschlossen werden. Flebbe: „Es ist die erste Sitzung des neuen Vorstandes.“ 

Der Juli-Landeschef wird deutlich: „Bedauerlicherweise ist es offenbar zur Praxis geworden, dass ein oder mehrere Mitglieder anonym die Presse nutzen, um meine Person sowie den Landesverband zu diskreditieren. Dies ist ein trauriger, aber bedauerlicher Versuch, dem Verband aktiv zu schaden.“