Rellingen. Das Gerät des Startups Airbion aus Rellingen macht nachweislich Viren unschädlich. Taschenversion fürs Flugzeug geplant.
Alle weltweit kursierenden Corona-Viren passen zusammen genommen in eine halbe Coladose. Das hat der britische Mathematiker Christian Yates von der Universität in Bath ausgerechnet. Der Erreger selbst hat laut Yates einen Durchmesser von 100 Nanometern (ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter). Zu klein also für die allermeisten Filter.
Das Rellinger Startup-Unternehmen Airbion hat jetzt einen Luftreiniger auf den Markt gebracht, der nachgewiesenermaßen Corona-Viren zerstört, aber offenbar nach einem völlig neuen Prinzip funktioniert. Ein ziemlich genialer Professor namens Gregor Luthe hat die Basis dafür den Fledermäusen von Iowa (USA) abgeschaut.
Luthe ist knapp 50 und lebt in Gronau/Westfalen. Er ist promovierter Chemiker, Toxikologe und Nanotechniker und hat – neben unzähligen weiteren Erfindungen – besagten Luftreiniger entwickelt. Seine Laufbahn als Wissenschaftler ist beeindruckend: Seinen Post-doc hat er als Humboldt-Stipendiat in Toxikologie an der Universität Iowa in den USA gemacht, wo er bis heute als Gastprofessor lehrt. Luthe arbeitete außerdem an Universitäten in Trondheim, auf Hawaii, der Fachhochschule Enschede und der Jacobs-Universität Bremen. 2013 wählte ihn Science Guide zum Professor des Jahres.
Es war reiner Zufall, dass Gregor Luthe und Eduard Schubert (50) sich vor einem Jahr kennenlernten. Damals hatte Luthe gerade seine Firma Luftkurholz gegründet, die Deckenplatten als Luftreiniger vertreibt, welche mittels Aktivkohle schädliche Chemikalien wie Weichmacher und flüchtige organische Verbindungen aus der Luft holen, etwa in Schulen. Schubert und Luthe kamen ins Gespräch. Als Vater von vier Kindern hatte Schubert nach 25 Manager-Jahren beim US-Konzern Hewlett-Packard gekündigt, weil er am Ende keinen Sinn mehr darin sah, Colaflaschen auf digitalem Weg mit Namen zu bedrucken und unter die Jugend zu bringen. „Ich wollte etwas anderes aus meinem Leben machen.“
Firma entwickelt Luftreiniger, der Coronavirus zerstört
Luthe dabei zu unterstützen, seine Erfindungen unter die Leute zu bringen und damit „die Welt etwas besser zu machen“, ist seitdem sein Ziel. Luthe gehörte offenbar schon immer zu denen, die sich als Entgifter und Verbesserer verstanden haben. Er hat auch mit jenem US-amerikanischen Professor zusammengearbeitet, der den Wasservergiftungs-Skandal in Hinkley aufgedeckt hatte, der den Stoff für den Hollywood-Film „Erin Brokovich“ hergab. Die Hauptrolle spielte Julia Roberts.
Aber zurück nach Rellingen. Dort warten weiße, 17 Kubikzentimeter große Geräte auf Abnehmer. Innerhalb einer Stunde können sie bis zu 90 Kubikmeter Luft reinigen, sagt Eduard Schubert. In „das Coronaproblem“ sei er „ohne Sachverstand reingeschlittert“, erzählt er. Denn anfangs sei es gar nicht um Corona gegangen, sondern um die Entfernung von gefährlichem Ultra-Feinstaub aus der Luft. Luthe habe ihm gesagt, er könne Nanopartikel bewegen. Schubert dachte sofort: „Das kann kaum jemand. Wie macht er das?“
So funktioniert das Gerät
An dieser Stelle kommen die Fledermäuse ins Spiel, die Luthes Freund, ein Biologe, gründlich beobachtet hatte: „Er hat herausbekommen, dass Fledermäuse Ultraschall einsetzen, um ihre Beute zu finden. Luthes Schlussfolgerung war dann, dass dieses Prinzip auch uns Menschen helfen könnte“, so Schubert.
Die Airbion-Technologie funktioniert so, dass sie die Viren mithilfe von Ultraschall aus der Luft ansaugt. Dadurch werden sie zusammengeballt, sodass sie irgendwann nicht mehr dem Gasgesetz folgen, sondern dem Gesetz der Schwerkraft. Das bedeutet: Zusammengeklebt wird ein Klumpen Viren, deren Hüllen dabei kaputtgehen, schwerer, größer und damit angreifbar. So vergrößert, kann das Innere des Airbion-Gerätes sie mithilfe verkapselten UVC-Lichtes zerstören, indem es deren Erbgut (RNA) zerbricht. Im Anschluss wird alles ultrahocherhitzt – und aus die Maus für Viren und Bakterien.
„Die Stellungnahme der Gesellschaft für Aerosolforschung e.V. bestätigt unsere Überzeugung, dass Luftreinigungsgeräte in dieser Situation einen zentralen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten müssen“, sagt Schubert. Da das Airbion-Gerät seine Fähigkeit zur 99,99-prozentigen Virenzerstörung auf zwei mal zwei Kubikmetern erreicht, sollte es idealerweise nahe einer Person aufgestellt werden, die geschützt werden muss. Ist der Abstand größer, sinkt der Umfang der Virenabsorption.
Diese Corona-Impfstoffe sind in Deutschland zugelassen
- Biontech/Pfizer: Der erste weltweit zugelassene Impfstoff gegen das Coronavirus wurde maßgeblich in Deutschland entwickelt. Der mRNA-Impfstoff, der unter dem Namen Comirnaty vertrieben wird, entwickelt den vollen Impfschutz nach zwei Dosen und ist für Menschen ab zwölf Jahren zugelassen. Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat er eine Wirksamkeit von etwa 90 Prozent – das heißt, die Wahrscheinlichkeit, schwer an Covid-19 zu erkranken, sinkt bei Geimpften um den genannten Wert. Ebenfalls von Biontech stammt der erste für Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren zugelassene Impfstoff in Deutschland.
- Astrazeneca: Der Vektorimpfstoff des britischen Pharmaunternehmens wird unter dem Namen Vaxzevria vertrieben. Aufgrund von seltenen schweren Nebenwirkungen empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko), den Impfstoff nur für Patienten zu verwenden, die älter als 60 Jahre sind. Offiziell zugelassen ist der Impfstoff aber für Menschen ab 18 Jahren. Vaxzevria weist laut BMG nach zwei Impfdosen eine Wirksamkeit von bis zu 90 Prozent in Bezug auf schwere Erkrankungen auf.
- Moderna: Der von dem US-Unternehmen entwickelte mRNA-Impfstoff mit dem Vertriebsnamen Spikevax ist für alle ab 12 Jahren zugelassen, die Stiko empfiehlt aufgrund eines erhöhten Risikos schwerer Nebenwirkungen aber, ihn auf die Altersgruppe der über 30-Jährigen zu beschränken. Der Moderna-Impfstoff hat laut BMG eine Wirksamkeit von bis zu 90 Prozent in Bezug auf schwere Erkrankungen, wenn der volle Impfschutz nach zwei Impfdosen erreicht worden ist.
- Johnson&Johnson: Das US-Unternehmen hat einen Vektorimpfstoff entwickelt, der bereits nach einer Impfdosis Schutz vor dem Coronavirus entwickelt. Er wird unter dem Namen Covid-19 Vaccine Janssen vertrieben. Das Präparat hat laut BMG eine Wirksamkeit von bis zu 70 Prozent bezogen auf schwere Erkrankungen – zudem ist die Zahl der Impfdurchbrüche im Vergleich zu den anderen Impfstoffen erhöht, daher empfiehlt die Stiko für mit Johnson&Johnson Geimpfte schon nach vier Wochen eine zusätzliche Impfdosis mit Comirnaty oder Spikevax, um den vollständigen Impfschutz zu gewährleisten.
- Novavax: Das US-Unternehmen hat den Impfstoff Nuvaxovid entwickelt. der mitunter zu den sogenannten Totimpfstoffen gezählt wird. Er enthält das Spike-Protein des Covid-19-Erregers Sars-CoV-2. Dabei handelt es sich aber genau genommen nicht um abgetötete Virusbestandteile, die direkt aus dem Coronavirus gewonnen werden. Das Protein wird stattdessen künstlich hergestellt. Das menschliche Immunsystem bildet nach der Impfung Antikörper gegen das Protein. Der Impfstoff wird vermutlich ab Ende Februar in Deutschland eingesetzt und soll laut BMG in bis zu 90 Prozent der Fälle vor Erkrankung schützen.
- Weitere Impfstoffe sind in der Entwicklung: Weltweit befinden sich diverse Vakzine in verschiedenen Phasen der Zulassung. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA prüft derzeit das umstrittene russische Präparat Sputnik V sowie die Impfstoffe der Hersteller Sinovac, Sanofi und Valneva. Der deutsche Hersteller CureVac hat seinen Impfstoff vorerst aus dem Zulassungsverfahren zurückgezogen.
Das allein ist interessant. Noch spannender wird es aber da, wo Schubert über das Potenzial des Systems von Gregor Luthe spricht. Der Manager in ihm sei nämlich da erwacht, wo er die Tragweite des Luftreinigungssystems begriffen habe, sagt Schubert. „Ich baue derzeit ein Netzwerk auf. Wir stehen kurz davor, an die Börse zu gehen.“ Weil in Deutschland Konservativismus und Vorsicht vorherrschten, geschehe das in den USA, wo er viele Kontakte habe: „Die sind bereit, etliche Millionen in die Firma zu stecken“, sagt er. Sechs Investoren seien mit von der Partie, „die genau auf so etwas gewartet haben“, so Schubert.
Auch an tragbaren Versionen wird gearbeitet
Nun kann ein Unternehmer viel behaupten. Aber Investoren lassen sich selten blenden. Sie brauchen Fakten und Beweise. Die lieferten Luthe und Schubert von oberster Stelle, nämlich von der Harvard University und dem renommierten Aerosol-Labor, das für das National Institute of Health und die Unterwriters Laboratories Messungen macht. „Das Feedback war Wahnsinn“, sagt Schubert: „99,99 Prozent ohne Chemie, ohne Filter und deren Austausch, und ohne Emission.“
Derzeit werde sowohl an Großgeräten, als auch an tragbaren Versionen gearbeitet. „Wenn ich mit dem Flugzeug fliege, habe ich meinen kleinen Prototypen in der Jackentasche. Er ist drei mal drei mal vier Zentimeter groß“, verrät Schubert. Im Gespräch ist der Einsatz von Luthes Technologie in Klimaanlagen, aber auch in Krankenhäusern, die seit einiger Zeit gegen multiresistente Keime kämpfen. Auch denen könne das kleine Maschinchen den Garaus machen, sagt Schubert.
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In Operationssälen würde aber nicht nur saubere Luft gebraucht, sondern auch absolut sauberes Wasser. „In einem europäischen Projekt arbeiten wir daran, unser Gerät an die herkömmlichen HEPA-Filter anzuschließen“, so Schubert. Diese kapitulierten bei etwa 2500 Nanometern. Luthe habe zudem wieder ein Patent für ein von ihm erfundenes System angemeldet, um Mikroplastik und Feinstaub aus dem Wasser zu holen.
Die Technik setzt er jetzt in einem EU-geförderten Projekt mit großen Partnern wie der Forschungsorganisation SINTEF in der Lagune von Venedig um. Auch Flugzeugherstellern arbeitet Airbion inzwischen zu. „Die Erfindung hat sehr viel Potenzial“, sagt Schubert. Er versuche aber, bescheiden zu bleiben und sage sich: „Das Wichtigste ist, dass wir der Menschheit Hoffnung geben in dieser schrecklichen Zeit, die erst begonnen hat und noch lange nicht vorbei ist.“