Kreis Pinneberg. In der Pandemie haben sich viele Menschen Haustiere zugelegt, die jetzt ausgesetzt werden – auch Reptilien und Amphibien.
Der Leopardgecko stand samt Terrarium auf einem Rastplatz. Sein herzloser Besitzer hatte das exotische Tier dort während der Sommerferien einfach entsorgt. Ähnlich erging es Bartagamen, von denen einige in einem so schlechten Zustand waren, dass sie eingeschläfert werden mussten. Andere hatten mehr Glück und können in der Wildtierstation Hamburg /Schleswig-Holstein in Klein Offenseth-Sparrieshoop aufgepäppelt werden.
„Wir können keine exotischen Tiere mehr aufnehmen“
Dort haben die Mitarbeiter derzeit jede Menge zu tun. „Unsere Terrarien sind alle belegt“, sagt Tierpflegerin Marie Töllner. „Wir können keine exotischen Tiere mehr aufnehmen.“ Etwa 50 sind es bereits, viele von ihnen Dauergäste, die sich nur schwer vermitteln lassen, darunter sieben Landschildkröten und 15 Schlangen, meist Kornnattern oder Pythons. Dabei haben Christian und Katharina Erdmann die Wildtierstation gegründet, um verletzte und verwaiste heimische Tiere auf dem 2,6 Hektar großen Areal zu versorgen und – wenn möglich – wieder auszuwildern.
Doch regelmäßig und gerade jetzt werden exotische Tiere gefunden und dort abgeben. Die wenigsten Fundtiere werden wieder abgeholt. „Corona scheint das Problem noch einmal zu verschärfen“, sagt Marie Töllner. Viele Menschen hatten im Lockdown mehr Zeit und legten sich ein Haustier zu – und sind dann schnell überfordert, werden ihrer überdrüssig und setzen sie aus. Stationsleiter Christian Erdmann geht von einer hohen Dunkelziffer an Exoten aus, die nicht aufgefunden werden und spätestens im Winter wegen der niedrigen Temperaturen verenden.
Ordnungsamt bringt Tiere auch schlechter Haltung
Gelegentlich kommen auch blinde Passagiere wie Vogelspinnen, Skorpione oder Mauergeckos, die unbemerkt in Bananenkisten, Weinkartons oder Koffern nach Deutschland importiert werden, in die Station. Exoten und invasive Arten können nicht ausgewildert werden und werden so zu Dauergästen. Die Tierpfleger in Sparrieshoop suchen in diesen Fällen Kontakt zu Zoos und hoffen, das diese noch ein Plätzchen finden.
Manchmal bringt auch das Ordnungsamt beschlagnahmte Tiere aus schlechter Haltung – darunter Stinktiere, Ginsterkatzen aus Afrika, brasilianische Weißbüscheläffchen oder nordamerikanische Silberfüchse. Die Ordnungsämter zahlen für 28 Tage eine Pflegekostenpauschale für Fundtiere. Doch viele Tiere lassen sich nur schwer vermitteln, bleiben oft jahrelang. Die Wildtierstation, die jedes Jahr um die 2200 Tiere aufnimmt und sich über Spenden finanziert, bleibt auf den Kosten sitzen. Das Land beteiligt sich – anders als in Niedersachsen – nicht an den Kosten für die Wildstation.
Reptilien und Amphibien sind sehr anspruchsvoll
Manche Schlangen weisen Verbrennungen auf der Haut auf. „Die deuten auf schlechte Haltung hin“, wie Christian Erdmann sagt. Wenn die Wärmelampen im Terrarium nicht gegen Kontakt gesichert sind, verbrennen sich die Schlangen daran. „Das passiert meistens bei Laien, die sich völlig unüberlegt exotische Haustiere anschaffen.“ Solche Menschen würden sich auch dieser Tiere durch Aussetzen entledigen – das sei nicht nur unverantwortlich, sondern auch strafbar.
Exoten sind anspruchsvoll, ihre Unterbringung benötigt Sachkunde und ist kostenintensiv. Hohe Energiekosten für die Terrarien, Futter und Tierarztkosten schlagen zu Buche. Viele Halter sind schnell überfordert. Dennoch kann jeder die Tiere problemlos im Internet und auf entsprechenden Messen kaufen. „Der Staat kümmert sich nicht um die gesetzliche Regelung für das Halten exotischer Haustiere, und wir müssen es ausbaden“, sagt Katharina Erdmann, Erste Vorsitzende des Landestierschutzverbands Schleswig-Holstein. Ein haltloser Zustand. Sie fordert strengere Regeln und im Zweifel ein privates Halteverbot von exotischen Tieren.
Wer einem exotischen Pflegling ein Zuhause geben möchte, kann sich unter 04121/450 19 39 in der Wildtierstation melden.