Elmshorn. Marco Klein war jahrelang Mordermittler. Jetzt wechselt er nach Elmshorn – als Kopf der Kriminalpolizei.

Fast 18 Jahre bei der Mordkommission: „Für einen Mörder bedeutet das lebenslang“, sagt Marco Klein. Für den 53-Jährigen gilt das aber nicht. Der langjährige Leiter der Mordkommission der Bezirkskriminalinspektion Itzehoe hat jetzt nämlich einen neuen Job. Seit Anfang Mai ist der zweifache Vater Chef der Kriminalpolizei in Elmshorn.

Elmshorn: Kriminalpolizei hat einen neuen Chef

Der Erste Kriminalhauptkommissar beerbt Dietmar Engelhorn, der sich in den Ruhestand verabschiedet hat, und ist nun für 30 Mitarbeiter verantwortlich. Sie ermitteln im westlichen Kreisgebiet, der Bereich reicht von Hemdingen bis Brande-Hörnerkirchen und umfasst die größte Stadt des Kreises, die Umlandgemeinden sowie die Stadt Barmstedt.

Die Kripo ist für Sexual- und Raubstraftaten, Brandermittlungen, Eigentums- und Betrugsdelikte zuständig und wird gerufen, wenn bei Todesfällen ein Arzt eine unnatürliche Todesursache nicht ausschließen kann. Wird vor Ort ein Tötungsdelikt festgestellt, übernimmt im Anschluss die Mordkommission die Ermittlungen. Die Polizeidirektion Bad Segeberg verfügt über kein derartiges Kommissariat, so dass in einem solchen Fall Mordermittler aus Itzehoe im Kreis Pinneberg tätig werden.

Chef dieser Mordermittler war Marco Klein seit 2014, nachdem er bereits Anfang 2005 dorthin gewechselt war. Die Kapitalverbrechen fallen nun nicht mehr in seine Zuständigkeit. Vom Mord zum Ladendiebstahl – geht das? „Ich habe lange überlegt, ob ich das machen soll“, sagt der 53-Jährige. Insbesondere vor dem Hintergrund, „dass ich auch gerne ermittle“, sei ihm die Entscheidung alles andere als leichtgefallen.

Elmshorn: Was der neue Kripo-Chef vor hat

Als Chef der Mordkommission mit zehn Ermittlern war Marco Klein häufiger selbst am Tatort, übernahm teilweise auch die Vernehmungen. Im neuen Amt steht eher die Mitarbeiterführung im Vordergrund. Schreibtisch statt Front – für Klein eine Umstellung. „Letztlich ging es mir immer um die Aufgabe“, sagt der neue Kripo-Chef. Und die sei auch in der neuen Position sehr reizvoll. „Wir stehen vor großen Herausforderungen, etwa was die Digitalisierung angeht. Ermittlungen werden immer komplexer, da sind neue Konzepte gefragt.“

Und die will der 53 Jahre alte Chef mit seinen neuen Kollegen, die sich auf drei Sachgebiete aufteilen, entwickeln. Der Wechsel von Itzehoe nach Elmshorn bedeute für ihn auch bessere Rahmenbedingungen, familienfreundlichere Arbeitszeiten. „Als Chef der Mordkommission musste ich ständig rund um die Uhr erreichbar sein.“ Das ist nun nicht mehr so. Nach Dienstschluss übernimmt der Kriminaldauerdienst die aktuellen Einsätze bis zum nächsten Morgen.

Dennoch klingelte sechs Tage nach Antritt seines neuen Jobs spätabends gegen 22.30 Uhr das Handy des KripoChefs. Anrufer war ein Mitarbeiter des Kriminaldauerdienstes. In Barmstedt lag die 64-jährige Monika S. erstochen in ihrer Wohnung an der Johannisstraße, ihr Sohn Jan S. (39) wurde später als mutmaßlicher Messerstecher ermittelt – und inhaftiert. Marco Klein eilte sofort an den Tatort – sein alter Job ließ und lässt ihn nicht los.

Elmshorn: Neuer Kripo-Chef war vielfach im Fernsehen zu sehen

Seit dem Eintritt in die Dienste der Mordkommission 2005 hat er in vielen spektakulären Mordfällen in den Kreisen Pinneberg, Steinburg und Dithmarschen ermittelt. „Acht bis zwölf Fälle landen im Durchschnitt pro Jahr dort auf dem Tisch, etwa 200 Fälle haben wir in meiner Dienstzeit bearbeitet.“

Viele sind ihm in Erinnerung geblieben – etwa der Fall des zwei Jahre alten Tim aus Elmshorn, der im November 2005 vom damaligen Freund der Kindesmutter so lange gegen eine Wand geschlagen wurde, bis er starb. Oder der Fall des erschossenen Boxers Tunahan K. (22) aus Schenefeld, dessen Leiche am 21. Juli 2017 in der Nähe des Rastplatzes Holmmoor bei Quickborn entdeckt wurde. „Das war eines der aufwendigsten Verfahren, was je in Schleswig-Holstein bearbeitet worden sein dürfte. Und die Ermittlungen dauern noch an“, sagt Klein. Denn mit dem in der Haft verstorbenen Schwerkriminellen Frank Lindner aus Quickborn steht zwar der Täter fest, doch die Auftraggeber des Mordes sind weiter unbekannt.

Beim Quickborner Reiterhof-Mord hatte sich die Mordkommission auf einen Täter festgelegt, der in der Nacht zum 29. Juni 2020 Andre Piontek (44) erschossen haben soll. Doch das Landgericht Itzehoe sprach den Mann im Februar diesen Jahres frei. „Der Auftrag der Mordkommission ist, möglichst dicht an die Wahrheit zu kommen, möglichst viel zu sammeln. Für alles andere ist das Gericht zuständig. Wenn es nicht reicht, müssen wir das akzeptieren.“

Elmshorn: Neuer Kripo-Chef war 18 Jahre bei Mordkommission

Einen Fall nicht aufklären zu können, Opfer oder auch Hinterbliebene im Ungewissen lassen zu müssen – für den 53-Jährigen keine schöne Vorstellung. Mit Akribie hat er sich in seiner Zeit bei der Mordkommission auch in die Cold Cases vertieft – teilweise jahrzehntealte Fälle, die nie aufgeklärt wurden. Wie etwa der Mord an dem Aldi-Filialleiter Herbert Kahrs, dessen Leiche im November 1983 nahe den Holmer Sandbergen in einem Gullyschacht lag. Im Mai vorigen Jahres stellte Marco Klein den Cold Case in der ZDF-Fahndungsshow „Aktenzeichen XY...ungelöst“ persönlich vor.

Seinen Dienst trat der neue Kripo-Chef 1986 bei der Landespolizei Schleswig-Holstein an. Zuvor hatte er die zehnte Klasse am Wedeler Johann-Rist-Gymnasium beendet. „Ich habe mich dann für den mittleren Dienst der Schutzpolizei beworben und mir gedacht, entweder nehmen die mich oder ich mache die Schule zu Ende.“ Das brauchte der damals 17-Jährige nicht. Er bekam den Zuschlag, absolvierte seine Ausbildung in Eutin und blieb dort im Anschluss bei der Bereitschaftspolizei. „Meine Aufgabe war die Beweissicherung und Observation.“

Im Anschluss wechselte Marco Klein zur Polizeistation Halstenbek/Rellingen, die damals in einer alten Villa an der Gustavstraße untergebracht war. Nach drei Jahren im Schichtdienst bewarb er sich für einen Wechsel zur Kriminalpolizei, absolvierte die notwendige Ausbildung, machte die Fachschulreife nach und schloss später ein Studium an der Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung in Altenholz ab. Nach Stationen bei der Kripo Pinneberg, wo er 2002 die Ermittlungsgruppe Raub leitete, und bei der damaligen Kripo-Außenstelle Elmshorn kam er 2005 zur Mordkommission.