Pinneberg. Forum Theater Pinneberg vor erster Premiere nach Zwangspause. Für welch ungewöhnliches Stück sich das Ensemble entschieden hat.
Mit einem ebenso witzigen wie nachdenklichen Zwei-Personen-Stück tritt das Forum Theater nach anderthalb Jahren Zwangspause wieder ins Rampenlicht. Die Komödie „Wenn wir tanzen, summt die Welt“ von Finn-Ole Heinrich und Dita Zipfel hat am Sonnabend, den 30. Oktober, im Pinneberger Ratssitzungssaal Premiere.
Elke und Unhold, ein Paar im fortgeschrittenen Alter, hat fast das ganze Leben zusammen verbracht. Sie können nicht miteinander, aber auch nicht ohneeinander, sie lieben und sie streiten sich. Die Premiere ist Hanne Schellwalds Initiative zu verdanken, die sich schon im vergangenen Jahr das Stück hat schicken lassen, weil sie so gern Theater spielt und nach etwas Geeignetem suchte, mit dem es wieder losgehen konnte. Dann, als Lockerung in Sicht war, hat sie alle zusammengetrommelt: „Wir müssen uns doch wieder aufraffen und präsent sein. Sonst haben wir ein Problem“, sagt Hanne Schellwald. Sie spielt Elke, die Ehefrau. Eine ebenso resolute wie zerbrechliche Person.
Hauptdarsteller spielt seit 25 Jahren beim Forum Theater
Ihr zur Seite steht ihr Mann mit dem verräterischen Namen Unhold. Ob er wirklich einer ist, mögen die Zuschauer selber entscheiden. Gespielt wird er von Reinhard Matthies, einem Urgestein des Forum Theaters, der früher Lehrer war und bis heute in der SPD aktiv ist, als Ratsherr und Ausschussmitglied. „Früher wollte ich Comedian werden“, erzählt er. Dass dieser Job gar nicht so weit weg ist von dem des Lehrers, den er dann ausübte, schwante ihm erst nach und nach. Bei einem der frühen Open-Air-Spektakel, die die feurigen Amateure des Forum Theaters vor der Drostei aufführten, hatte er Blut geleckt. Seit 1996 hat Reinhard Matthies alle erdenklichen Rollen gespielt, auch sehr anspruchsvolle wie Kleists Richter Adam. „Es ist ein gutes Signal, dass wir jetzt wieder spielen. Auch für alle anderen Kulturschaffenden“, meint er.
Jetzt also Unhold. Ein bisschen vertrottelt wirkt er, auch störrisch. Fahrig versucht er, einen Koffer zu packen. Denn seine Elke möchte doch so gern verreisen! Endlich mal. Denn meistens hat er sich ja standhaft geweigert. Unhold will alle seine Bücher mitnehmen. Das ist doch zu viel! Findet Elke.
Forum Theater setzt auf Regisseurin Brigitte Ehrich
Regie führt Brigitte Ehrich, die langjährige Hamburger Theaterkritikerin, die das hier aus purem Vergnügen macht. „Die beiden haben ein langes Leben zusammen gelebt. Einer kann sich vom anderen nicht lösen. Sie haben ihre festen Gewohnheiten und Rituale“, sagt sie, „und sie streiten sich ständig.“ Aber dann komme Ulla dazu, die Elkes Tochter für sie installiert hat. Ulla ist eine Sprachassistentin, die helfen soll, gesund zu leben, Gymnastik zu machen und anderes. „Für Elke ist Ulla das rote Tuch“, sagt Ehrich. Spätestens hier wird deutlich, dass das Stück mehr ist als eine Beziehungskomödie. Der bewährte Theaterautor Finn-Ole Heinrich und Dita Zipfel haben darin mehrere Ebenen angesteuert. Eine ist brandaktuell und wird heute „künstliche Intelligenz“ genannt: Ulla verwirrt die alten Leutchen, die damit überhaupt nicht umgehen können und sich sogar von der höflichen Stimme aus dem Off bedroht fühlen. „Da steckt Komik drin“, sagt Brigitte Ehrich, „und eine Art Alterssarkasmus“. Denn Elke schimpft ständig gegen Ulla, beide behandeln sie wie einen Menschen. Und doch wird hier die große Frage bewegt, wie lange ein Mensch im Alter noch ohne fremde Hilfe klarkommt. „Es ist aber auch ein berührendes Stück, das nachdenklich macht“, sagt die Regisseurin.
Zukunft sieht gut aus fürs Forum Theater
Die Bühnenbildnerin Gisela Schramm ist leise näher gekommen. „Man muss etwas wagen in dieser Zeit“, sagt sie. Dadurch, dass es Ulla gebe, sei das Stück total modern, meint sie. Ihre Bühne wird ein kleiner, gemütlicher, unordentlicher Raum. Unordentlich bis zum Chaos. Immer mal wieder hantieren die beiden 80-Jährigen im Hintergrund mit mysteriösen Schraubgläsern herum. Aus denen trinkt sogar Unhold, der doch eigentlich am liebsten schon morgens ein Eierlikörchen kippt. Das wird aber nichts, solange Elke etwas davon merkt. Die sorgt dafür, dass er sein „Zauberwasser“ aus den Schraubgläsern herunterschlürft. Es ist selbst gemachter Kefir, und besonders lecker sieht das Gesöff beileibe nicht aus. Muss aber sein, ist ja schließlich gesund. Und als sich das Gespräch mal wieder um den Zankapfel Verreisen dreht und er Elke zärtlich sein Entlein nennt, ruft sie aus: „Das ist Vergangenheit. Ich will Zukunft!“
Die Zukunft des Forum Theaters sieht soweit gut aus. „Keiner ist abgesprungen. Alle haben uns die Treue gehalten“, sagt Sprecherin Nicola Heubach. „Trotzdem suchen wir junge, spielbegeisterte Amateurschauspieler im Alter zwischen 20 und 35 Jahren. Da sind wir nämlich nur dünn besetzt.“ Ein weiteres Problem zeichnet sich deutlich am Horizont ab: Für die Kostüme und Kulissen sucht das Forum Theater einen günstigen, beheizbaren Raum. Denn demnächst, wenn die Ernst-Paasch-Halle wie geplant saniert wird, müssen sie ihre Sachen dort herausholen.
„Wenn wir tanzen, summt die Welt“: Premiere Sa, 30. Oktober, 19.30 Uhr Ratssitzungssaal. Weitere Aufführungen: 31. Oktober, 18 Uhr, 6. und 7. November, 19.30 bzw. 18 Uhr, Eintritt: zehn, im Vorverkauf elf Euro, Karten gibt’s im Bücherwurm. Es gelten die 3 G-Regeln. Wer einen geeigneten Raum frei hat, schickt eine E-Mail an: Forum-Theater-Pinneberg@web.de