Pinneberg. Pinnebergs Gastronomen kritisieren, dass ihnen nach der coronabedingten Schließung nun Konkurrenz vor der Haustür blüht.
Der Biergarten-Plan für Pinneberg stößt der von der Corona-Pandemie noch arg gebeutelten Gastronomieszene in der Kreisstadt sauer auf. Wie berichtet, sollen von Freitag an bis zum 6. September auf dem Platz vor der Drostei Getränke und Speisen für bis zu 250 Menschen gleichzeitig angeboten werden – in unmittelbarer Nachbarschaft einiger Restaurants. Das Team der Remise spricht auf Facebook gar von einem „Schlag ins Gesicht“ der Gastwirte.
Die Chefs von „Frau Miller“, Landdrostei, Remise, Opposti und einigen anderen sind nun dabei, ihren Widerstand zu formieren. Was genau sie planen, ist noch offen. Ihre gemeinsame Kritik: Das Projekt sei mit ihnen nicht abgesprochen worden. Zumindest nicht rechtzeitig. „Die Idee ist gut, die Ausführung aber bescheiden“, sagt Mario Meusel, Inhaber von Meusels Landdrostei.
Örtliche Gastronomie hätte beim Biergarten mitwirken können
Er habe erst vor ein, zwei Tagen einen Anruf bekommen, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass der Biergarten aufgebaut werde. „Ich finde das Ganze sehr fragwürdig, man hätte es wenigstens absprechen sollen“, sagt Meusel. Er ist vor allem vom Stadtmarketing enttäuscht: „Wir Gastronomen zahlen da einen Jahresbeitrag“ – eben auch, um ein bisschen gefördert zu werden. „Da ist dann null Kommunikation ein bisschen dünn.“
Die örtliche Gastronomie hätte ja auch beim Biergarten-Projekt mitwirken können, meint Meusel. Natürlich schwingt auch die Sorge mit, dass jetzt Gäste fernbleiben könnten, Gäste, die nach Wochen der zwangsweisen Schließung endlich wieder kommen. „Wir haben großes Glück, dass wir nicht so sehr betroffen sind“, sagt Meusel. Die Schnittmenge ist einfach nicht so groß.
Bei der Remise sieht das anders aus. Dort wird Flammkuchen serviert wie im Biergarten, dort gibt es auch einen kleinen biergartenähnlichen Außenbereich. Inhaberin Simone Schacht sagt: „Es ist von der Zeit her unpassend.“
Das gute Sommergeschäft werde einfach abgegriffen
Auch der Inhaber des Opposti an der Rathauspassage, Iman Khosravi, ist unzufrieden: „Das, was hier passiert ist, ist unglücklich.“ Was ihn ärgert: „Die haben nichts besprochen, sondern einfach angefangen.“ Er wäre gern angesprochen worden, wenigstens einen Quadratmeter auf dem Platz zu mieten, doch nichts dergleichen sei passiert. Seine Terrasse ist nur circa 50 Meter vom Biergarten entfernt. Um seinen Gästen nach der Wiedereröffnung auch etwas bieten zu können, hat Khosravi extra eine Markise für seine Terrasse gekauft. Er wollte eine schöne Eröffnung feiern. „Und jetzt, wo ich das machen will, wird mir ein Biergarten vor die Nase gesetzt.“
Er wisse noch nicht, wie sich das auf seine Gästezahlen auswirke, aber eines sei klar: „Immer, wenn jemand Neues hinzu kommt, haben wir weniger Gäste.“ Dabei störe ihn insbesondere, dass es eben nur vorübergehend sei. Über den Sommer werde das ganze gute Geschäft abgegriffen – von jemandem, der nicht aus Pinneberg stammt.
Stadt lehnt Vorschlag eines Sommerfestes ab
Er selbst sei vor einiger Zeit auf die Stadt zugegangen, sagt Khosravi, gemeinsam mit dem Betreiber des Restaurants Kronos habe er eine Art Sommerfest vorgeschlagen. „Jeder Gastronom hätte sich dann auf den Platz stellen und etwas verkaufen können, der Grieche sein Gyros, die Remise ihren Flammkuchen, ich meine Pizza.“ Dieser Vorschlag sei aber abgelehnt worden. Und dann gebe es doch plötzlich eine Veranstaltung: den Biergarten, dessen Speisekarte nicht mit ihm und den anderen Kollegen abgestimmt worden sei.
Auch Benjamin Gadow, der Inhaber von „Frau Miller“ und Begas-Bar, wundert sich, wer über das Konzept informiert gewesen sei. „Mich hat niemand kontaktiert.“ Aus diesem Grund hätten sich die Gastronomen am Dienstag zusammengesetzt und „ein bisschen gefachsimpelt“. Sie fänden es gut, wenn Biergartenbetreiber Jens Stacklies sich zumindest für seine Aussage entschuldige, dass er die Speisekarte mit den umliegenden Gastronomen abgestimmt habe – weil es einfach nicht stimme. Es sei noch dazu ziemlich untypisch, dass die Veranstaltung erst zwei Tage vor Beginn über Facebook bekannt gegeben wurde. Benjamin Gadow meint, dass vor allem die Stadt schuld an der prekären Situation für die Gastwirte sei. Man hätte wenigstens sagen können, dass etwas geplant werde.
City-Managerin verteidigt die Stadt Pinneberg
City-Managerin Birgit Schmidt-Harder erklärt auf Abendblatt-Anfrage das Vorgehen der Veranstalter: „Herr Stacklies hat sein Speisenangebot im Biergarten mit den Speisekarten von Meusel’s Landdrostei und dem Opposti abgestimmt.“ Außerdem verteidigt sie die Stadt Pinneberg: „Das Stadtmarketing ist nicht Veranstalter des Biergartens.
Der Biergarten ist rechtlich keine Veranstaltung, sondern eine Gaststätte. Wir unterstützen das Team von Herrn Stacklies kommunikativ und beim Marketing – wie beim Weihnachtsdorf auch, das Herr Stacklies seit acht Jahren in Pinneberg ausrichtet. Wie wir das übrigens auch bei der Eröffnung des Opposti vergangenes Jahr getan haben. Als die Sondernutzungserlaubnis zum Aufbau des Biergartens vorlag, hat Herr Stacklies sofort das Opposti und Meusels Landdrostei informiert.“
Um durch die neue Konkurrenz vor der Tür nicht allzu viele Gäste zu verlieren, wollen die ortsansässigen Gastronomen – das kristallisiert sich schon heraus – in nächster Zeit Werbung für ihre Betriebe machen und auch noch einmal das Gespräch mit den Veranstaltern des Biergartens suchen.