Wedel. Der Bundesarbeitsminister zu Gast bei Thomas Hölck in Wedel. Dort erklärte er die „Weiterbildungsrepublik“ Deutschland.

Hoher Besuch zum Wahlkampf-Auftakt der SPD im Kreis Pinneberg. Seit dem Wochenende hängen überall wieder die Plakate der Kandidaten für die Landtagswahl in sechs Wochen. Und die Parteien versuchen, mit prominenten Polit-Gästen aus Kiel und Berlin bis zum 8. Mai für sich zu werben. An der Elbe machte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil für knapp zwei Stunden Station in Wedel, bevor er weiter nach Büsum an die Nordsee fuhr, um danach den SPD-Spitzenkandidaten Thomas Losse-Müller in einem Dorf bei Eckernförde an der Ostsee zu treffen. „Ich mache Wahlkampf und unterstütze die Kollegen heute den ganzen Tag in Schleswig-Holstein“, sagte Heil.

In Wedel war dies der Landtagsabgeordnete Thomas Hölck aus Haseldorf, der nach 2005 wieder einmal den Wahlkreis Uetersen – Wedel – Haseldorfer Marsch gewinnen will. In der Elbestadt warb Heil für die finanziellen Entlastungspakete, die die Ampel-Koalition gerade zum Ausgleich der inflationär steigenden Preise vor allem auf dem Energiesektor geschnürt hat. So werde ab Juli die Ökostrom-Umlage wegfallen, die zurzeit jede Kilowattstunde Verbrauch immer noch um 3,7 Cent teurer mache.

Hubertus Heil: Kindergelderhöung und Einmal-Zuschüsse

Gleichzeitig werde das Kindergeld für bedürftige Familien um 20 Euro erhöht, was rund drei Millionen Kindern zugutekäme, so Heil. Zudem werde es Einmal-Zuschüsse für ärmere Familien und 200 Euro für Leistungsempfänger von der Grundsicherung geben. „Davon werden auch viele Rentner profitieren, die die Hälfte dieser Grundsicherungsempfänger stellen“, kündigte Heil an. „Danach haben mich heute einige Passanten in der Wedeler Innenstadt gefragt.“ Wohlhabende dagegen würden leer ausgehen. Die könnten das aus eigener Kraft schaffen.

Hauptziel des Arbeitsministers sei es, die deutsche Wirtschaft weiterhin stabil durch „die größte Wirtschaftskrise“ nach dem Krieg zu führen, die der Corona-Lockdown verursacht habe und durch den Krieg in der Ukraine weiter verschärft werde. Das sei mit dem verlängerten Kurzarbeitergeld gut gelungen, findet Minister Heil. „Dadurch haben wir hier einen Crash auf dem Arbeitsmarkt verhindern können.“ 42 Milliarden Euro habe es bislang den Steuerzahler gekostet, bis zu sechs Millionen Kurzarbeiter zu bezahlen. Zurzeit seien es noch eine Million, die so alimentiert würden.

Hubertus Heil: Wahlkampfauftakt in Pinneberg

Im Oktober werde auch wie versprochen der Mindestlohn auf zwölf Euro angehoben. 6,5 Millionen Beschäftigte würde das zugutekommen, die auf diese Weise eine Lohnerhöhung von durchschnittlich 22 Prozent erhielten. „Das haben die Menschen, die hart arbeiten, verdient“, sagte Heil. Vor allem Frauen und Mütter werde das entlasten.

Der Arbeitsminister plant zudem durch bestimmte Maßnahmen, Arbeitslosigkeit bereits zu begegnen, bevor sie entsteht. Dafür solle die Arbeitslosenversicherung in eine Arbeitsversicherung und die Bundesagentur für Arbeit in eine für Agentur für Arbeit und Weiterbildung umgewandelt werden, kündigt Heil an. „Wir wollen Deutschland zu einer Weiterbildungsrepublik machen.“

Recht auf ein Jahr Weiterbildung für Arbeitnehmer

So solle jeder Arbeitnehmer das Recht haben, sich ein Jahr lang weiterzubilden. Bei Teilzeitbeschäftigten sogar zwei Jahre lang. Die Arbeitgeber würden in dieser „Bildungszeit“ ihrer Mitarbeiter vom Staat entlastet. Diese Neuerung will die Bundesregierung im kommenden Jahr gesetzlich einführen. Auch das Recht auf mobiles Arbeiten zum Beispiel im Home-Office gehöre dazu, das es in den Niederlanden bereits seit 2015 sehr erfolgreich gebe und nur abgelehnt werden dürfe, wenn betriebliche Gründe dagegen sprächen.

Um dem anhaltenden Fachkräftemangel zu begegnen, müsse zudem jungen Menschen dringend der Übergang von der Schule in den Beruf erleichtert werden, fordert Minister Heil. 50.000 Jugendliche verließen jedes Jahr ohne Abschluss die Schule. Und 1,3 Millionen junge Menschen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren seien heute kaum vermittelbar, weil sie keine Berufsausbildung hätten. „So produzieren wir den Nachwuchs für Hartz IV.“

Das soll sich ändern, indem diesen jungen Menschen die zweite oder dritte Chance für eine Berufsausbildung ermöglicht werde. Auch durch finanzielle Anreize, kündigt Minister Heil an. So sollten sie 150 Euro zusätzlich im Monat zu ihren Sozialleistungen erhalten, wenn sie sich zu einer Ausbildung entschließen würden. Zugleich werde den Betroffenen auch bei den Jobcentern Vorrang bei einer Ausbildung eingeräumt, noch vor der Aufnahme einer Hilfstätigkeit.

Berufsorientierung in Schulen bereits ab der fünften Klasse

Und in den Schulen sollte die Berufsorientierung der Schüler bereits in der fünften Klasse beginnen, fordert Minister Heil. Damit später weniger junge Menschen ihr Studium abbrechen würden, weil ihnen die hierzulande hervorragende duale Ausbildung nicht richtig schmackhaft gemacht worden sei.

„Wir brauchen mehr Durchlässigkeit zwischen dem Studium und der Berufsausbildung und umgekehrt“, sagte Minister Heil. „Das Land braucht nicht nur Master, sondern auch sehr viele Meister.“ Mit dieser Losung ging es weiter – zur nächsten Wahlkampfstation.