Wedel. Lokalpolitik in Wedel befürchtet Zweckentfremdung. Was man bei der Vermietung an Touristen beachten muss.

Wenn es um Mietpreise und Immobilien geht, liegen die Nerven in Wedel blank. Das merkt man auch an den politischen Debatten rund um das Thema – zuletzt im Planungsausschuss der Stadt. Dort ist ein Antrag der Grünen-Fraktion diskutiert worden, es geht um die mögliche Zweckentfremdung von Wohnraum. Oder genauer: Werden Wedeler Wohnungen dem Mietmarkt vorenthalten? Und wie wird das überhaupt kontrolliert?

Ferienwohnung: Wedeler Grüne wittern Zweckentfremdung

Anlass ist der knappe Wohnungsmarkt in der Stadt, vor allem sogenannte bezahlbare Unterkünfte fehlen. Nun ist die ehemalige Langeloh-Schlosserei an der Pinneberger Straße ins Visier der Grünen-Fraktion gerückt. Der Altbau von 1896 war 2018 restauriert und die Gewerberäume waren in Wohnungen umgewandelt worden. Heute sind mehrere dieser Wohnungen als Ferienapartments annonciert.

Die Grünen sehen darin eines von vielen Beispielen in Wedel, bei denen die Vorgaben der Baugenehmigung missachtet würden – Raum für Touristen statt für Mieter. „Ziemlich dreist“ findet das Grünen-Ratsherr Olaf Wuttke. In ihrem Antrag hat die Fraktion deshalb zweierlei gefordert: Erstens sollten die Wohnungen wieder zur Miete ausgeschrieben werden. Und zweitens wurde von der Stadt ein Konzept gefordert, wie in Zukunft die Einhaltung von Baugenehmigungen kontrolliert werden könnte.

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Aus Datenschutzgründen will sich die Stadtverwaltung gegenüber dem Abendblatt nicht konkret zu dem Fall äußern. Sie hält nur generell fest: „Die Änderung der Nutzung von allgemeinem Wohnen zu Ferienwohnen ist in Schleswig-Holstein verfahrenspflichtig.“ Das bedeutet, eine solche Nutzungsänderung muss beantragt werden. Bauherren, die diese Vorgabe missachten, könne ein Bußgeld drohen. Dafür sei dann die untere Bauaufsicht zuständig.

Ferienwohnung: Eigentümer fühlt sich zu Unrecht kritisiert

„Wir arbeiten seit Jahren eng mit der Bauaufsicht zusammen“, betont Hans Schultz, der Eigentümer des Gebäudes an der Pinneberger Straße. Warum ausgerechnet seine Immobilie in die Kritik geraten ist, kann der 57-Jährige nicht verstehen. Sein Unternehmen, die HS Projektbau, hatte die Langeloh-Schlosserei restauriert. Das Objekt sei noch während der Bauphase verkauft worden, an ihn selbst, den Privatmann Schultz. „Ich habe ein Stück Wedel erhalten“, sagt der Bauherr und unterstreicht: „Die Sanierung war unwirtschaftlich.“ Schultz stört sich auch an dem Vorwurf, die Wohnungen würden als Ferienapartments genutzt werden. Überwiegend kämen dort Handwerker und Pflegekräfte für einen längeren Zeitraum unter, sagt er. Touristen seien – wenn überhaupt – nur als Wochenendausflügler da.

Während der Einzelfall also noch strittig ist und im Rathaus bisher nicht öffentlich über die Details verhandelt wird, zeichnet sich ein viel größeres Thema im Hintergrund ab – die soziale Frage rund um den Wohnungsmangel. Und auch die Frage nach einer effektiven Verwaltung. Denn ohne die Hinweise von Anwohnern wäre die ganze Sache überhaupt nicht aufgefallen, sagt Wuttke.

Ferienwohnung: Grüne wollen Präzedenzfall schaffen

Im Prinzip geht es ihm also darum, einen Präzedenzfall zu schaffen, auch für die zweite Forderung des Grünen-Antrags: die Forderung nach besseren Kontrollen. Wuttkes Hoffnungen sind jedoch enttäuscht worden, der Antrag seiner Fraktion ist in beiden Punkten mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

„Es war eine Lehrstunde für uns“, meint der Politiker im Nachhinein. Er befürchtet nun, dass es Eigentümern leicht gemacht werde, ihre Immobilien nicht mehr den Genehmigungen gemäß, sondern anderweitig zu nutzen. Doch wie ist überhaupt die rechtliche Lage? Zur Erklärung: Die Stadt Hamburg geht schon seit 1971 mit einem sogenannten Zweckentfremdungsverbot gegen Nutzungsänderungen vor. Und seit 1982 sind Schutz und Erhaltung von Wohnraum im Hamburgischen Wohnraumschutzgesetz geregelt.

Ferienwohnung: Gesetzliche Vorgaben sind in Hamburg strenger

Ein solches Verbot der Zweckentfremdung gibt es in Schleswig-Holstein aber nicht, erklärt Lutz Witt. Der Rechtsanwalt arbeitet für den Mieterverein in Wedel und kann dort die Auswirkungen der angespannten Immobilienlage tagtäglich erleben. Er sagt: „Unsere Mitglieder leiden unter dem Wohnraummangel.“ In Wedel sei der Druck aus Hamburg deutlich zu spüren, so der Experte. Das bedeutet: Immer mehr Städter ziehen ins Umland, weil sie davon ausgehen, dass die Lage dort weniger dramatisch sei. Für Witt offenbart sich hier die ganze Ironie des momentanen Wohnungsmarktes. Denn in Wedel gebe es keine Mietpreisbremse und auch viel weniger Mieterschutz.

Die aktuelle Immobilienlage in Wedel sei nicht gesund, das meint auch Eigentümer Hans Schultz. Er sieht die Verantwortung bei der Politik: „Wir als Bauträger haben darauf keinen Einfluss. Da sind die Stadt und die Bauplanung gefordert.“ Er selbst würde sich wünschen, dass mehr Flächen für Sozialwohnungen freigegeben werden und das Thema in großen Dimensionen angepackt wird.

Auch Mietervereins-Anwalt Witt glaubt, dass bessere Verhältnisse nur auf Landesebene durchgesetzt werden können. Die Grünen in Schleswig-Holstein haben bereits vor einem Jahr beschlossen, ein Gesetz nach dem Hamburger Vorbild voranzutreiben. Darin wären auch ausdrücklich Kontrollen der Immobiliennutzung vorgesehen, ebenso wie eine Zusammenarbeit mit der kommunalen Verwaltung.