Pinneberg. Pinneberger Clubs haben massiv Mitglieder verloren. Doch es geht aufwärts. Sportsoziologe erklärt die Auswirkungen beim VfL.
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Amateur-Sport waren verheerend. Trotz vieler Appelle verließen die Menschen die Sportvereine in Scharen – weil es wegen der Lockdowns kaum Angebote gab. „Wir haben in der Pandemie zwischen 25 bis 30 Prozent Mitglieder verloren“, sagt Bärbel Neubert, Geschäftsführerin des SC Pinneberg. Es waren einst 1700 Mitglieder, aktuell seien es etwa 1300 Sporttreibende im Verein. Der VfL Pinneberg habe zwischenzeitlich „700 Mitglieder“ weniger gehabt, ein Rückgang um „14,15 Prozent“.
Doch in beiden Pinneberger Vereinen und auch allgemein scheint es wieder in die andere Richtung zu gehen. Gerade der Kinder und Jugendbereich verzeichnet Zuwächse, unter anderem die Schwimmsparten, weil lange Zeit kein Unterricht möglich war, der Bedarf aber groß ist. Viele Kinder konnten nicht schwimmen lernen.
Laut Landessportverband waren zum 1. Januar 747.991 Sporttreibende in Schleswig-Holstein in Clubs organisiert – 9004 Mitglieder mehr als zu diesem Zeitung 2021. Der Elmshorner MTV mit derzeit 4612 Mitgliedern ist nicht nur der größte Sportverein im Kreis, sondern in Bezug auf die Mitgliederstärke landesweit auf Rang drei. Der VfL rangiert mit seinen Mitgliederzahlen (4577) nicht weit dahinter. Blau-Weiß 96 Schenefeld hat als drittstärkste Kraft 2699 Mitglieder.
Allerdings hat die Corona-Krise nicht nur für Mitgliederschwund geführt, sondern insgesamt erhebliche gesamtgesellschaftliche Probleme erzeugt, weil der Sport bei vielen fehlte. Für den Austausch untereinander bietet die Sportallianz Pinneberg – ein Zusammenschluss von VfL, SCP und SuS Waldenau – am Sonnabend das Pinneberger Sportforum an (siehe Infotext). Das Thema ist: „Corona und die Folgen – Sport als Bestandteil der Lösung“. Zu Gast ist der Sportsoziologe Prof. Dr. Hans-Jürgen Schulke, der erschreckende Zahlen vorlegen wird und das Sporttreiben als wesentlichen Bestandteil einer Lösungsstrategie aus dem Dilemma aufzeigt.
Das aktive Sporttreiben verringerte sich in Pandemie-Zeiten um 57 Prozent. Viele Menschen legten erheblich an Körpergewicht zu. Die häusliche Gewalt an Kindern stieg ebenfalls an – wie auch der allgemeine Alkoholkonsum. Folgen: Es gab neben körperlichen Problemen vermehrt depressive Erkrankungen bei Erwachsenen und Kindern.
Dem Vortrag folgt eine Diskussionsrunde mit Experten aus Sport, Medizin und Politik
Nach dem Vortrag kann mit Dr. Thomas Liebsch-Dörschner (Vizepräsident LSV) und Sönke-Peter Hansen vom Kreissportverband diskutiert werden. Auch SPD-Politikerin Gabriela Matthies, Vorsitzende des Ausschusses Kultur, Sport und Jugend, Emily von Cappeln (Kinder- und Jugendbeirat) und Helga Kock (Seniorenbeirat) diskutieren mit. Aus medizinischer Sicht unterstützt Dr. Sönke Bergter, Allgemeinmediziner und VfL-Aufsichtsratsmitglied, die Runde. Das Ende ist für 16 Uhr geplant.
Hat die Pandemie denn schon allgemein Defizite erkennen lassen? „Die körperliche Entwicklung und Motorik ist generell bei jedem Kind unterschiedlich. Aber ich denke schon, dass es zum Beispiel bei der Rolle vorwärts und rückwärts aktuell Defizite gibt“, sagt Neubert. Schließlich gab es zwei Jahre weitgehend keine Kurse, Sportarten übergreifend gab es für Aktive aller Altersklassen eine lange Zwangspause. Der Start für das Sporttreiben hätte sich quasi von „vier auf sechs Jahre“ verschoben.
Auch allgemein gibt es Verschiebungen. „Viele Gruppen haben bei gutem Wetter wegen der Auflagen draußen trainiert. Das wird auch gern weiter so gemacht“, sagt die SCP-Geschäftsführerin. Beispielsweise Fitness oder Zumba-Kurse. Beide Verantwortliche bestätigen, dass die Mitglieder am liebsten in möglichst kleinen Gruppen in großen Räumen mit wenig Teilnehmern trainieren.
VfL-Geschäftsführer Uwe Hönke sagt: „Trainer im Fitness- und Gesundheitsbereich bei uns haben teilweise extreme Verkürzung der Muskeln und Defizite in der Motorik erkannt. Das geht schnell, wenn man mit dem Training aussetzt. Gerade in den höchsten Altersstufen ist das ein Problem.“ Speziell für jene,wie auch für alle Vereinsmitglieder, sei der Sportclub zudem ein sozialer Raum, um sich Auszutauschen und Kontakte zu pflegen. Mit das Wichtigste sei ohnehin die Vermittlung von Werten wie etwa Respekt und Fair Play, so Hönke.
Die drei Clubs gründeten die Sportallianz 2016, um gemeinsam den Sport in der Kreisstadt in einem gemeinsamen regelmäßigen Austausch mit der Politik voranzutreiben. Aus diesem Grund gibt es auch die Sportforen in regelmäßigen Abständen.
Das bedeutendste Projekt unter Beteiligung der Allianz ist die Fertigstellung des Kunstrasenplatzes in Pinneberg Ende 2020, nachdem zuvor viele Jahre die Planung erheblich ins Stocken geraten war. Der Platz wird von Fußballern und Hockey-Spielern genutzt, vormittags gibt es Sportstunden mit Klassen des Johannes-Brahms-Gymnasiums.
Der Vortrag zur Krise
Die Pinneberger Sportallianz bittet am Sonnabend, 14. Mai, im VfL-Clubheim am Fahltskamp um 14 Uhr zum Sportforum mit einem Vortrag über die Auswirkungen der Corona-Krise. Vorherige Anmeldung: uwe.hoenke@vfl-pinneberg.de