Kreis Pinneberg. Politik berät heute über Auswahlkriterien. Wie beim Zentralkrankenhaus gelten zwei Kommunen als Favoriten.

Der Kreis Pinneberg ist Gründerland. Er liegt mit Nordfriesland landesweit an der Spitze, was die Neugründungen von Unternehmen angeht. Bundesweit belegt er nach einer Studie des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung gleich nach Hamburg den 22. Rang von 401 Landkreisen und kreisfreien Städten.

Gründerzentrum: Wo sollen die Innovationen entstehen?

Damit das so bleibt, will der Kreis ein Gründungszentrum ins Leben rufen. Wo das geschaffen wird und welche Kommune die fünf Millionen Euro Startgeld erhält, ist offen. Elmshorn und Pinneberg stehen in den Startlöchern. Am heutigen Dienstag befasst sich der Wirtschaftsausschuss des Kreistages mit den Kriterien für das sogenannte Interessenbekundungsverfahren, nach denen der künftige Standort im Kreis ausgewählt werden soll.

„Ein Gründerzentrum ist eine öffentliche Aufgabe“, sagt Harald G. Schroers von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft WEP des Kreises Pinneberg. „Alle Kreise in Schleswig-Holstein haben bereits ein solches Gründerzentrum – bis auf Pinneberg und Segeberg. Diese Lücke wollen wir schließen.“ Der Nachbarkreis Segeberg hat im Übrigen mit 91.940 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen Pinneberg (91.817) als Spitzenreiter im Land abgelöst. Zudem starte die Hansestadt Hamburg mit zwei neuen Gründerzentren in Bahrenfeld und Harburg „eine massive Offensive für Gründerforen“, betont Schroers. Da müsse der Kreis Pinneberg aufpassen, dass er nicht abgehängt wird. „Wir brauchen ein Gründerzentrum im Kreis Pinneberg für die strukturelle Erneuerung der Wirtschaft und um neue Ideen für Start-ups in der Region zu halten.“

Gründerzentrum: Fünf Millionen Euro als Anschubfinanzierung

Die Kreispolitik hat er an seiner Seite. Nach anfänglich kontroversen Diskussionen hat der Kreistag den Vorschlag der SPD von Ende 2019 aufgenommen und beschlossen, ein solches Zentrum mit fünf Millionen Euro zu subventionieren. Das sei für die Anschubfinanzierung gedacht und werde nicht die laufenden Kosten decken können, erklärt SPD-Abgeordneter Helmuth Jahnke, der damals den Antrag dafür einbrachte.

Das Westküsten-Gutachten besagt, dass etwa die doppelte Summe, zehn Millionen Euro, dafür benötigt würden. Somit müsste die Standortkommune einen gleich hohen Anteil einbringen. „Das ist eine Investition in die Zukunft, deren Effekte sich erst langfristig zeigen werden“, ist Jahnke von der Sinnhaftigkeit eines Gründerzentrums überzeugt. „Wir sorgen dafür, dass junge, innovative Unternehmen gegründet werden. Das schafft neue Arbeitsplätze und hält die Arbeitsplätze in der Region. Es ist das richtige Mittel zur Stärkung unserer regionalen Wirtschaft.“

Gründerzentrum: Was für den Neubau nötig wäre

Mit dem Interessenbekundungsverfahren, das heute nach der Sitzung des Wirtschaftsausschusses offiziell eingeläutet werde, gehe es in die konkrete Umsetzung, sagt WEP-Chef Schroers. Die Kommunen, die sich dafür interessierten, hätten dann drei Monate Zeit, sich zu bewerben. Das sei ähnlich angelegt wie bei der Standortsuche für die neue, zentralgelegene Großklinik im Kreis Pinneberg, wo der Hauptausschuss des Kreistages einen Tag später die Suchkriterien festlegen wird.

Für das Gründerzentrum werde eine Fläche benötigt, die baureif erschlossen und mit Bus und Bahnen gut zu erreichen sei, erklärt Schroers. 2000 bis 3000 Quadratmeter Nutzfläche müsste das Gründerzentrum haben, um den Neugründern und Start-ups genügend Platz für die Entwicklung ihrer innovativen Produkte und Dienstleistungen zu bieten. „Das Gründerzentrum soll ihnen helfen, eine Infrastruktur aufzubauen und das Risiko der Gründung zu mindern.“

Gründerzentrum: Wer entscheidet über den künftigen Standort?

Und so werden die eingereichten Grundstücke der Bewerber-Kommunen nach 64 verschiedenen Suchkriterien befragt und bewertet. Dazu gehören die Grundstücksgröße, Verkehrs- und ÖPNV-Anbindung, Parkmöglichkeiten, ob Hochschulen und andere Netzwerke in der Nähe eingebunden sind und ob ein Glasfaseranschluss für das schnelle Internet vorhanden ist. Ist das Grundstück schnell verfügbar und kann sofort bebaut werden? Ist Miete oder Kauf möglich? Gibt es Erweiterungsmöglichkeiten? Wie hoch ist der Grundstückspreis und wie hoch wären die laufenden Kosten? Wer übernimmt die Verluste? Mit welchem Beratungs- und Personalressourcen-Einsatz wäre die Kommune dabei? Auch die Konzeption wird eine Rolle spielen, ob eher Labors, Werkstätten, Begegnungsräume oder Büroflächen geschaffen werden sollen.

All diese Fragen zu bewerten und der Kreispolitik anschließend einen Vorschlag nach einer Rangfolge zur Entscheidung vorzulegen, diese Aufgabe übernimmt das Gutachterbüro Lennardt und Birner aus Dortmund, sagt Schroers. „Zukunftsorientierte Kommunen stellen ihren Wirtschaftsstandort zunehmend strategisch auf Basis einer konkreten Analyse der vorhandenen Faktoren und Fakten auf“, heißt es dazu auf der Homepage des Unternehmens.

Gründerzentrum: Elmshorn und Pinneberg haben Interesse bekundet

Bei der Standortfrage für das geplante Gründerzentrum wird es wohl wie bei der neuen Zentralklinik zu einem Wettstreit zwischen der Kreisstadt Pinneberg und der Stadt Elmshorn kommen. „Wir wollen uns um das Gründerzentrum bewerben“, kündigt Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg auf Nachfrage an. Die Kreisstadt sei ein „attraktiver Standort“, an dem sich Start-ups, kleine und große Unternehmen gut entwickeln könnten. „Da kann ein guter Mix entstehen“, ist Steinberg überzeugt.

Amtskollege Volker Hatje will nach der Sommerpause entscheiden, ob und womit Elmshorn ins Rennen gehe. „Natürlich hat Elmshorn als größte Stadt des Kreises ein Interesse an einem solchen Gründerzentrum.“ Allerdings seien noch einige Rahmenbedingungen zu klären, die er beim Gründerzentrum für etwas diffiziler als beim künftigen Klinikstandort einschätze. So sei das Gründerzentrum auf eine bestimmte Klientel fokussiert, und der laufende Betrieb müsse von der Standortkommune querfinanziert werden, solange es noch nicht vollständig belegt sei. „Da sind die fünf Millionen Euro vom Kreis nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“