Tornesch. Der Ministerpräsident hilft dem CDU-Kandidaten Michael von Abercron beim Werben um Stimmen – und stichelt gegen die CSU.
Zeit für eine Ansprache ist nicht. Schon bei der Ankunft von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) auf dem Bahnhofsvorplatz in Tornesch bestürmen ihn Bürger mit Fragen und Anliegen. Die CDU hatte ihren orangefarbenen VW Bus mit dem Konterfei ihres Direktkandidaten für den Bundestag, Michael von Abercron, direkt davor geparkt. Den Infostand besetzt von Abercron selbst, um knapp eine Woche vor der Bundestagswahl mit präsidialer Hilfe um Stimmen zu werben.
Gisela Hüllmann von der Bürgerinitiative Starke Schiene ergreift sofort das Wort und fordert von Günther Unterstützung im Kampf um den Ausbau der Gleise und verbesserte Zug-Taktungen. „Bitte setzen Sie sich bei ihren Kollegen in Berlin für ein drittes Gleis ein“, sagt sie. Ein Anliegen, mit dem sie beim Landesvater offene Türen einrennt: „Das brauchen wir definitiv. Wir haben hier ein Nadelöhr“, sagt er. „Grundsätzlich müssen Bauvorhaben viel schneller umgesetzt werden, sonst werden wir den Anschluss verlieren.“
Daniel Günther will Tornescher Polizeistation nicht reaktivieren
Prozesse zu beschleunigen, werde eine zentrale Aufgabe in der nächsten Wahlperiode, so Günther. Gesetzliche Grundlagen, die verhinderten, dass Verkehrsprojekte durch jahrelange Prozesse hinausgezögert würden. „Solche Verfahren sollten gleich von den Oberen Gerichten entschieden werden.“ Zudem müsse eingeschränkt werden, wer klagen darf. „Es sollte verhindert werden, dass jemand aus Baden-Württemberg das Dritte Gleis hier verhindert.“
Eine Abfuhr erteilt der Ministerpräsident dem Vorstoß, die Tornescher Polizeistation zu reaktivieren – ein Anliegen, das der Ortsvorsitzende Daniel Kölbl und Birte Glißmann, Landesvorsitzende der Jungen Union, am Sonnabend bei einem Treffen mit Ministerin Sabine Sütterlin-Waack im Innenministerium in Kiel vertreten wollen. „Die innere Sicherheit ist gut abgedeckt, die Polizei ist personell gut aufgestellt“, sagt Günther eher allgemein.
Der Elmshorner Politiker Burghard Schalhorn will von Günther wissen, warum man so am Gendersternchen festhalte, wenn eine Mehrheit der Bürger das nicht wolle. „Es gibt wichtigere Themen als die gendergerechte Sprache, wenn es um die Gleichberechtigung der Frauen geht“, pflichtet Günther ihm bei. In Schulen würden die Sternchen auch nicht geduldet. Darüber hinaus lädt er Schalhorn ein, wieder der CDU beizutreten. 2008 war er aus Protest ausgetreten.
Günther: Kliniken müssen wettbewerbsfähig bleiben
Eine Mutter will vom Ministerpräsidenten wissen, wie lange ihre Tochter in der Schule noch Maske tragen müsse, obwohl die Impfquote in Schleswig-Holstein mit 67 Prozent vollständig Geimpfter doch relativ hoch sei. „Da wir den Präsenzunterricht haben, wird die Maskenpflicht an Schulen mindestens noch bis zu den Herbstferien bleiben“, sagt Günther. Er hoffe, dass die Impfquote noch steige. Statistisch könnte Long-Covid bei etwa fünf Prozent der Kinder auftreten. Dies wolle man verhindern.
Auch die Pläne des Sana Konzerns, die Regio Kliniken in Pinneberg und Elmshorn in etwa zehn Jahren zu schließen und in Tornesch im Gewerbepark Oha eine großes neues Krankenhaus zu bauen ist Thema. „Wichtig ist, dass die medizinische Versorgung vor Ort sichergestellt ist“, sagt Günther. Grundsätzlich nachvollziehbar sei, dass die Kliniken wettbewerbsfähig bleiben wollen. „Auf der Grundlage prüfen wir jetzt, was dort gemacht wird.“
Auch Michael von Abercron zeigt Verständnis für die unternehmerische Entscheidung. „Es geht um die Weiterentwicklung der Medizin. Wir haben in Itzehoe und Hamburg sehr moderne, spezialisierte Kliniken, wohin sich die Menschen orientieren“, so der CDU-Direktkandidat. Menschen würden die Entscheidung, wo sie sich behandeln oder operieren ließen, danach entscheiden, wer die beste Medizinische Versorgung biete und nicht, wer am dichtesten an ihrem Wohnort sei.
Günther hält Laschet für den besseren Kandidaten
Und dann springt Schleswig-Holsteins Landesvater Günther noch für seinen nordrhein-westfälischen Amtskollegen und Kanzlerkandidaten Armin Laschet in die Bresche. Denn ein Bürger – offenbar CDU-Wähler – kann absolut nicht verstehen, warum die Union nicht Markus Söder ins Rennen um das Kanzleramt geschickt hat. Sein Rückhalt in der Bevölkerung wäre sehr viel größer. Nun stünde die CDU mit Laschet in Wahlumfragen bei 25 Prozent. „Eine Katastrophe“, so der Passant.
„Ich halte Armin Laschet für den besseren Kandidaten“, antwortet Günther. Er sei verlässlich, wenn auch nicht so telegen wie andere. „Am Ende erwarte ich von einem Kanzler Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit.“ Zudem habe Laschet als Ministerpräsident des mit 18 Millionen Menschen bevölkerungsreichsten Bundeslandes in den vergangenen Jahren einen unglaublichen Strukturwandel herbeigeführt. Zudem, stichelt Günther, hatte die CSU ihre Chance: „Sie haben bereits zwei Kanzlerkandidaten mit Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber gestellt.“ Beide seien wenig erfolgreich gewesen.