Horst. Corona und Langeweile trieben den Elmshorner Thomas Pahlke in die Historie des regionalen Schnapses. Er ließ die Tradition aufleben.
Direkt aus der Region – wenn auch aus einer anderen Zeit. Vor mehr als 200 Jahren trafen sich laut dem Horster Lexikon die ortsansässigen Imker zur jährlichen Metköst. In die Bottiche gossen sie eine goldbraune Mischung aus Met, Branntwein und ganzen Pflaumen. Im Volksmund wurden die schwimmenden Früchte „Pillen“ getauft: die Geburtsstunde der Horster Pillen.
Zwei Jahrhunderte später stößt Thomas Pahlke, Herausgeber der Zeitung „Die Moin“, während der Recherche für sein erstes Buch auf diese Tradition. „Mit Corona gingen meine Umsätze in der Zeitung rapide bergab. Mehr als 80 Prozent Umsatzeinbrüche – da kriegt man echte Existenzängste“, sagt der 52 Jahre alte Familienvater. „Da kam mir die Idee, einen Roman zu schreiben.“
Neben dem Schnaps entsteht ein Buch
Auf diese Weise entsteht „12 Nächte“ in Zusammenarbeit mit seiner Lektorin Wiebke Till. Schauplatz des Schauermärchens ist Horst, der Hauptcharakter ein Gesandter vom Uetersener Kloster. Auf dem Papier findet der historische Likör seinen Platz. Doch dabei soll es nicht bleiben: „Mit diesen drei Zutaten im Gepäck habe ich durch Zufall eine Ein-Mann-Manufaktur in Kuden gefunden. Dieser Herr sagte mir: ‘Ich mixe dir mal was zurecht.’ Und daraus wurden die leckeren Horster Pillen“, erzählt Pahlke.
Ein paar Straßen weiter verkauft der gelernte Zierpflanzengärtner Jan Jacobsen nebenbei Liköre. Regional, teilweise sogar direkt aus der Nachbarschaft: Göttsche, ein Likör mit Karamell und Sylter Meersalz, wurde entwickelt von dem Vater einer ehemaligen Klassenkameradin. Aus dem kleinen Projekt in der umgebauten Garage wird mit der großen Nachfrage recht schnell der Likörvertrieb Jan Jacobsen. „Hätte ich das Wissen vor einem Jahr gehabt, dann hätte ich die gesamte Garage ausgebaut“, sagt der 38-Jährige lachend. Lange dauert es nicht, bis Thorsten Pahlke den gebürtigen Flensburger kontaktiert und die Horster Pillen ins Sortiment des Vertriebs aufgenommen werden.
Weitere Projekte in Planung
Passend dazu wird im Online-Shop das Schauermärchen „12 Nächte“ angeboten. Für Pahlke ist das erst der Anfang: „Bei mir wurde das dann zur Masche. Beim Schreiben meines nächsten Buches, „Der Seelenturm“, habe ich mir gesagt: Mensch, das mit der Horster Pille und dem Buch, das kommt gut an. Jetzt baust du in diesen Roman auch ein Getränk ein, das der Protagonist sich einverleibt. So entstand der Glückstädter Wächterschluck.“
Mit aktuell 800 verkauften Exemplaren des ersten Romans und 500 verkauften Exemplaren von „Der Seelenturm“ seit September komme diese regionale Mischung recht stattlich an. Zumal die Pandemie die Nachfrage nach Produkten aus dem Umkreis weiter ankurbelt: „Man denkt regionaler, die Leute wollen in diesen Zeiten zusammenhalten. Durch Corona fing ich mit dem Schreiben an. Ohne Corona gäbe es keinen Roman, keine Horster Pillen. Es gäbe unsere Kooperation nicht“, sagt Thorsten Pahlke.
Regionale Produkte sind stark im Kommen
Regionalität ist eine Charakteristik seiner Produkte. Er achte selbst sehr darauf, in seiner Zeitung ausschließlich regionale Anzeigen zu schalten: „Erst einmal ist das eine persönliche Einstellung. Wir haben so tolle Produkte innerhalb eines Ortes, kleine Ein-Mann-Fabriken, die da so viel Herzblut reinstecken und darauf achten, nur natürliche Stoffe zu verwenden. Da muss man dafür Sorge tragen, dass diese auch unterstützt werden. Gleichzeitig verfeinert es die Endprodukte, die wir dann liefern, um ein Vielfaches.“
Sein Geschäftspartner Jan Jacobsen stimmt ihm zu. Er meint, die Menschen wollen Lokales kaufen: „Man kriegt immer wieder das Feedback. Und durch Corona merkt man ganz klar: Die Leute geben ein, zwei, drei Euro mehr aus für Regionalität, für Qualität. Das ist eine Tatsache.“
Käthes Schlafrock oder Käthes Schlüpper? Bei dem Namen für einen Kaffeelikör zur demnächst erscheinenden Tragikomödie „Käthe und Edith“ sind sich Jacobsen und Pahlke noch uneinig. Sicher ist aber, dass noch eine ganze Menge kommt.
Drei Romane hat der Autor aus Elmshorn noch im Kopf, macht folgerichtig drei Liköre, die es zu entwickeln gilt. Dazu kommt die Moin-Stube: Atmosphärische Lesungen, eingesprochen von Bert Stevens, begleitet durch eine Projektionsfläche und Verkostungen der Liköre im gemütlichen Ambiente. „Solange es Spaß macht, ist alles schön. Wir telefonieren drei, vier Mal die Woche und lachen eigentlich die ganze Zeit“, erzählt Jacobsen. Besonders die Märkte bereiten den beiden Freude: „Ich liebe das! Da hast du einfach den direkten Kontakt zu den Leuten. Nicht bequatschen, sondern einfach überzeugen. Das macht der Geschmack von alleine“, sagt Pahlke. „Den Geschmack kann man wirklich nicht ersetzen,“ stimmt Jacobsen zu.
Den historischen Met der Horster Imker geschmacklich zu beschreiben, ist gar nicht so leicht: „Ein Geschmacksgalopp im Gaumen. Man kann nicht sagen, der schmeckt süß oder salzig. Die Geschmacksknospen spielen sich die Bälle hin und her,“ umschreibt es der Autor. „Süffig, lecker. Mild und geschmacksintensiv zugleich. Das hört sich natürlich widersprüchlich an, aber es ist einfach so“, sagt der Likörverkäufer.
Hier gibt es das Getränk:
Den Likör gibt es im Online-Shop, https://www.likoervertrieb-jacobsen.de. Dort kann man eine 0,5 Liter Flasche der Horster Pillen für 19,99 Euro und den Roman „12 Nächte“ für 12,90 Euro kaufen. Zusammen sind die beiden originellen Regionalprodukte sogar auf 30 Euro reduziert.