Kreis Pinneberg. Rainer Bonnhoff betreibt eine Biogasanlage in Klein Offenseth-Sparrieshoop. Was ihn an der Energiepolitik nervt.

Rainer Bonnhoff ist genervt von der deutschen Energiepolitik, die sich „alle paar Jahre ändert“. Er kann sich noch gut an die Zeiten erinnern, während denen Biogasanlagen als Zukunftstechnologie propagiert wurden. Mit nachwachsenden Rohstoffen wird Energie erzeugt, und die Landwirte können sich eine zusätzliche Einnahmequelle schaffen. Er ist 2006 auf den Ökotrend aufgesprungen und hat mit der Bonnhoff Buchenhof Bioenergie GmbH Co KG eine der größten Anlagen in Schleswig-Holstein geschaffen.

Biogas aus der Region als Alternative zu russischem Erdgas?

Doch jetzt, wo angesichts des Krieges in der Ukraine fieberhaft nach Alternativen zu fossilen Energieträgern aus Russland gesucht werde, bleibe seine Branche außen vor. „Von der Politik kommt nichts“, sagt der Landwirt aus Klein Offenseth-Sparrieshoop. Schon seit 2012 stagniere die Branche. Er würde sich zum Beispiel eine klare Aussage des ehemaligen schleswig-holsteinischen Umweltministers und jetzigen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck von den Grünen wünschen. Ihm fehlt „die moralische Unterstützung, dass man uns braucht“.

Die Biogasanlage in Klein Offenseth-Sparrieshoop gehört zu den zehn größten in Schleswig-Holstein.
Die Biogasanlage in Klein Offenseth-Sparrieshoop gehört zu den zehn größten in Schleswig-Holstein. © Bonnhoff | Bonnhoff

Bonnhoff gehört zu den Pionieren der Branche und hat frühzeitig voll auf die regenerative Energieerzeugung gesetzt. Heute stehen drei Fermenter, zwei Nachgärer und zwei Gärrestlager auf seinem Hof. Die kreisrunden Anlagen haben Durchmesser zwischen 25 und 38 Metern. Auf 600 Hektar wird von ihm nicht nur Mais zur Energieproduktion angebaut, sondern auch Gras, Zuckerrüben und Getreide. Angesichts der Ernährungsunsicherheiten durch den Ukraine-Krieg denkt er übrigens darüber nach, den Getreideanteil zu erhöhen. Heute produziert Bonnhoff mit sechs festen Mitarbeitern – der Betrieb bildet auch aus – 15 Millionen Kilowatt Strom und 17 Millionen Kilowatt Wärme im Jahr.

Neben der Stromproduktion hat er sich frühzeitig um eine Abnahme der produzierten Wärme gekümmert. Mit Rosen Kordes, der größten Rosenbaumschule Europas, hat er bereits 2007 einen ersten prominenten Kunden geworben. Heute ist seine Gesellschaft für die Gemeinde Klein Offenseth-Sparrieshoop Vollversorger für die Grundschule, das Gemeindezentrum und das Feuerwehrhaus. „Die Gemeinde ist frei von fossilen Brennstoffen“, sagt Bonnhoff, der sich als zweiter stellvertretender Bürgermeister auch politisch im Dorf engagiert.

Biogas: Bonnhoff ist Mit-Gründer des Vereins Nachhaltige Energie

Zudem werden drei Wohnblöcke mit insgesamt 40 Wohneinheiten mit Wärme versorgt. An die Wärmeleitung zu dem geförderten Wohnprojekt haben sich auch mehrere Hausbesitzer anschließen lassen. „Der Gaspreis steigt, unser Preis bleibt konstant“, streicht Bonnhoff die Vorteile für die Hausbesitzer heraus.

Bonnhoff ist einer der Gründer des Vereins Nachhaltige Energien, in dem sich Biogasanlagen-Betreiber aus ganz Deutschland zusammengeschlossen haben. Und sein Betrieb wurde mehrfach ausgezeichnet. So gab es 2009 einen Preis der Innovationsstiftung Schleswig-Holstein. 2020 wurde der Betrieb vom Fachverband Biogas zur Biogasanlage des Jahres gekürt.

Biogas: Ignoriert Deutschland die Chancen dieser Energiequelle?

Bonnhoff hat auch die Trendwende erlebt, als Biogas plötzlich heftig diskutiert wurde. Die Monokultur Mais wurde kritisiert, obwohl die weitaus meisten Flächen in Deutschland in dieser Form bewirtschaftet werden. „Mais gilt als Humuskiller, aber er speichert auch viermal mehr CO2 als der Wald“, erklärt er. Aus seiner Sicht ist viel zu wenig sachlich argumentiert worden. Politiker hätten Stimmung gegen Biogas gemacht, um sich zu profilieren.

Ein Blick über den Tellerrand kann hilfreich sein. Dänemark hat eine Strategie zur Entwicklung dieser Energiequelle, und in Österreich werden gerade die Investitionen in Biogasanlagen propagiert. Bonnhoff kritisiert, dass von der Politik in Deutschland die Chancen ignoriert würden, die in der Technologie steckten. So würde er gern Getreideschalen zur Energieerzeugung nutzen. Technisch sei das möglich, allerdings müsste er vorher seinen Betrieb als Abfallanlage zertifizieren lassen. Das bedürfe eines voraussichtlich jahrelangen Genehmigungsprozesses, bei dem mehrere Behörden beteiligt werden müssten. Und ein positiver Ausgang des Verfahrens ist aus seiner Sicht keinesfalls sicher. Deswegen lässt er lieber die Finger von dem arbeits- und kostenintensiven Prozess.

Es gäbe allerdings ein einfaches politisches Mittel, den Biogasbauern solche Produktionsmöglichkeiten zu bieten. „Mehr Transparenz bei den Inputstoffen“, fordert Bonnhoff vom Bund, damit die Betreiber mehr Möglichkeiten bekommen. „Es gibt viele Stoffe, die nutzbar wären.“

Biogas, Sonne und Wind als Energieträger der Zukunft

Das von der Berliner Koalition geplante Ende der EEG-Umlage schreckt den Anlagenbetreiber nicht. Und das hängt mit den seit November deutlich gestiegenen Preisen an der Leipziger Strombörse zusammen. Über den Dienstleister NordGröön verkauft er dort einen Teil seines erzeugten Stroms. Bonnhoff kann also auf die Garantievergütung verzichten. Er geht davon aus, dass die Preise nicht mehr auf das alte Niveau fallen werden.

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Allein aus technischen Gründen hält er neben Wind und Sonne das Biogas als dritten Energieträger für unersetzlich in einer modernen, ohne fossile Brennstoffe auskommenden Gesellschaft. „Wir können die Grundlast sichern, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht“, sagt er. Bei der Entwicklung der Windkraft tue sich derzeit wenig. Es boome allein die Photovoltaik. „Aber ist es wirklich erstrebenswert, wenn 60 Hektar große Solaranlagen gebaut werden, wie sie in Bokel geplant sind?“