Haseldorf. Die Marschgemeinde hatte viel vor: neues Gemeindezentrum, neue Schule, neues Gewerbegebiet geplant. So ist der aktuelle Stand.

Dem Knall, mit dem das Bündnis Bürger für Haseldorf 2018 die CDU-Regierung in der Gemeinde ablöste, sind in der Zwischenzeit viele Initiativen gefolgt, die das kleine ehrenamtliche Team des Bündnisses vorangebracht hat. Zeit für eine Bilanz nach zweieinhalb Jahren Lenkens, die nicht immer unkompliziert waren. Gleichwohl wurden die wichtigsten Neuerungen aus dem Dortentwicklungskonzept angepackt.

Bürgermeister Klaus-Dieter Sellmann (70) steht auf der zugigen Wiese zwischen Spielplatz und Kindertagesstätte. Unweit von hier soll der neue Kita-Anbau entstehen, denn in der Einrichtung herrscht chronische Raumnot. „Manches haben wir im vergangenen Corona-Jahr über eine Bürgermeister-Eilentscheidung erreicht“, sagt Sellmann. Zudem sei Haseldorf die erste Gemeinde in Schleswig-Holstein, der das Land für 80.000 Euro auf drei Jahre einen sogenannten Dorfkümmerer finanziert habe. Dahinter verbirgt sich keine einzelne Person, wie der Name nahelegt, sondern das Büro AC Planer, das mit dem Dortentwicklungskonzept beauftragt war und Haseldorf deshalb gut kennt.

„Die kümmern sich um die Dinge, bei denen wir nicht weiterkommen“, sagt Sellmann. „Schließlich haben wir so viele Bälle in der Luft, dass wir aufpassen müssen, dass uns keiner runterfällt.“ Mehr als 180 Vorschläge von Bürgerinnen und Bürgern sind in das Konzept eingeflossen, auf das das Bündnis Bürger für Haseldorf laut Sellmann bereits 2016 gedrängt hatte. Es geht um Schule, Kita, Sporthalle, Bürgerbüro, Wohnbebauung, Verkehr, Tourismus. Hinzugekommen sind auf Betreiben des Bündnisses die Erneuerung der Feuerwehrwache und die Errichtung eines neuen Gewerbegebietes.

Aber zurück zur Kita. Erste Entwürfe und Planungen für ein eigenes Gebäude mit drei Gruppenräumen neben dem bestehenden sind da, mit dem Bauen wird zum Jahreswechsel begonnen. Optimistisch gerechnet könnte die Kita Ende nächsten Jahres fertig sein. Die Kosten liegen bei 950.000 bis 1,05 Millionen Euro. Bürgermeister Sellmann erwartet hohe Zuschüsse, „am Ende bleiben etwa 200.000 Euro für die Gemeinden Haseldorf und Haselau übrig“, sagt er.

Multifunktionshaus wird rund 7,5 Millionen Euro kosten

Eine verblüffende Idee und das zentrale Projekt der beiden Gemeinden ist der Bau eines neuen Gemeindezentrums auf dem Areal. Denn die Grundschule ist marode, eine neue Turnhalle wird gebraucht, das Bürgerbüro muss Ende des Jahres aus dem jetzigen Gebäude ausziehen, die Bücherei sucht Räume, das Deutsche Rote Kreuz und der Turnverein brauchen je ein Büro – und alle gemeinsam sollen in dem neuen Multifunktionshaus Platz finden. Kosten: rund 7,5 Millionen Euro, außerdem „Synergieeffekte bis oben hin“, freut sich Sellmann.

Und das soll so aussehen: In der Mitte des neuen Gebäudes soll die Turnhalle hin, oben werden ringsum die Klassenräume der Grundschule für rund 150 Kinder gruppiert. Eine neue Schule sei allein schon deshalb sinnvoll, weil seit 2017 pro Jahr jeweils 30.000 Euro für zehn Container berappt werden mussten, zudem habe die seit 1994 geliehene (und inzwischen gekündigte) Gasheizung seitdem 320.000 Euro gekostet, ohne Gas, sagt der Bürgermeister. Im Erdgeschoss wird Platz für Küche, Mensa, Betreuungsräume und für einen großen Dorfgemeinschaftsraum für rund 120 Leute sein, der auch noch unterteilbar sein soll.

An diesem Donnerstag findet das erste Gespräch mit dem Architekten statt, der die Ausschreibung gewonnen hat, Baustart soll spätestens Mitte nächsten Jahres sein, ein Jahr später soll das neue Gemeindezentrum fertig sein. Der Rückbau der alten Schule und die Gestaltung des Freigeländes kosten allein knapp eine Million Euro.

Aber auch beim Verkehr wünschen sich die Haseldorfer Verbesserungen. Der neue Hafen mit Platz für Fahrzeuge lockt viele Tagestouristen als Spaziergänger ins Dorf, doch die Bürger haben nichts davon – außer Lärm, Abgasen und vollen Straßen. Auch die Rennradler nennt Sellmann als Problem, da diese häufig rücksichtslos durch das Dorf heizten. Das Bündnis für Haseldorf hat eine Arbeitsgruppe zum Thema Verkehr eingerichtet, die Verbesserungsvorschläge erarbeitet.

Weil es im Konzept nicht auftauchte, haben sich Sellmann und weitere Bürger für Haseldorf um die Ausweisung eines neuen Gewerbegebietes gekümmert. Ein Standort dafür an der Straße Kamperrege ist gefunden, „wir wollen schließlich unsere Unternehmer halten und unter Umständen die zurückholen, die in die umliegenden Dörfer ausgewichen sind“, sagt Sellmann. Die Gespräche mit dem Besitzer des Grundstücks sind abgeschlossen, ein Planungsbüro ist beauftragt. „Das wird jetzt noch ein gutes Jahr dauern“, schätzt der Bürgermeister.

Haseldorfer Hof sucht einen neuen Eigentümer

Um Entscheidungen zu fällen und die Dinge voranzutreiben, wurden wegen Corona viele Abende für Videokonferenzen genutzt. Seit die Gaststätte Haseldorfer Hof geschlossen ist, gibt es ja auch kein Lokal mehr, in das die Politiker ausweichen könnten. Die Besitzerin des Gebäudes will den schmucken Gasthof verkaufen, in Corona-Zeiten wolle aber niemand ein Lokal eröffnen, weshalb das wohl noch etwas dauern werde, sagt der Bürgermeister.

Neue Baugebiete sollen entsprechend der Wünsche der Landesregierung nicht mehr ausgewiesen werden, „höchstens noch entlang der Straße“, sagt Sellmann. Schließlich stehe das 1850-Seelen-Dorf ohnehin vor einem Generationswechsel, die älteren Häuser würden allmählich frei, Lücken könnten bebaut werden, „und immer öfter kaufen sich Leute aus Norderstedt oder Hamburg hier Grundstücke 210 Euro pro Quadratmeter“.

Einige schöne, bedeutende Baudenkmäler im Ort stehen seit Jahren leer und verfallen. Eines davon war die idyllische Mühle am Deich, die einem Hamburger gehört, der nicht geschäftsfähig ist. Weil sie immer baufälliger wurde, hatte das Kreisbauamt entschieden, sie einzureißen. „Wir würden die Mühle aber gern wieder aufbauen. Die Idee ist da, es gibt sogar einen Entwurf“, sagt Sellmann. Von außen solle die Mühle dann so aussehen wie früher, „aber innen soll alles hochmodern sein“.

Die Unfallkasse stört sich schon länger an der veralteten Haseldorfer Feuerwache, weil die Bekleidung unerlaubterweise hinter den Fahrzeugen hänge und es keine Umkleiden für weibliche Feuerwehrkräfte gebe, sagt Sellmann. Die Gemeinde habe die finale Förderzusage für die Erweiterung der Feuerwache bekommen, der prozentuale Anteil der Förderung liege bei rund 40 Prozent. Nähres steht noch nicht fest, die Planung läuft, Aufträge wurden noch nicht vergeben.

Viele dieser Neuerungen sind nicht erreichbar ohne die Mitwirkung der Gemeinschaft, die sich im Wählerbündnis gefunden hat. Der harte Kern umfasst rund 20 Menschen. „Wir bitten Sie herzlich um Ihre Mitwirkung… Teilen Sie uns Ihre Meinung, Anregungen und Wünsche mit“, haben die beiden Bürgermeister Peter Bröcker (Haselau) und Klaus-Dieter Sellmann an den Anfang des im Internet einsehbaren Dorfentwicklungskonzeptes geschrieben. „Wir werden versuchen, möglichst viele davon zu berücksichtigen, um ein Konzept zu entwickeln, das breit getragen (...) wird.“