Kreis Pinneberg. Klimabündnis will LNG-Terminal und die Leitungen im Kreis Pinneberg verhindern. Beim Land wird Widerspruch eingelegt.

Das Klimabündnis gegen LNG – bestehend aus Bürgerinitiativen, der Deutschen Umwelthilfe und BUND Kreisgruppen – hat eine Stellungnahme gegen die Aufnahme des LNG Importterminals Brunsbüttel im Landesentwicklungsplan Schleswig-Holstein eingereicht. Es kämpft seit Oktober 2018 gegen Flüssiggas-Terminals und unterstützt die Gegner im Kreis Pinneberg bei ihrem Protest.

Die Landesregierung will die Nutzung von Flüssigerdgas (LNG steht für Liquefied Natural Gas) im Energie-, Verkehrs- und Wärmesektor ermöglichen. Dafür braucht es Betankungs- und Bunkereinrichtungen sowie Terminals zur Anlandung und Leitungen. Im Gespräch für Terminals sind die Standorte: Stade, Brunsbüttel und Wilhelmshaven.

Ein LNG-Terminal wurde verworfen

Das am Standort Wilhelmshaven geplante Terminal wurde mittlerweile vom Energiekonzern Uniper abgesagt. Die schleswig-holsteinische Landesregierung argumentiert aber, dass LNG als umweltfreundlicher Kraftstoff für Schiffe und energiepolitisch zur Verringerung der Abhängigkeit von pipelinegebundenen Erdgas-Importen wichtiger wird.

Der industrielle Bedarf am Energieträger Gas sei insbesondere im Raum Brunsbüttel und Umgebung hoch, so die Befürworter. An der Elbe in Brunsbüttel soll daher das erste deutsche LNG Importterminal entstehen. Auf den Kreis Pinneberg hat das große Auswirkungen: die XXL-Gastrasse für die Erdgasleitungen würden direkt durch das Naturschutzgebiet Haseldorfer Marsch führen. Hier regt sich Widerstand.

„Der Landesverband der Grünen hat bereits zwei Mal gegen das Terminal und die durch sensible Entwässerungsgebiete führende Anschlussleitung gestimmt“, sagt Ralf Hübner, Vorsitzender der ARGE Umweltschutz Haseldorfer Marsch, die sich dem Klimabündnis angeschlossen hat.

Negative Klimawirkung

„Wir verstehen nicht, wieso trotzdem mit der Aufnahme im Landesentwicklungsplan dem noch nicht einmal angestoßenen Planfeststellungsverfahren vorgegriffen werden soll.“ Negative Auswirkungen von LNG seien klar belegt und mit den Klimaschutzzielen Deutschlands unvereinbar. „Der Bedarf an Erdgas wird unter Einhaltung der Klimaschutzziele sinken und darf nicht unnötig zementiert werden.“

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die die lokale Bürgerinitiative unterstützt, hat die Landesregierung mehrfach auf die negative Klimawirkung von LNG und den Import von umweltschädlichem US-Fracking-Gas in Form von LNG informiert. Dabei will die Regierung bis spätestens 2050 unabhängig von fossilen Energieträgern sein. „Dennoch soll die privatwirtschaftliche Investition mit öffentlichen Mitteln gefördert werden“, sagt Sascha Boden vom DUH dem Abendblatt.

Dabei seien die Kosten der in Deutschland geplanten LNG-Importterminals um ein Vielfaches höher als bisher bekannt. „Damit das Gasnetz das zusätzliche Erdgas aus den geplanten LNG-Terminals in Brunsbüttel und Stade auch aufnehmen kann, müssen neue Pipelines verlegt, bestehende Pipelines erweitert und technische Anlagen nachgerüstet werden“, sagt Boden. Dieser Ausbau würde bis zu 641 Millionen Euro kosten. Kosten, die am Ende auf die Gaskunden umgelegt werden. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte die Kosten mit 134 Millionen Euro beziffert.

Umweltschützer: Erdgasbedarf ist in Europa bereits gedeckt

„LNG ist klimaschädlich, weil es extrem energieaufwendig umgewandelt werden muss und aufgrund des langen Transports“, sagt Andy Gheorghiu, der seit acht Jahren gegen Fracking kämpft und sich dem Klimabündnis angeschlossen hat. Bei der Umformung würden 25 Prozent der Energie verloren gehen. Zudem soll das Gas aus den USA importiert werden, wo es teilweise durch Fracking gefördert wird. „Es soll auch Fracking-Gas importiert werden, das wegen seiner extrem umweltschädlichen Fördermethoden in Deutschland erboten ist“, sagt Boris Steuer, Zweiter Vorsitzender der ARGE Haseldorfer Marsch. Zudem würde eine Methanleckage sogar einen Anstieg der Treibhausgasemissionen zur Folge haben. „Methan ist Hauptbestandteil von Erdgas und 87-mal klimaschädlicher als CO2.“

Ralf Hübner (v.l., Vorsitzender der arge Umweltschutz Haseldorfer Marsch, Constantin Zerger (Deutsche Umwelthilfe, DUH, Leiter Energie und Klimaschutz), Andy Ghorghiu (food & water europe)
Ralf Hübner (v.l., Vorsitzender der arge Umweltschutz Haseldorfer Marsch, Constantin Zerger (Deutsche Umwelthilfe, DUH, Leiter Energie und Klimaschutz), Andy Ghorghiu (food & water europe) © Thomas Pöhlsen | Thomas Pöhlsen

Die Umweltschützer verweisen auf eine Stellungnahme für das irische Klimaschutzkomitee. In diesem hatten Wissenschaftler von der Cornell Universität in New York errechnet, dass LNG-Importe aus den USA nach Irland eine um 44 Prozent höhere Klimawirkung als Kohle hätten. Für Deutschland dürften die Zahlen ähnlich hoch sein. Dabei gebe es nicht mal Bedarf an Erdgas. Denn laut DUH verfügt Deutschland über die größten Erdgasspeicherkapazitäten Europas und die viertgrößten weltweit. „Die bestehenden Gasimportkapazitäten sowie die Gasspeicherkapazitäten übersteigen Deutschlands Verbrauch um mehr als das Dreifache“, sagt Sascha Boden.

Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hätte bestätigt, dass neue LNG-Terminals und Gaspipelines überflüssig sind in Europa. „Die Bundesregierung selbst geht in ihrem Nationalen Energie- und Klimaschutzplan davon aus, dass der Erdgasbedarf perspektivisch zurückgehen wird. Auch das Umweltbundesamt hat dies in einer Analyse dargelegt.“

Das Gas-Terminal soll zudem in unmittelbarer Nähe zum ehemaligen Atomkraftwerk und derzeitigen Atommüll-Lager Brunsbüttel und einem Chemiepark errichtet werden. „Die Deutsche Umwelthilfe hat mit einem Rechtsgutachten belegt, dass an dem geplanten Standort ein LNG-Terminal nicht genehmigungsfähig ist“, sagt Sascha Boden und verweist auf schwere Unfälle an LNG-Terminals weltweit.

Forschungsergebnisse zeigten auch, dass der Umstieg auf LNG bei der Antriebstechnik im Transportsektor nicht nur teurer sei, sondern auch Klimaziele nicht erreicht werden können. Die Umweltschützer halten Flüssiggas als Schiffsantrieb für nicht geeignet. „Bei den benötigten 22 Milliarden US-Dollar Investments in LNG-Infrastruktur bis 2050 kann lediglich eine Treibhausgas-Reduktion von etwa sechs Prozent erreicht werden“, sagt Andy Gheorghiu. „Wenn Schiffe jetzt umgerüstet werden, die in ein paar Jahren wegen der klimapolitischen Ziele wieder obsolet sind, hat das keinen Sinn“, sagt er.

Eine Investition in grünen Wasserstoff – sobald dieser in ausreichenden Mengen vorhanden sei – sei sinnvoller. Zudem könnten die LNG-Leitungen keinen Wasserstoff transportieren. „Es wäre eine rein fossile Infrastruktur“, so Andy Gheorghiu. Einwendungen gegen den Landesentwicklungsplan Schleswig-Holstein sind noch bis zum 22. Februar möglich. Die DUH hat angekündigt, gegen den Bau des LNG Terminals zu klagen.