Bönningstedt. Totalausfall: Post stellt 2000 Bönningstedter Haushalte auf die Geduldsprobe. Wer die Briefe jetzt zustellen muss.

Die Deutsche Post hat viele Bönningstedter auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Gut zwei Wochen lang haben in der 4500 Einwohner zählenden Gemeinde nahezu alle Haushalte keine Briefe mehr zugestellt bekommen. Erst von Dienstag dieser Woche an ist die rückständige Post ausgeliefert worden.

„Das ist ein unhaltbarer Zustand für unsere Gemeinde“ schimpft Bürgermeister Rolf Lammert (CDU). Die Post begründet die mehrwöchige Zustellungspause mit vielen Krankheitsfällen, die nicht sofort und adäquat hätten ersetzt werden können.

„Das ist total ärgerlich und nervig“, sagt Abendblatt-Leserin Marlis „Mascha“ Bangen-Ermisch. „So etwas habe ich in den 44 Jahren noch nicht erlebt, die ich hier in Bönningstedt wohne“, so die gebürtige Westfälin. Seit Ende November sei ihr Briefkasten leer geblieben. Schon die dritte Ausgabe in Folge eines Nachrichtenmagazins, das sie sich mit der Post zuschicken lässt, sei nicht wie üblich am Montag dieser Woche angekommen.

Völlig überraschend entdeckte sie beim Fototermin mit dem Abendblatt-Reporter dann den völlig überquellenden Briefkasten mit den inzwischen alten Zeitschriften und den nicht rechtzeitig zugestellten Briefen und Postsendungen.

Pinneberg: 2 Wochen lang keine Post

„Ich bin davon nicht allein betroffen“, sagt die 73 Jahre alte Rentnerin. „Ganz Bönningstedt scheint keine Post mehr bekommen zu haben. Auch alle meine Nachbarn nicht. Bis heute kam einfach nichts mehr an.“ Von der Post habe sie dazu nichts gehört. Sie wiederum musste mit der Vertriebsstelle des Nachrichtenmagazins klären, ob und wie sie die nicht zugestellten Exemplare noch erhalten könne oder ob sie die gutgeschrieben bekomme.

Das seien zeitaufwendige, nervige und kraftraubende Erörterungen am Telefon gewesen, die sie gern verzichtet hätte. Auch ihre Kontoauszüge, Kreditkartenabrechnungen oder die Stromableseformulare, die ihr Energieversorger immer Anfang Dezember verschicke, hätten sie nicht erreicht, ärgert sie sich.

Beim Bürgermeister klingelte das Telefon ununterbrochen

Bei Bönningstedts Bürgermeister Rolf Lammert klingelte zeitweise das Telefon ununterbrochen. Ständig meldeten sich Mitbürger bei ihm, die ihm von dem Post-Malheur berichteten. „Da sind Einschreiben und Rechnungen nicht angekommen, die jetzt womöglich zu Mahnungen und weiteren Unannehmlichkeiten führen können“, sagt Lammert. Auch Geschäftsbetreiber seien unter den Anrufern gewesen, die wichtige Geschäftspost nicht erhalten hätten und nun womöglich Termine nicht einhalten konnten oder mit anderen Scherereien rechnen müssten. Eine wollte deshalb schon Strafantrag stellen.

Insgesamt seien seit Anfang Dezember bis zu 2000 Abgabestellen in Bönningstedt von diesem Briefpost-Totalausfall betroffen gewesen, sagt Postsprecher Stefan Laetsch auf Abendblatt-Anfrage. Er begründet diesen zweiwöchigen Missstand mit den „deutlich erhöhten Brief- und Paketmengen“ jetzt in der Vorweihnachtszeit, die sich aufgrund der verschärften Corona-Regelungen für die einzelnen Austräger nochmals erhöht hätten. „Zusätzlich waren einige Mitarbeiter erkrankt, sodass es leider zu Rückständen in der Zustellung gekommen ist“, teilt Postsprecher Laetsch auf Anfrage mit.

Seit die Post wieder kommt, landet sie oft im falschen Briefkasten

Die Deutsche Post habe versucht, diese Krankheitsausfälle in Bönningstedt auszugleichen, indem sie „Personal aus anderen Bereichen eingesetzt hat, um die hohen Mengen abzuarbeiten“, erläutert Laetsch. Darunter seien auch mehr als 20 Führungskräfte gewesen, die selbst auf Zustellung gegangen seien. „Zusätzlich haben wir neue Mitarbeiter eingestellt, die derzeit eingearbeitet werden.“

Das könnte auch die Beobachtung von Bönningstedts Bürgermeister Lammert erklären, der in letzter Zeit häufig Postbriefe seiner Nachbarn in seinem Briefkasten fand – und diese wiederum seine in ihren. „Ich habe sie dann an die richtigen Adressen verteilt“, sagt Lammert. „Aber das ist ja nicht meine Aufgabe. Die Briefträger arbeiten im Moment flusig.“

Deutsche Post: Rückstand bis Ende dieser Woche abgearbeitet

Postsprecher Laetsch geht davon aus, „dass wir bis spätestens Ende dieser Woche alle Sendungen zugestellt haben werden.“ Bis Mitte der Woche seien die Rückstände bereits zu 80 Prozent abgearbeitet worden. Am Einsatzwillen und Engagement seiner Kollegen liege es nicht, beteuert Laetsch.

„Seien Sie versichert, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben auch in diesen herausfordernden Zeiten ihr Bestes, damit alle Briefe und Pakete möglichst taggleich zugestellt werden. Wir sind auch weiterhin auf Personalsuche.“ Interessenten könnten sich auf www.werde-einer-von-uns.de informieren und bewerben.

„Wir bitten unsere Kunden in Bönningstedt um Entschuldigung für die Verzögerungen“, sagt der Postsprecher noch auf Nachfrage. Die betroffenen brieflos gebliebenen Bürger könnten aber nicht mit einer persönlichen Entschuldigung seitens der Deutschen Post rechnen. „Wir können es nicht leisten, alle diese Kunden anzuschreiben.“ Das würde auch gegen den Datenschutz verstoßen.