Elmshorn. Holsteiner Verband präsentiert am 1. Mai seine Vererber. Warum Hengstsperma europaweit mit Express-Kurieren ausgeliefert wird.

Sie verbinden Kraft und Eleganz – junge Muskelpakete stehen beim Holsteiner Verband am 1. Maifeiertag in Elmshorn im Rampenlicht. Der Holsteiner Verband präsentiert drei bis sieben Jahre alte Vererberhengste mit einer geradezu perfekten genetischen Abstammung. Es ist ein Ausschnitt, geprägt vom jeweiligen Alter und Ausbildungsstand. Wenn der Holsteiner Verband einen Einblick in seinen „Vererbertempel“ der Hengste gewährt, ist es etwas sehr Besonderes. Nach der Präsentation ist ein Rundgang durch den Stall möglich, um die prachtvollen Hengste ganz nah zu erleben und den Experten individuelle Fragen zu stellen.

Pferdezucht Holsteiner: Die Youngster stehen in Elmshorn im Rampenlicht

Die jungen drei bis vier Jahre alten Wilden, die noch keinen Reiter auf dem Rücken kennen, werden mit geschultem Personal an der Hand präsentiert. Bei den Halbstarken sitzen zwar alle Grundbegriffe, allerdings schießt hin und wieder Testosteron durch den Körper. Es ist auf der einen Seite das wichtigste Hormon für Hengste. Auf der anderen Seite strotzen die jungen Kraftpakete vor Übermut und Imponiergehabe.

Diese Allüren können selbst einen erfahrenen Hengstführer ins Schwitzen bringen. Es ist eine besondere Aufgabe, als Läufer neben dem jeweiligen Tier alles unter Kontrolle zu halten. „Als Führer tragen wir zum Schutz inzwischen alle einen Reiterhelm“, sagt Hengstführer und Springreiter Dominic Wohlers aus Pinneberg. Wenn die Halbstarken ihre Allüren bekommen, blitzschnell steigen oder im Übermut einen unkontrollierten Bocksprung machen, haben alle verlängerte Zügel in der Hand. „Damit ist der Spielraum einfach größer, wir können flink reagieren“, sagt der angehende Steuerfachmann.

Hengste und Stuten werden nach streng wissenschaftlichen Kriterien zusammengebracht

Experten bringen Hengste und Stuten zusammen – streng wissenschaftlich und völlig unromantisch. „Es ist eine Auslese“, sagt Gérard Muffels, Chef der Hengst­station des Holsteiner Verbandes in Elmshorn. Die Auswahl ist mit insgesamt 57 Hengsten groß, vier davon sind im Zuchtversuch. Da hilft der neue Katalog der Holsteiner Verbandshengste. Und es wird zwischen Tiefkühlsperma und Frischsperma unterschieden. Jeder Hengst wird nach Zuchtwert, Erfahrungen und sportlichen Erfolgen beurteilt. Es ist eine Art Visitenkarte.

Nur ein Neuzugang fehlt bei der jungen Elite im Katalog: Der im Februar gekörte drei Jahre alte fuchsfarbende Hengst Deichkind aus der Zucht von Rasmus Lüneburg aus Hetlingen. Einige Züchter sehen zunächst nur auf die Abstammungen, andere orientieren sich an Erfolgen. Ein ganz neuer Aspekt ist die Transparenz im Katalog, mit dem Status der Röntgenbilder, die den Körperbau von „exzellent“ bis „akzeptiert“ einstufen.

Auch bei den Zuchtstuten muss im richtigen Moment alles stimmen

Doch ein perfekter Hengst allein reicht nicht, denn bei den Stuten muss Mutter Natur mitspielen, damit der Hormonspiegel im Körper stimmt. Bei kaltem Wetter ist der Zyklus kürzer, bei manchen Stuten ist er momentan sogar im Stillstand. Experten nennen die Zyklusphase die Rosse, es ist der Zeitraum, in dem die Stute paarungs- und empfängnisbereit ist. Züchter etwa in Italien und Spanien sind aktuell mit Tagestemperaturen von circa 22 Grad weiter, die Paarungszeit ist dort abgeschlossen.

Hierzulande geht es erst allmählich richtig los. „Wenn aber die Sonne etwas höher steht, dann erwachen die Frühlingsgefühle sehr schnell“, sagt Pferde­wirtschaftsmeister Muffels. Und bis dahin sollten sich Stutenbesitzer Gedanken über die Anpaarung gemacht haben. „Um eine Stute während der Rosse erfolgreich zu besamen, setzt beim Holsteiner Verband eine ganze Kette von handwerklichen Abläufen ein“, sagt der 61 Jahre alte Muffels.

Der dreifache Derby-Sieger Nisse Lüneburg aus Hetlingen kommentiert zum ersten Mal die Vierbeiner beim Holsteiner Verband.
Der dreifache Derby-Sieger Nisse Lüneburg aus Hetlingen kommentiert zum ersten Mal die Vierbeiner beim Holsteiner Verband. © Melanie Mallon | Melanie Mallon

Der Hengst wird zu einem hölzernen, mit Leder bezogenen Phantom geführt. Für Stimmung wird gesorgt, eine Lust-Stute steht in sicherer Entfernung und bringt den Hengst in Wallung. Muffels fängt das frische Sperma unter dem Phantom mit einem Behälter auf. Der ganze Akt dauert eine Minute.

Expresskuriere liefern das Sperma unter Zeitdruck europaweit aus

Die Dichte und Qualität des Erbguts wird direkt im Labor untersucht. Expresskuriere haben dann die Aufgabe, das Sperma europaweit zuverlässig zum Einsatzort zu transportieren. Der Zeitdruck ist groß. „Das Sperma ist nach 48 Stunden unbrauchbar“, sagt Muffels.

Zum Gesamtpaket der Veranstaltung am 1. Mai gehört auch die Präsentation von auserwählten Zuchtstuten, die sich mit ihren jungen Fohlen zeigen. Ein wichtiges Indiz für Züchter, welcher Hengst eine besonders gute Genetik hat.

Derbysieger Nisse Lüneburg fungiert erstmals als Kommentator für den Verband

Die fachkundigen Kommentare dazu kommen von einem ausgewiesenen Experten. Zum ersten Mal zeigt der dreifache Derbysieger Nisse Lüneburg aus Hetlingen einem breiten Publikum, dass er nicht nur einer der weltbesten Springreiter ist, sondern auch in der Theorie ganz genau weiß, worauf es ankommt.