Kreis Pinneberg. Wie Betreiber von Altenheimen, Arztpraxen und Krankenhäusern dem 15. März. entgegenblicken. Droht danach ein Personalmangel?
Es dauert noch zwei Monate, bis die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Kraft tritt. Demnach müssen Beschäftige unter anderem in Krankenhäusern, Seniorenheimen und Arztpraxen spätestens am 15. März nachweisen, dass sie einen vollständigen Impfschutz haben, genesen sind oder dass für sie eine Ausnahme gilt. Andernfalls müssen sie sich wahrscheinlich einen neuen Job suchen.
Die Regio-Kliniken gehörten Ende 2020 zu den ersten Krankenhäusern, die ihren rund 2400 Mitarbeitern eine Impfung angeboten haben. Begleitend haben sie umfangreich informiert und persönliche Gespräche angeboten. Das habe wohl auch dazu beigetragen, dass heute mehr als 90 Prozent der Mitarbeiter geimpft seien, sagt Sprecherin Birga Berndsen. Die wenigen Mitarbeitenden, die nicht geimpft seien, würden jetzt gebeten, dies zeitnah nachzuholen. Wer bis Mitte März keinen Nachweis vorgelegt hat, wird dem Gesundheitsamt gemeldet. „Dieses entscheidet dann über die weitere Vorgehensweise“, sagt Berndsen.
Die meisten in der Pflege haben sich sowieso schon impfen lassen
Auch in den Pflegeeinrichtungen des Kreises stellt sich die Lage zurzeit weitgehend entspannt dar: Im Seniorenheim Haseldorf gibt es auf Nachfrage keine Probleme, was die Impfquote angeht. Und auch im DRK-Heim Rellingen sind 90 Prozent geimpft und teilweise geboostert, sagt Mitarbeiterin Heidemarie Lorenz. Im Pflegeheim Quickborn-Heide sind alle bis auf eine Mitarbeiterin in der Hauswirtschaft, die auf den Totimpfstoff wartet, geimpft: „Wir befürworten die Impfpflicht für Menschen, die am Bett arbeiten, denn da hat man schon eine große Verantwortung“, sagt Mitarbeiterin Babette Mohr.
In der K & S Seniorenresidenz Kummerfeld ist ebenfalls ein Großteil der Mitarbeiter geimpft und teils geboostert, sagt Pressesprecherin Sabrina Häsing. Stefan Golombek, Leiter der Seniorenresidenz Gut Thesdorf, macht sich ebenfalls keine Sorgen, weil fast alle geimpft sind. Temporäre Ausfälle gibt es trotzdem: „Als bei uns Corona-Verdachtsfälle auftraten, die sich im Nachhinein als falsch erwiesen, mussten die betreffenden Mitarbeiter in Quarantäne. Wenn das passiert, arbeiten wir mit einer Zeitarbeitsfirma zusammen.“
Hans-Jürgen Rüpcke, Geschäftsführer im Schenefelder Senioren- und Pflegeheim, nennt eine Impfquote von über 95 Prozent für sein Heim. Die hohe Impfbereitschaft führt er darauf zurück, dass kurz vor Weihnachten 2020 in der Einrichtung Corona ausgebrochen war: Viele Bewohner erkrankten, einige sind gestorben. „Medikamente gab es nicht. Wir wissen also, was das für eine Katastrophe ist, wenn das passiert. Wir waren alle dankbar, als es Impfstoff gab“, so Rüpcke, der es aber besser gefunden hätte, wenn gleich eine allgemeine Impfpflicht eingeführt worden wäre: „Es ist ungerecht, das nur der Berufsgruppe aufzuzwingen, die in den vergangenen zwei Jahren mit am meisten gelitten hat.“
Bei Verstößen droht eine Geldbuße von 2500 Euro
Es gibt in der Region allerdings auch Heime, die nichts von einer Impfpflicht für ihre Mitarbeiter wissen wollen, wie ein Beispiel aus Norderstedt verdeutlicht. Das Pflegeheim Rosengarten hat 75 Bewohner und 45 Beschäftigte. Vier dieser Mitarbeiter sind laut Guido Skarabis ungeimpft – um ihren Job fürchten müssen sie aber nicht, wenn es nach ihrem Chef geht. Skarabis: „Ich werde lieber eine Strafe in Kauf nehmen, als Menschen zu entlassen, die nicht geimpft sind.“ Er selbst sei zwar „geimpft und geboostert“, darin sieht er aber eine persönliche Entscheidung. Beschäftigt Guido Skarabis tatsächlich auch in Zukunft ungeimpfte Personen, könnte das für ihn allerdings teuer werden. In einer Mitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit steht: „Die Leitung einer Einrichtung, die entgegen der gesetzlichen Verbote eine Person beschäftigt oder im Falle einer Benachrichtigungspflicht die Gesundheitsämter nicht informiert sowie Personen, die trotz Nachweispflicht und Anforderung des Gesundheitsamtes keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist erbringen, müssen mit einer Geldbuße bis zu 2500 Euro rechnen.“
Katharina von Croy zu, Pressesprecherin vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe und zuständig für die Region Nordwest, beurteilt die Lage folgendermaßen: „Wenn wir Personalausfälle befürchten, dann durch Omikron. Bei Menschen, die wegen der Impfpflicht kündigen, wird es sich um Einzelfälle handeln.“
Die Gesundheitsämter arbeiten jetzt schon am Anschlag
Ungeimpfte würden auf andere Positionen versetzt, „wo sie keinen Kontakt zu vulnerablen Gruppen haben“, sagt von Croy. Notfalls müssten sie sich aber eine neue Stelle suchen. Innerhalb des Verbands regten sich keine Proteste, auch seien die Impfquoten in der Branche hoch: „Eine Umfrage legt eine Impfquote von über 90 Prozent nahe.“ Sorge bereitet ihr allerdings die Bürokratie, die die einrichtungsbezogene Impfpflicht mit sich bringen werde. Die Gesundheitsämter, die gegebenenfalls informiert werden müssten, arbeiteten bekanntlich schon jetzt am Anschlag, so die Pressesprecherin.
Auch Thorsten Ziebart, Leiter der Abteilung Personalwesen des DRK-Kreisverbandes Pinneberg, sagt: „Unter unseren Pflegemitarbeitern haben wir eine sehr hohe Impfquote.“ Kündigungen aufgrund der Impfpflicht seien ihm nicht bekannt. Aber auch er sieht mit der Impfpflicht einen Mehraufwand auf die Heime zukommen: „Es ist mit der Masernschutzimpfung vergleichbar.“ Medizinisches Personal, Lehrer oder Erzieher sind dazu verpflichtet, „da ist der Bürokratie-Aufwand hoch“, so Ziebart.
Überstunden sind in den Praxen an der Tagesordnung
Die niedergelassenen Ärzte im Kreis können sich in diesen Tagen kaum vor Arbeit retten – was aber offensichtlich nichts mit der Impfpflicht der Mitarbeitenden zu tun hat, sondern mit dem generell hohen Patientenaufkommen. Tenor: Man impfe und teste so viel man könne, Überstunden seien an der Tagesordnung, hinzu kämen Impfungen an Sonnabenden sowie nachzuholende Sprechstunden, die für Impftermine verschoben wurden, und mangelnde Impfstofflieferungen. Das Personal sei aber, so ist unisono aus den Praxen zu hören, im Wesentlichen geimpft und geboostert. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht wird demnach allgemein nicht als Bedrohung wahrgenommen – im Gegenteil: Für Dimitra Margaritidou Weber, Ärztin aus Quickborn, ist sie eine Erleichterung: „Die Impfpflicht birgt keine Probleme, ihr Nutzen ist viel größer.“
Der Werkstattleiter Holger Rennemann von der Lebenshilfe in Pinneberg, wo viele Menschen mit Behinderung arbeiten, ist ebenfalls zufrieden mit seinen Mitarbeitern: „Es gibt bei den Fachkräften wenige, wo das noch ein Thema ist. Es ist aber kein großes Problem für uns.“ Die Bereitschaft zum Impfen und für die Auffrischung sei generell hoch. „Wie das im Falle einer fortgesetzten Nichtimpfung ab Mitte März zu handhaben ist, damit muss sich die Personalabteilung befassen.“ Und er betont: „Man ist schließlich froh, dass man die Fachkräfte überhaupt hat.“