Kreis Pinneberg. Konservative in Pinneberg sind gegen Gender-Sprache in Behörden. Gleichstellungsbeauftragte bringt das „Hacker-X“ ins Gespräch.

Die sogenannte Gender-Sprache, die alle Geschlechter einbeziehen soll, ist nicht jedermanns Sache. Die CDU-Fraktion will auf der Kreistagssitzung am 16. Juni beantragen, dass Behördentexte der Pinneberger Kreisverwaltung „ab sofort lesefreundlicher und bürgernäher zu verfassen sind“. Zudem solle in allen Mitteilungen, Dokumenten, Vordrucken, amtlichen Schreiben und dem Internetauftritt der Verwaltung auf „grammatikalisch falsche Gender-Sprache verzichtet“ werden.

Damit meinen die Christdemokraten insbesondere die sogenannten Gender-Sterne, den Doppelpunkt oder das Binnen-I. Die Kreisverwaltung setzt zurzeit auf den Stern. So ist von Mitarbeiter*innen, Kund*innen, Bürger*innen oder Ansprechpartner*innen die Rede.

Wahlkampf: Auch Kreis-CDU greift Gender-Thema auf

Die Kreis-CDU greift damit ein Thema auf, das der Hamburger Landesparteichef und Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß kürzlich in der Hansestadt aufs Tapet gebracht hat und über das seitdem bundesweit Gegner und Befürworter der Gender-Sprache lebhaft streiten.

Im Kreis Pinneberg solle bei Anreden die weibliche und männliche Form verwendet werden, damit „die sprachliche Gleichbehandlung von Männern und Frauen“ gewährleistet sei. Es müsse also geschrieben und ausgesprochen Bürgerinnen und Bürger sowie Kundinnen und Kunden heißen.

Und in Schriftform sei eine „möglichst einfache und leicht verständliche Sprache“ anzuwenden, die möglichst auf Fremdwörter verzichte und eher aus kurzen, prägnanten Hauptsätzen als aus langen Bandwurmsätzen bestehe, heißt es in dem CDU-Antrag.

„Gendern ist für mich Privatsache“, begründet der CDU-Abgeordnete Martin Balasus den Antrag der Fraktion. Zu Hause oder in der Freizeit möge jeder so viel gendern, wie er wolle. „Aber Verwaltungsschreiben haben sich an die Regeln und Vorgaben der deutschen Rechtschreibung und Grammatik zu halten“, sagt der Kreispolitiker, der Deutschlehrer an einer Schule in Wedel ist. Und der Gender-Stern oder der Gender-Doppelpunkt seien nicht von den geltenden Rechtschreibregeln gedeckt.

„Sprache sollte nicht spalten, sondern Menschen verbinden“

Zudem trage Gender-Sprache zur Spaltung der Gesellschaft bei, meint der CDU-Politiker. Indem Studentinnen und Studenten, die heute meist Studierende genannt werden, „um ihre Noten bangen müssen, wenn sie in ihren Hausarbeiten nicht konsequent gegendert haben“, so Balasus. Oder indem Migrantinnen und Migranten daran scheitern, diese Behördensprache zu verstehen.

„Sprache sollte aber nicht spalten, sondern die Menschen verbinden und zusammenführen“, sagt Balasus weiter. Und: „Das Gender-Sternchen trägt in hohem Maße dazu bei, dass die deutsche Sprache schwerer verständlich ist und die gefühlte Kluft zwischen dem Durchschnittsbürger und ‚denen da oben‘ noch größer wird.“

Leitfaden für gendergerechte Sprache

Die Gegenposition zum CDU-Antrag vertritt Tinka Frahm als Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Pinneberg. „Sprache ist immer im Wandel. Sie verändert sich ebenso wie die Gesellschaft“, sagt sie.

Und durch den Gender-Stern oder die gesprochene Pause zwischen der männlichen und weiblichen Form, die „glottaler Stopp“ genannt wird, würden nicht nur das männliche und weibliche Geschlecht, sondern auch diverse, transsexuelle oder andere Geschlechtsidentitäten mit angesprochen. Diese Menschen könnten mit der rein männlichen und weiblichen Form nicht berücksichtigt werden, erklärt Tinka Frahm.

Vor einem Jahr, als sie auch das Amt der Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten inne hatte, hat diese einen zwölfseitigen Leitfaden zur „gendergerechten Sprache“ herausgegeben, der auch im Internet zu finden ist.

Vorschläge für eine inklusive Sprache

Darin heißt es, dass die heute immer noch überwiegend männliche Schreibweise, die mit einer „vermeintlich besseren oder leichteren Lesbarkeit“ begründet werde, „nicht nur Frauen, sondern auch trans*- und inter*geschlechtliche Personen sprachlich“ ausschließe und so Machtverhältnisse manifestiere.

In diesem Leitfaden werden auch zahlreiche Beispiele genannt, wie eine gendergerechte Sprache formuliert werden könnte. Statt Lehrer*innen könnte es Lehrende, statt Akteure und Akteurinnen Handelnde oder Agierende und statt Mutter und Vater Elternteil heißen. Und noch einfacher wäre es, Wörter zu „hacken“, so steht es in dem Leitfaden, indem „anstelle einer weiblichen oder männlichen Endung ein X eingesetzt wird: MitarbeitX“!

CDU-Antrag am Mittwoch im Kreistag

Gerade die letzten beiden Beispiele hält CDU-Politiker Balasus für besonders misslungen, weil sie das Sprachverständnis erst recht erschweren würden. „Das sind nur Vorschläge, es gibt keinen Zwang, so vorzugehen“, betont Tinka Frahm. Der Leitfaden nenne nur Möglichkeiten, wie eine geschlechtsneutrale Sprache ausprobiert werden und „wie man es machen kann“.

Der CDU-Antrag wird am Mittwoch kommender Woche auf der Kreistagssitzung beraten, die um 18 Uhr als Videokonferenz im Kreishaus in Elmshorn beginnt. Der SPD-Politiker Hannes Birke sagt schon jetzt dazu: „Ich bediene mich nicht der Gender-Sprache und sage lieber ‚meine Damen und Herren‘“. Gleichwohl halte er diese Diskussion für „ein völlig nebensächliches Thema, das keine besondere politische Aufmerksamkeit verdient“.