Gross Offenseth-Aspern. Reitveranstaltung stand unter dem Eindruck des tragischen Sturzes von Antje Montag nur wenige Tage zuvor in Klein Flottbek.

Die Vorfreude auf Gut Aspern war groß auf das erste Poloturnier nach der coranabedingten Zwangspause. Endlich wieder ein Wettkampf, bei dem Zuschauer zugelassen waren. Doch das Spektakel wurde überschattet von dem tragischen Tod einer Polospielerin. Nur fünf Tage zuvor war die Hamburger Unternehmerin Antje Montag beim Turnier des Hamburger Polo Clubs in Klein Flottbek so schwer gestürzt, dass die 54-Jährige trotz Notoperation wenige Stunden später starb.

Christopher Kirsch (53), Eigentümer von Gut Aspern und fünffacher deutscher Polomeister, war Augenzeuge des Unfalls. „Antjes Pferd stolperte ohne Fremdeinwirkung und überschlug sich, sie blieb regungslos liegen“, sagt der Turnier-Organisator und Gastgeber auf Gut Aspern. „So etwas habe ich noch nie erlebt, es war ein Schock, ein übles Schicksal. Polo war Antjes große Leidenschaft.“

Der Hamburger Bauunternehmer, Luxushotelbesitzer und Gastronom Gregor Gerlach hat den Unfall bei Tempo 60 unmittelbar miterlebt. „Ich war als Mitspieler der gegnerischen Mannschaft nur etwa fünf Meter hinter Antje. Ich blickte gerade kurz nach hinten, als mein Pferd wegen Antjes Sturz intuitiv die Notbremse zog und ich aus dem Sattel flog“, sagt der 51-Jährige, der ebenso wie beide Pferde unverletzt blieb und als Spieler jetzt auch auf Gut Aspern antrat.

„Ihr Pferd stürzte auf Frau Montag, sie erlitt schwerste Kopf- und Halswirbelsäulenverletzungen“, sagt der international renommierte Hamburger Rechtsmediziner Prof. Klaus Püschel (68). „Als Frau Montag nach der Notoperation im AK Altona in die Uniklinik Eppendorf gebracht wurde, war sie bereits hirntot“, sagt der Ex-Chef des Hamburger Instituts für Rechtsmedizin. Als Gründer der Arbeitsgruppe Reitsicherheit hat er mit seinem Team bereits Hunderte Reitunfälle analysiert.

„Bei dem Ganzkörpersturz aus dem hohen Tempo hatte sie bei dem hier sichtbaren Verletzungsmuster null Chance. Der Helm hilft gegen ein Schädeltrauma, aber das Halswirbelsäulentrauma wird nicht gepuffert.“ Dass Gregor Gerlach den Unfall unverletzt überstanden hat, erklärt Püschel so: „Weil sein Pferd abrupt stoppte, lag Gerlachs eigene Fallgeschwindigkeit bei Null. Er hat lediglich den Bremsimpuls nicht ausgehalten.“

Der tragische Unfall wirft ein Schlaglicht auf die Gefahren des Polosports. Auf Gut Aspern verunglückte etwa Christopher Kirschs Mitspieler Maximilian Singhoff (31) vor zwei Jahren so schwer, dass er mit dem Rettungshubschrauber in die Uniklinik Eppendorf geflogen werden musste. „Maximilians Bänder im Nacken waren angerissen“, erinnert sich Kirsch. „Die Ärzte sagten, er hatte Glück, dass er sich nicht das Genick gebrochen hat.“

Auch Kirsch ist etliche Male vom Pferd gefallen. „Einmal brach ich mir die Schulter und sechs Rippen“, sagt Christopher Kirsch.

Seine temperamentvolle Frau Valeria (40), als Argentinierin mit Polo aufgewachsen, reitet nicht in dem Sport. Kirsch: „Es ist ihr zu gefährlich; auch wegen unserer drei Söhne. Jeder Reiter kennt die Grundregel: Ein Pferd ist ein Tier, das an allen vier Seiten steil abfällt.“

Beim jetzigen Turnier auf Gut Apern gedachten Spieler und Publikum Antje Montag mit einer Schweigeminute. „Antjes tragischer Tod beschäftigt uns natürlich alle“, sagt Gregor Gerlach. „Das hier ist das erste Turnier nach dem Unfall. Aber ich musste wieder in den Sattel steigen; das negative Gefühl setzt sich sonst in Bauch und Kopf fest.“ Für die Poloszene heißt es: „The show must go on.“ Dennoch: „Wir haben heute alle vorsichtiger gespielt“, sagte Gerlach am Rande des Wettkampfes auf Gut Aspern, den das Team Germany gegen die Mannschaften Argentina, Schleswig-Holstein und Buenos Aires gewann.

Organisator und Moderator Christopher Kirsch spielte dieses Mal nicht mit. „Ich habe meine Knochen für die Europameisterschaft in Südspanien geschont“, sagt er. Nur wenige Stunden später flog er mit seiner Frau Valeria („Sie ist mein Mental-Coach“) nach Sotogrande, um als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft noch bis diesen Sonntag gegen Italien, Spanien, Holland, Österreich und die Schweiz zu spielen. „Ich will Europameister werden“, sagt der 53-Jährige. Dabei tritt er mit einem blutjungen Team an: den Brüdern Anton (17), Michi, (16) und Emil(15) Grabosch. „Wir Deutschen sind die einzige echte Nationalmannschaft“, sagt Kirsch. Alle anderen spielen mit Legionären.“

Eigentlich sollte der älteste der Grabosch-Brüder, Paul (18), auch mitspielen. Doch der fällt verletzungsbedingt aus. Ein Unfall mit einem Pferd? „Ja, aber nicht beim Polospiel“, sagt Christopher Kirsch. „Paul ist in der Stallgasse von seinem Pferd getreten worden.“ Die Diagnose: Schienbeinbruch.