Kreis Pinneberg. Quickborner Reimer Lange arbeitet seit 40 Jahren in der Fluglärmschutz-Kommission mit. Deren Einfluss hält er für sehr begrenzt.


Dieser Einsatz gleicht dem Kampf gegen Windmühlen. „Es ist ein Bohren sehr dicker Bretter“, sagt Reimer Lange (79). „Der Fluglärm hat zugenommen, und die Umgangsformen sind rauer geworden.“ Seit genau 40 Jahren gehört der Quickborner Unternehmer der Fluglärmschutz-Kommission (FLSK) an, die dafür sorgen soll, dass der vom Hamburger Flughafen ausgehende Krach für die Nachbarn erträglich bleibt. „Wir können Verbesserungen leider nur in Trippelschritten erreichen“, sagt Lange, der seit vielen Jahren auch erster stellvertretender Vorsitzender der FLSK ist. „Da wir lediglich beratende Funktion für die Hamburger Wirtschaftsbehörde haben, sind wir oft nur ein zahnloser Tiger.“

Jüngstes Beispiel dafür sei der Beschluss der FLSK vom Dezember, keine Starts nach 23 Uhr und keine Landungen nach 23.30 Uhr mehr zuzulassen. Doch der Hamburger Senat hat diese Empfehlung bis heute nicht umgesetzt. Die Folge: Die Zahl der verspäteten Flüge nach 23 Uhr in Fuhlsbüttel hat sich nach BUND-Angaben im ersten Halbjahr 2018 von 400 im Vorjahreszeitraum auf 589 um nahezu 50 Prozent erhöht. „Die Nichteinhaltung des Nachtflugverbots vieler Airlines ist unser Hauptproblem“, sagt Lange. „Fluglärm ist eigentlich ein umweltpolitisches Problem. Die Stadt Hamburg hat es aber zu einem Wirtschaftsproblem erklärt.“

Erhöhte Strafen für späte Flüge „eine Lachnummer“

Die Steigerung zeige, dass selbst die erhöhten Strafzahlungen für Verspätungen „eine Lachnummer für die Fluggesellschaften sind“. Zudem sei das geltende Ordnungsrecht „eine stumpfe Waffe, etwas dagegen zu tun“, weil die Beweispflicht, dass eine Verspätung vermeidbar gewesen wäre, bei der Hamburger Fluglärmschutzbeauftragten liege.

Der ehemalige Quickborner Bürgervorsteher (1978 bis 1986), der selbst seit 1969 in der Einflugschneise lebt, ist kein Leisetreter. Von den 35 Mitgliedern in der FLSK äußern sich etwa zehn regelmäßig, die anderen hören nur zu. Lange gehört zur ersten Gruppe.

So hatte er vor einigen Jahren nach langem Ringen in der FLSK durch eine Sonderarbeitsgruppe eine Lösung für das zweite große Lärmproblem für die Menschen in Quickborn, Hasloh und Norderstedt erarbeitet. Statt der geltenden Bahnbenutzungsregel, die besagt, dass zwischen 22 und 7 Uhr alle Jets von Norden her anfliegen sollen (was 2017 insgesamt 8404-mal der Fall war) und dass tagsüber möglichst alle Flieger (2017: 52.140, 66 Prozent) in Richtung Norden starten sollen, wollte Lange eine gleichmäßige Verteilung auf alle vier Bahnen je nach Windrichtung und Wetterlage erreichen.

Auch als er wissen wollte, wie viele Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen Piloten eingeleitet wurden, die sich falsch verhalten hatten, musste er immer wieder nachbohren, um schließlich zu erfahren: kein einziges. „Ich habe wenig Hoffnung, dass sich beim Fluglärm ein Funke Einsicht in der Hamburger Wirtschaftsbehörde entwickelt“, sagt Lange heute.

Doch von anderer Seite könnte bald Gegenwind kommen. So haben sich bereits 15.000 Menschen einer Petition angeschlossen, den Hamburger Flughafen von 22 bis 6 Uhr stillzulegen, damit endlich Nachtruhe herrscht. Da der Einfluss der Schleswig-Holsteiner, die nur sechs von 35 Vertretern in der FLSK stellen, begrenzt sei, werde und müsse der Druck aus Hamburg kommen, wo laut BAW 250.000 Menschen von Fluglärm betroffen sind. „Das wird den Hamburger Politikern noch fürchterlich auf die Füße fallen“, meint Lange.

Und dann werde vielleicht doch wieder die Kaltenkirchen-Variante aus der Schublade geholt, so Lange. Zwar ist das seit Anfang der 60er-Jahre geplante Projekt eines riesigen Ersatzbaus für Fuhlsbüttel seit den 80er-Jahren nicht weiter verfolgt worden. Aber weiterhin kaufe der Hamburger Flughafen in Kaltenkirchen und Heidmoor weiteres Land hinzu, wo er mit inzwischen 2000 Hektar und damit dreimal so viel Grund und Boden besitze wie am Hamburger Flughafen, sagt Lange. Und: „Wenn die Flugzahlen weiter so steigen wie bisher, wird Hamburg irgendwann um einen Ersatzflughafen nicht herumkommen.“