Kreis Pinneberg. 40 Menschen nahmen am Montag an der Mahnwache vor der Drostei teil. Damit waren sie deutlich in der Unterzahl.

Es war eine etwas skurrile Situation entstanden: Vor der Drostei hatten sich rund 40 Menschen zur Mahnwache im Zusammenhang mit der kreisweiten Erklärung für Maske, Impfung und Solidarität versammelt. Unweit des Rathauses waren dagegen mehr als doppelt so viele Menschen zusammengekommen, um gemeinsam einen jener „Spaziergänge“ zu beginnen, mit denen in letzter Zeit gezeigt wird, wer nicht einverstanden ist mit den Reglementierungen zur Eindämmung von Corona. Sie sind still und friedlich, manche tragen Maske, manche nicht, Abstände werden mal eingehalten, mal nicht. Man ist ja schließlich an der frischen Luft.

Corona Pinneberg: Spaziergänger kritisieren Impfungen für Kinder

Britta Prüß, kaufmännische Angestellte aus Pinneberg, ist doppelt geimpft und geboostert. Sie ist gegen die Impfpflicht für Kinder.
Britta Prüß, kaufmännische Angestellte aus Pinneberg, ist doppelt geimpft und geboostert. Sie ist gegen die Impfpflicht für Kinder. © Katja Engler | Katja Engler

Es waren Menschen jeden Alters unter den Spaziergängern. Zwei von ihnen sind Johanna und Joachim Decker, aus Wedel. Sie war früher im Gesundheitswesen tätig, beide sind jetzt in Rente: „Wir sind gegen die Impfpflicht“, sagt Johanna Decker. „Wir machen das hier für unsere Kinder und Enkel, weil es uns Angst macht, dass die Grundrechte in Gefahr sind.“ Bevor sich der Zug in Bewegung setzt, findet auch Britta Prüß Zeit für eine Antwort. Sie ist kaufmännische Angestellte aus Pinneberg, geimpft und geboostert: „Ich möchte zeigen, dass ich gegen die Spaltung der Gesellschaft bin und dass sie unsere Kinder mit der Impfpflicht in Ruhe lassen sollen.“

Vor der Drostei sind sich die Mahnwachen-Teilnehmer einig. Viele haben die „Kreis Pinneberger Erklärung“ persönlich unterschrieben. Damit wollen sie ein gemeinsames Zeichen setzen dafür, alles zu tun, damit die Pandemie endlich ein Ende hat.

Auch zwei Bürgermeister haben ihre Namen darunter gesetzt: Urte Steinberg und Marc Trampe. Die Pinneberger Bürgermeisterin äußert nur einen knappen Wunsch: „Mir ist wichtig, dass alle zusammenhalten und dass geimpft wird“, sagt Steinberg.

Corona Pinnberg: Mahnwache für Pandemie-Opfer vor der Drostei

Ihr Rellinger Kollege steigt tiefer ein in das Thema, das seit zwei Jahren fast alle Menschen bewegt: „Ich bin nicht mit allen Entscheidungen, allen Maßnahmen und der Kommunikation dazu einverstanden“, so Trampe. „Betroffen macht mich aber, dass ein kleiner Teil der Bevölkerung unter Ignoranz der wissenschaftlichen Fakten Stimmung macht und unsere Demokratie infrage stellt. Das ist kein legitimer Protest, sondern eine Gefährdung unserer Gesundheit, um Verschwörungstheorien unter die Leute zu bringen.“ Nur gemeinsam gebe es einen Weg aus der Pandemie – „im Vertrauen in die Wissenschaft und mit Disziplin. Allerdings brauchen wir es, dass die Maßnahmen auch kritisch hinterfragt werden“.

Kai Vogel, SPD-Landtagsabgeordneter: „Das Demonstrationsrecht möchte ich in keiner Weise infrage stellen.“
Kai Vogel, SPD-Landtagsabgeordneter: „Das Demonstrationsrecht möchte ich in keiner Weise infrage stellen.“ © Katja Engler | Katja Engler

Kai Vogel, SPD-Landtagsabgeordneter, hat bereits vor Weihnachten an einer der Mahnwachen vor der Drostei teilgenommen und war auch Montagabend wieder vor Ort. Durch die Pandemie habe es mehrere Tausend Tote gegeben, sagt er. Das Wichtigste sei, die Menschen so gut wie möglich zu schützen: „Das Demonstrationsrecht möchte ich in keiner Weise infrage stellen. Das Ziel vieler Spaziergänger ist es aber, sich nicht an die Regeln zu halten. Das kann ich nicht unterstützen“, sagt Kai Vogel.

Ann-Kathrin Tranziska, Landesvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen, hat die Mahnwache initiiert. Katrin Stange, Sprecherin des Uetersener Ortsverbandes, hat an der „Kreis Pinneberger Erklärung“ mitgeschrieben und sich am Montagabend wieder vor der Drostei postiert: „Die Erklärung ist ein Gemeinschaftswerk. Mir ist besonders wichtig, dass jeder die Impfpflicht kritisch diskutieren kann, auch das Impfen von Kindern. Aber mir geht es um das gesamtgesellschaftliche Problem, den eigenen Egoismus über das Gemeinwohl zu stellen“, sagt sie. Einige hätten das Vertrauen in die Institutionen verloren. „Diese Unsicherheit wird benutzt, um diese Menschen in einer Verschwörungswolke zu vereinnahmen“, so Stange.