Kreis Pinneberg. In Teil 1 der Serie zur Landtagswahl antworten heute die Bewerber im Pinneberger Wahlkreis 21 (Elmshorn) zu wichtigen Themen.
Vor der Landtagswahl am 8. Mai nehmen die Direktkandidaten aus den vier Wahlkreisen im Kreis Pinneberg inhaltlich Stellung zu den drängenden Themen. Den Auftakt machen die Bewerber des Wahlkreises 21 (Elmshorn) im Abendblatt.
Der Reihe nach stellen wir die Kandidaten und danach die Fragekomplexe mit den jeweiligen Antworten vor. Anmerkung: Der AfD-Kandidat Joachim Schneider hat sich an der Befragung nicht beteiligt.
Birte Glißmann, CDU, (29) lebt in Seestermühe, und ist von Beruf Staatsanwältin. Sie ist Landesvorsitzende der Jungen Union Schleswig-Holstein, Mitglied im Bundesvorstand der CDU Deutschlands und Mitglied des Pinneberger Kreistages. Glißmann ist verheiratet, hat keine keine Kinder, ihre Hobbys: Laufen und Fitness.
Beate Raudies, SPD, (55) wohnt mit Mann und Sohn in Elmshorn. Die Steuerbeamtin ist seit 2012 Landtagsabgeordnete und in Kiel stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion. Zudem ist sie Co-Vorsitzende des SPD-Ortsvereins in Elmshorn. Ihre Hobbys: Gartenarbeit, Schwimmen, Stricken.
Ann Christin Hahn, Grüne, (41) ist Unternehmerin; sie lebt mit Partner und Tochter in Tornesch. Hahn ist Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Tornescher Stadtrat, Mitglied im Aufsichtsrat der Stadtwerke Tornesch und Vizepräsidentin der IHK zu Kiel. Hobbys: Musik, Familie, Ehrenamt.
Pascal Mangels, FDP, (35) ist verheiratet und hat zwei Kinder – die Familie lebt in Elmshorn. Mangels ist als Vertriebler für internationale Projektverladung tätig. Er ist Bezirksvorsitzender der FDP Elmshorn, Stadtverordneter sowie stellvertretender FDP-Kreisvorsitzender. Seine Hobbys: Fußball, Sport, Reisen, Lesen.
Ilona Menck-Tapper, die Linke, (61) ist Rentnerin aus Elmshorn. Sie ist geschieden und Mutter von zwei Söhnen. Sie ist Ortssprecherin der Linken in Elmshorn, Stadtverordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende sowie Kreissprecherin. Hobby: Krimis lesen und sehen, Hündin Elli, ans Meer fahren.
Heike Niekammer, die Basis, (53) wohnt mit Mann, Sohn und Hund in Elmshorn und ist Tanzlehrerin mit eigener Tanzschule. Vor einem Jahr hat sie den Kreisverband Pinneberg der Basis mit gegründet und ist zurzeit kommissarische Vorsitzende. Ihre Hobbys außer Tanzen: Stand-up-Paddling, Lesen, Stricken.
Warum sind Sie die oder der richtige Kandidat(in) für die Landtagswahl im Kreis Pinneberg?
Glißmann: Ich bin davon überzeugt, dass für Elmshorn, Tornesch und die Gemeinden des Amtes Elmshorn-Land mehr in Kiel drin ist! Für die Interessen des Wahlkreises möchte ich mich einsetzen und dafür mein Netzwerk in Kreis, Land und Bund nutzen. Wer mich kennt weiß, dass ich für meine Überzeugungen kämpfe.
Raudies: Meine Familie und ich sind hier verwurzelt, ich weiß um die Probleme vor Ort. Die Mieten steigen, es fehlt an Kita-Plätzen. Ich habe 27 Jahre in Hamburg gearbeitet und kenne den Alltag der PendlerInnen: überfüllte, unpünktliche Züge oder Stress im Auto. Ich will weiter die starke Stimme für unsere Region sein.
Hahn: Als Unternehmerin bin ich es gewohnt, Verantwortung zu übernehmen. Als Mutter einer kleinen Tochter erlebe ich die Herausforderungen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Gleichzeitig ist mir wichtig, auch unseren nachfolgenden Generationen ein lebenswertes Land zu hinterlassen.
Mangels: Ich kenne die Herausforderungen vor Ort, bin hier geboren und werde immer nah bei den Menschen sein, um auf ihre Sorgen und Nöte zu hören und ihre Ideen in meine Entscheidungen einfließen zu lassen.
Menck-Trapper: Der Ausbau des ÖPNV ist ein großes Anliegen von mir. Es wird endlich Zeit für ein echtes Mobilitätskonzept, welches den ÖPNV, Radfahrer und Fußgänger vor den Autoverkehr stellt. Dies berührt dann auch das Thema Klimaschutz. Gerade in Schleswig-Holstein ist das Wattenmeer schutzbedürftig.
Niekammer: Weil ich eine ehrliche, respektvolle, basisdemokratische, lobbyfreie Politik in den Landtag bringen möchte. Und das mit der Basis, da wir totalitäre, diktatorische, faschistische und extreme Bestrebungen jeder Art ablehnen, Volksabstimmungen für uns unerlässlich sind und dies genau meiner Meinung entspricht.
Der Kreis Pinneberg gehört zu den teuersten Pflastern im Land. Wie wollen Sie hier für mehr bezahlbaren Wohnraum sorgen?
Glißmann: Wir werden mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen, indem wir Förderprogramme verstetigen, ein Sonderprogramm der sozialen Wohnraumförderung z. B. für Frauen aus Frauenhäusern auflegen und Menschen beim Ersterwerb einer Wohnimmobilie von der Grunderwerbssteuer befreien.
Raudies: Bis 2032 sollen 100.000 neue Wohneinheiten entstehen. Wir wollen dazu eine Landesentwicklungsgesellschaft gründen, die, wenn nötig, auch aktiv baut. Bis dahin müssen wir den Mietanstieg durch eine Mietpreisbremse begrenzen. Nur mit Nachverdichtung wird es gelingen, Flächenverbrauch zu reduzieren.
Hahn: Ich kann den Wunsch nach günstigerem Wohnraum verstehen. Durch die Nähe zu Hamburg haben wir einen hohen Siedlungsdruck, aber auch eine hohe Attraktivität. Unterm Strich ist das Eigenheim günstiger als dauerhaft zur Miete zu wohnen. Deshalb ist unsere Antwort eine gezielte Eigenheimförderung.
Mangels: Bauen! Nur mehr Wohnraum senkt langfristig die Mieten. Dafür muss den Kommunen die Möglichkeit gegeben werden, neue Wohngebiete auszubauen, Nachverdichtungschancen aufgezeigt werden und die Planungsverfahren verkürzt werden. Auch müssen sich die Kommunen mit höheren Gebäuden beschäftigen.
Menck-Trapper: Ich setze mich für bezahlbaren Wohnraum ein. Für mehr Sozialwohnungsbau und die Verlängerung der Sozialbindungen. Kommunale Wohnungsbaugesellschaften sind ebenso ein Teil wie die Planung von Bauflächen mit sehr viel mehr Sozialwohnungen als bisher. Geplanter Leerstand sollte sanktioniert werden.
Niekammer: Bezahlbarer Wohnraum ist durch sozialen Wohnungsbau realisierbar. Wobei zum Wohnen auch die zurzeit hohen Wohnnebenkosten unbedingt durch Steuersenkungen vermindert werden müssen. Private Vermieter werden durch immer stärkere staatliche Vorgaben zu Mieterhöhung gezwungen.
Wie wollen Sie im Landtag den Ausbau von Kindergärten forcieren? Wie kann der Kreis Pinneberg familienfreundlicher werden?
Glißmann: Wir setzen uns für den Ausbau von Kindertages- und Kita-Plätzen ein. Gleichzeitig setzen wir auf eine gute Qualität und wollen die Betreuungszeiten flexibilisieren. Das schaffen wir nur, wenn wir in Zukunft die Erzieherausbildung attraktiver gestalten, deswegen wollen wir eine Ausbildungsvergütung einführen.
Raudies: Der Kreis wird vor allem familienfreundlicher, wenn die Kita-Grundversorgung beitragsfrei wird. Bildung darf keine Frage des Geldbeutels sein! Für den Bau von Kitas muss das Land Zuschüsse zahlen. Es muss mehr Fachschulplätze geben, eine bezahlte Ausbildung für ErzieherInnen und eine bessere Vergütung.
Hahn: Wir haben es mit einem Thema zu tun, das so komplex organisiert ist, dass die Zusammenhänge kaum nachvollziehbar sind. Eine gute Betreuung und auch die Ausbildung von genügend Fachpersonal scheitert oft an absurden Gegebenheiten. Hier müssen die Verwaltungsstrukturen dringend vereinfacht werden.
Mangels: Der Neubau von Kita-Plätzen muss mit einem Förderprogramm und einer ausreichenden Finanzierung hinterlegt werden, sodass die Gemeinden verlässlich planen und im Anschluss auch bauen können.
Menck-Trapper: Kinder müssen toben, sich ausprobieren, klettern, die eigenen Fähigkeiten verbessern und vor allem mit anderen Kindern in Kontakt sein. Bei jedem Aus- und Neubau von Quartieren, bei jedem Bebauungsplan muss an Kindergärten gedacht werden, damit sie in ihrem Wohnungsumfeld groß werden können.
Niekammer: Erzieherinnen und Erzieher müssen endlich für ihre verantwortungsvolle Tätigkeit angemessen bezahlt werden. Bereits vor knapp 40 Jahren habe ich persönlich nach meinem Praktikum im Kindergarten entscheiden müssen, dass ich es mir nicht leisten kann, in diesem Beruf zu arbeiten.
Sind Sie für den sechsspurigen Ausbau der Autobahn 23 zwischen Hamburg und Elmshorn? Warum?
Glißmann: Ich bin für den sechsspurigen Ausbau der A 23 zwischen Elmshorn und Hamburg, da die Strecke stark ausgelastet ist und der Knotenpunkt Hamburg so entlastet werden kann. Außerdem trägt der Ausbau zur Staureduzierung bei.
Raudies: Über die Erweiterung der A 23 sollte entschieden werden, sobald die Prioritäten im Schienenausbau sowie im Ausbau der A 20 bis an die A 23 und dann auch mit der Elbuntertunnelung darüber hinaus realisiert sind. Für die Anschlussstellen im Bereich der A 23, die besonders belastet sind, sind neue Lösungen zu finden.
Hahn: Ich bezweifle die Wirkung dieses Vorhabens, weil der Engpass die Einfädelung auf die A 7 ist. Der Rückstau auf der A 23 mag durch die Maßnahme kürzer werden, aber dann würden an der Anschlussstelle A 7 in Zukunft sogar drei Spuren auf nur eine Spur zusammengeführt und in die A 7 eingefädelt.
Mangels: Die Strecke ist heute stark überlastet, sodass die Überlegungen zur Erweiterung notwendig sind. Durch den Ausbau der Bahnstrecke werden sich Verkehre verlagern, auch dies muss in den Planungen berücksichtig werden. Die Infrastruktur muss diesen Anforderungen und Zuzügen auch in Zukunft gewachsen sein.
Menck-Trapper: Nein, auf keinen Fall. Wir wollen den Verkehr vermindern, beruhigen. Das schafft man nicht mit noch mehr Straßen oder gar dem Ausbau von Autobahnen. Der Schwerlastverkehr sollte unbedingt auf die Schiene gelegt werden. Die jetzige Politik hat sich bezüglich des Autoverkehrs ist im Jahr 1978 stehengeblieben.
Niekammer: Da die Autobahn überwiegend im Berufsverkehr überlastet ist, gäbe es sicher andere Lösungen der Entlastung. Erhalt und Reparatur der bestehenden Autobahn wäre vermutlich sinnvoller.
Wie wollen Sie für eine schnellere Bahnverbindung für die Pendler im Kreis Pinneberg nach Hamburg sorgen?
Glißmann: Ich begrüße die Ankündigung der Jamaika-Regierung, nun als Land die Planungen für das dritte und vierte Gleis voranzutreiben. Die Pläne sind ein echter Gewinn für Elmshorn und das Umland. Sie zeigen, dass das Land die Notwendigkeit des Ausbaus erkannt hat und insoweit Verantwortung übernimmt.
Raudies: Wir brauchen endlich das dritte und vierte Gleis und den Ausbau der Bahnhöfe Elmshorn und Tornesch. Der Bahnhof Elmshorn zählt schon jetzt zu den am meisten frequentierten Pendlerbahnhöfen im Land. Mehr Gleise machen eine schnellere Taktung der Züge nach Hamburg möglich.
Hahn: Für den Ausbau der Bahnstrecke mit einem dritten und vierten Gleis ist es allerhöchste Zeit. Dieses Projekt braucht volle Unterstützung. Wir werden Taktungen erreichen, von denen wir heute nur träumen können. Aber das darf nicht am Bahnhof enden. Wir werden ebenso enge Takte bei den Bussen brauchen.
Mangels: Dafür braucht es schnell die vierte Bahnsteigkante in Elmshorn. Des Weiteren müssen das 3. und 4. Gleis gebaut werden. Ab Sommer 2023 werden in Teilen zusätzliche Doppelstockwagen eingesetzt. Langfristig wird die S-Bahn vor allem im Süden des Kreises zu einer erheblichen Taktverdichtung führen.
Menck-Trapper: Der Ausbau der S-Bahn zwischen Elmshorn und Hamburg muss rasch realisiert werden. Die Fahrpreise sollten zum Anregen der Nutzung von Bus und Bahn führen. Stillgelegte Bahnstrecken sollten wieder reaktiviert werden, damit auch kleinere Orte eine Anbindung an die Bahn bekommen.
Niekammer: Wahrscheinlich würde ein weiteres Gleis eine erhöhte Frequenz ermöglichen. Und dafür sorgen, dass man zuverlässig und pünktlich sein Ziel erreicht.
Welche Rolle kann der Kreis Pinneberg bei der Energiewende spielen?
Glißmann: Der Kreis Pinneberg kann bei der Energiewende seinen Anteil zum Beispiel durch einen Ausbau der Windkraft leisten. Durch die neue Regionalplanung Wind sind neue Potenzialflächen im Kreis ausgewiesen worden, die wir nutzen sollten.
Raudies: Die Energiewende muss vor Ort umgesetzt werden. Wir müssen Gebäude dämmen, Ladesäulen errichten und Wärmenetze ausbauen. Damit das gelingt, werden wir eine Einstellungs-Offensive für das Handwerk starten. Wir wollen ein 100.000-Solar-Dächer-Programm auflegen.
Hahn: Der Kreis Pinneberg kann (und sollte) mit aller Kraft zum Ausbau der erneuerbaren Energien beitragen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es Aufgabe der kommenden Landesregierung sein wird, in Berlin auf den Netzausbau und auf den fairen Umgang mit Netzentgelten zu pochen.
Mangels: Im Vergleich mit der Nord- und Ostseeküste eine untergeordnete. Jedoch werden durch Innovationen auch hier neue Möglichkeiten zur Energiegewinnung und -reduktionen möglich werden.
Menck-Trapper: Wir wollen auf allen Dächern öffentlicher Gebäude Solaranlagen bauen lassen. Wer privat eine solche Anlage auf seinem Dach bauen möchte, sollte finanzielle Unterstützung erhalten, und Mieter sollten die Möglichkeit bekommen, sich per Dach-Mietflächen eine kleine Solaranlage aufzubauen.
Niekammer: Diese Frage bedarf unbedingt eines Konsenses. Viele Menschen machen sich Sorgen, dass unbedacht eine Energiequelle abgeschaltet wird, bevor die nächste inclusive adäquater Speichermöglichkeit an den Start geht. Und über Fremdenverkehr, Landwirtschaft (Kohlanbau etc.) versus Windparks ebenso.
Mit wem aus der Runde der anderen Kandidaten und Parteien würden Sie gerne eine Koalition in Kiel schmieden?
Glißmann: Ich kann mir eine Fortsetzung der Jamaika-Koalition gut vorstellen. Die vergangenen fünf Jahre waren ein guter Grundstein, auf dem wir aufbauen sollten.
Raudies: Ich will vor allen Dingen, dass wir in Schleswig-Holstein mit sozialen Anliegen endlich vorankommen – deswegen muss die SPD stärkste Kraft im Landtag werden. Grundsätzlich müssen alle demokratischen Parteien miteinander regieren können. Ich favorisiere jedoch eine Neuauflage der Küsten-Koalition.
Hahn: Jamaika hat gut funktioniert, eine Koalition alleine mit der CDU oder der SPD wäre ebenfalls eine Option. Am Ende ist es aber vor allem wichtig, möglichst viele Positionen verantwortungsvoller, nachhaltiger, generationengerechter und zukunftsgerichteter Politik auch wirklich schnell voranzubringen.
Mangels: Dabei habe ich keine Prioritäten. Es kommt für mich immer auf die Inhalte an. .
Menck-Trapper: Dies ist für mich so nicht zu beantworten, und die Frage stellt sich mir noch nicht. Wenn es soweit ist, müssen die Schnittmengen passen und nicht der Wunsch nach einer bestimmten Partei. Was ich für mich aber ganz klar ausschließe, ist eine Koalition mit der AfD.
Niekammer: Da keine andere Partei basisdemokratisch, also mit Volksabstimmungen arbeitet, sehe ich momentan keine Zusammenarbeit. Aber wer weiß, wie sich die Zukunft im Landtag entwickelt...