Schenefeld. Timo Rother ist Angreifer bei Bundesligist Blau-Weiß 96. Am Sonntag will er mit seinem Team das Pokal-Achtelfinale erreichen.
Timo Rother wohnt in Lurup, hat aber einen Großteil seines Lebens im nicht so weit entfernten Schenefeld verbracht. Meistens in Sporthallen. 20 Jahre ist er alt – 13 Jahre davon spielt er schon Floorball. Von Vereinstreue gesegnet bisher nur bei Blau-Weiß 96. Dort macht er das, was ihm mit dem Schläger und der durchlöcherten Plastikkugel am liebsten ist: Tore schießen.
„Also wenn der Konter läuft und der Querpass so im Umkreis von fünf Metern Torentfernung zu mir kommt, dann kann man sich schon ganz gut auf mich verlassen. Auch wenn das jetzt etwas selbstverliebt klingt“, sagt Rother grinsend. Er sei eben einfach mehr Vollstrecker als Vorlagengeber, aber dabei immer auch Teamspieler und nicht komplett egoistisch. Wenn er aber eine gute Ausgangslage sieht, hält er drauf. „Tore schießen ist ja auch einfach super“, so der Floorballer.
Am Sonntag um 15 Uhr treten die Blau-Weißen bei Zweitligist Hannover Mustangs an
Die nächste Gelegenheit dazu erhält der Angreifer an diesem Sonntag (15 Uhr, An der Feldbuschwende), wenn Blau-Weiß als Erstligist bei Zweitligaclub Hannover Mustangs in den Pokalwettbewerb eingreift. Die ersten beiden Runden fanden noch ohne Bundesligisten statt. „Wir sehen uns ganz klar in der Favoritenrolle. Unser neuer Coach Justus Karnath hat uns gut eingestellt. Wir wollen einen soliden Sieg einfahren und die nächste Runde erreichen. Wir wollen den Schenefelder Willen wieder aufs Parkett bringen, den wir gegen den MFBC Leipzig hatten.“, sagt Rother. Im Duell mit dem amtierenden Deutschen Meister hatte es in der Liga einen überraschenden 8:7-Erfolg nach Verlängerung gegeben – Timo Rother stand für den Siegtreffer goldrichtig.
Die letzten Aufeinandertreffen mit Hannover in der 2. Liga hatte Schenefeld zwar souverän für sich entscheiden, doch die Blau-Weißen ließen viele Tore zu und wurden oft überlaufen. So endete das Heimspiel 15:9, auswärts 10:4. Den Sieger der Pokalpartie erwartet am Wochenende 18./19. Dezember dann das Achtelfinale.
In der Anfangsphase versucht sich Rother zeitgleich auch im Handball
Über drei Jahre hinweg war der Luruper zunächst auch Handballer bei Blau-Weiß 96 auf der Linksaußenposition, letztendlich entschied er sich jedoch für die oft als „Eishockey nur ohne Eis“ titulierte Sportart. Er durchlief alle Jugendteams des Clubs. Ein Ex-Mitspieler, der lieber anonym bleiben will, spricht davon, dass Timo Rother „hochgezüchtet“ wurde. Das könne man bei dieser jahrelangen Aufbauarbeit allerdings auch durchaus so nennen, meint Rother schmunzelnd.
In der 1. Bundesliga ist er in der Scorerliste auf Platz acht – zwei Spiele hat er verpasst – und kommt auf zwölf Tore und neun Vorlagen. Eine bestimmte Treffermarke hat er sich nicht gesetzt. „Ich wünsche mir ein gutes Ergebnis für die Mannschaft, unser Ziel ist der Klassenerhalt. Am besten wäre es, in die Play-offs einzuziehen oder einen der beiden neutralen Plätze zu erreichen. Wir tun alles, um jetzt die Kurve zu kriegen.“
Blau-Weiß 96 hat als Vorletzter Tuchfühlung zum Mittelfeld
Nach neun Spielen mit zwei Siegen, dem Suddendeath-Erfolg gegen Leipzig und sechs Niederlagen ist Blau-Weiß 96 Vorletzter mit Tuchfühlung auf das Tabellenmittelfeld. In der 1. Bundesliga spielen die ersten sechs Teams einen Meister in einer eigenen Play-off-Runde aus – für die Teams auf Rang sieben und acht endet die Saison 2021/22 quasi ohne Verlängerung – darunter liegend geht es in die Play-downs (Abstiegsrunde). Aber das ist alles recht weit entfernte Zukunftsmusik, die Saison ist noch lang.
Mit Wahrscheinlichkeiten beschäftigt sich Rother seit Anfang August in seiner Ausbildung als Kaufmann für Versicherungen und Finanzen. Nach dem Abitur 2020 überstand das Fitness-Studio, in dem Rother sein duales Studium begonnen hatte, die Corona-Situation nicht.
Training ist für Rother nicht Pflicht, sondern Leidenschaft
Sportliche Konstanz legt Rother an den Tag. „Auf jedes Training, bei dem ich dabei sein konnte, hatte ich Bock. Immer. Naja, vielleicht in der Pubertät mal nicht. Aber generell ist meine Motivation immer bei 100 Prozent“, sagt er. Und dann wird es noch einmal kräftig pathetisch: „Ich lebe für den Sport.“ Schließlich ist Floorball „eine der schnellsten Sportarten der Welt. Und ich fand das als Kleiner schon immer super, die Pässe schnell hin und her zu spielen. Dieses Kribbeln, wenn du allein auf den Goalie zuläufst und du das Eins-gegen-Eins-Duell gewinnen willst, gefällt mir“, sagt der 20-Jährige. Viel Zeit in der Saison gibt es neben zwei Trainingseinheiten, Arbeit und Spielen am Wochenende nicht. Zu Rothers großem Glück ist auch seine Freundin Nike Bartz dem Floorball-Wahnsinn verfallen und läuft für den ETV auf.
Als Jugendlicher im Männerteam musste Rother immer eine Schutzbrille tragen
Als Jugendlicher hat er bereits in Schenefelds Männer-Team mitgespielt, sein Markenzeichen damals: eine markante Schutzbrille. U18-Akteure müssen jene in den beiden höchsten Ligen tragen – Vorschrift der International Floorball Federation. „Ich fand die immer hässlich. Viele haben mich aufgezogen. Vor allem meine Eltern, die mich immer hämisch daran erinnert haben, dass ich bloß nicht meine Brille vergessen solle.“
Mit Erreichen der Volljährigkeit wurde das modische und schützende Accessoire jedoch schnell wieder abgelegt, der Fokus noch intensiver auf Floorball gelegt. Ist die Nationalmannschaft ein Thema? „In der U19 stand ich schon im Kader, hab es damals aber dann doch nicht zur WM geschafft. Aber klar, Ambitionen und die Lust sind da, es in die Herren-Mannschaft oder beziehungsweise erst einmal in das neue U23-Team zu schaffen“, sagt der Luruper.
Denkwürdigste Partie seiner Karriere ist ein Pokalmatch gegen Wernigerode
Gefragt nach einem Spiel, dass ihm besonders in Erinnerung geblieben ist, nennt er den 10:9-Sieg nach Verlängerung über Wernigerode in der dritten Pokalrunde im November 2019. „Als das Siegtor gefallen ist, herrschte eine krasse Atmosphäre in unser Halle. Es waren viele Fans da. Das war die beste Teamleistung und einfach ein super Spiel“, sagt Rother, der auch mal gern ins Kino geht und den HSV-Fußballern die Daumen drückt.
Wer wie Timo Rother auf diesem Niveau Floorball spielt, muss Opfer bringen. Kürzlich ging es mit dem Zug nach Kaufering in Bayern und mit dem noch langsameren Nachtzug wieder zurück – mit einer Niederlage im Gepäck gegen den direkten Abstiegskonkurrenten.