Henstedt-Ulzburg. 23 Jahre alte Karoline Pütz leitete Show-Boxkampf zwischen Stefan Raab und Regina Halmich vor Millionenpublikum. Wie sie Abend erlebte.
Karoline Pütz (23) wollte nur noch ins Hotel: „Ich war einfach fertig und froh, als ich im Bett lag. Ich wusste ja gar nicht, was da auf mich zukommt. Da war auch bei mir eine Menge Adrenalin dabei“, sagte die Henstedt-Ulzburgerin zu ihrem Auftritt als Ringrichterin beim Show-Boxkampf zwischen TV-Entertainer Stefan Raab (57) und der 46-fachen Weltmeisterin Regina Halmich (47).
13.000 Zuschauer verfolgten das Spektakel vor Ort im PSD Bank-Dome in Düsseldorf. Vorm TV-Bildschirm bei RTL waren es nochmal um die sechs Millionen. Alle Blicke richteten sich dabei natürlich in erster Linie auf die beiden Protagonisten dieses ungleichen Duells, das Regina Halmich nach sechs Runden á zwei Minuten nach Punkten klar für sich entschied. Aber die Blicke der Zuschauer kamen auch nicht an Karoline Pütz vorbei, die den Fight im Ring souverän leitete und sich hinterher auch von Papa Thomas Pütz (58, Vorsitzender des Bundes Deutscher Berufsboxer e.V, BDB) ein Sonderlob einheimste: „Karo hat es toll gemacht. Ich bin wirklich stolz auf sie. Man steht als Kampfrichter ja voll im Fokus. Sie hat den Kampf sehr souverän geleitet und keine Unsicherheit gezeigt.“
Stefan Raab: Ringrichterin wurde mittags zum Boxkampf angesetzt
Einmal musste sie Raab sogar anzählen, weil dieser kurz davor war, das Boxen einzustellen. Auch das tat sie sehr charmant. Mit einem Lächeln im Gesicht. Karoline Pütz, die hauptberuflich im Projektmanagement des Familienunternehmens ihres Vaters, Pütz Security AG in Kaltenkirchen, arbeitet, steht erst seit 2022 als Richterin im Boxring. Inzwischen kommt sie, neben 300 Einsätzen als Punktrichterin im In- und Ausland, auch auf rund 40 Profikämpfe, in denen sie im Ring die Entscheidungen treffen durfte.
Dass sie auch beim Promikampf Raab gegen Halmich als Ringrichterin eingesetzt wurde, hatte sich tatsächlich erst am Mittag des Kampftages herausgestellt. Im Vorwege wurden Raab und Halmich vom durchführenden BDB jeweils eine Frau und ein Mann als Ringrichter vorgeschlagen. Da Karoline Pütz damals die einzige Ringrichterin beim BDB war, wurde sie automatisch genommen. Zur Auswahl als Mann stand der erfahrene Oliver Brien aus Berlin.
Raab wollte Frau als Ringrichterin
„Dann war es tatsächlich mittags gegen zwölf Uhr, als wir am Kampftag das Rules Meeting hatten. Da habe ich dann Stefan und Regina die Entscheidung überlassen, wer mit ihnen in den Ring soll. Stefan wollte dann eine Frau haben. Damit war es beschlossene Sache und Karo kam aus dem Ding nicht mehr raus“, blickt Thomas Pütz zurück. Der hat seine Tochter im zarten Alter von neun Jahren erstmals mit in den Boxring genommen. Während es für ihre Brüder Tim und Tom irgendwie nicht die passende Sportart war, hatte Karoline schnell Feuer gefangen.
Dass sie trotz Interesse nie selbst geboxt hat, lag auch an ihrer Mutter, die von dieser Idee nicht wirklich begeistert war. In den BDB und die Richterei ist sie eher zufällig hereingerutscht: „2019 bin ich als Gast zu einem Boxkampf mitgekommen. Dann ist der Zeitnehmer, der auch die Glocke bedient, ausgefallen. Da hieß es plötzlich: ,Karo, jetzt musst du ran‘. Ich habe mich dann da hingesetzt und fand es total spannend. Als Zeitnehmerin bin ich gestartet. Anschließend bin ich Punkt- und dann Ringrichterin geworden. Ich wurde da nie zu gezwungen. Das war meine eigene Entscheidung. Generell liebe ich einfach den Sport.“
Über Raab: „Er hat sich immer noch gewehrt und geboxt“
In den Wochen vor dem Showkampf in Düsseldorf fing die Henstedt-Ulzburgerin dann aber doch ab und zu an zu grübeln, ob es für sie wirklich richtig wäre, sich für dieses Duell zur Verfügung zu stellen. Ihr Vater hatte für dieses Zögern vollstes Verständnis: „Das ist ja auch eine große Herausforderung für so ein junges Mädchen. Einen Kampf zu leiten zwischen einem, der nicht boxen kann, und einer Ex-Profi-Kämpferin. Das ist eigentlich ein Miss-Match. Das kann auch schiefgehen. Und dann muss man auch erstmal mit dem Druck umgehen, dass am TV sechs Millionen Menschen zuschauen.“
Karoline Pütz konnte aber alle Nebengeräusche ausblenden und sich voll und ganz auf den Fight konzentrieren. An dessen Ende war Regina Halmich zwar die erwartete Siegerin, aber die Ringrichterin hatte auch Respekt vor der Vorstellung von Stefan Raab: „Er war schon sehr müde und hat gepumpt. Aber er hat sich immer noch gewehrt und geboxt. Der war fit und hat bis zum Schluss durchgezogen. Am Ende ging es ja darum, die Gesundheit von beiden zu schützen.“
Karoline Pütz hat Raab mittags gesehen – aber vermummt
Zu Gesicht bekommen hatte sie Raab erstmals mittags beim schon erwähnten Rules Meeting. Allerdings hatte er auch dort sein Gesicht noch vermummt. Niemand sollte vorzeitig erfahren, wie der Entertainer nach zehn Jahren TV-Pause aussah. Neben Karoline und Thomas war mit Tim noch ein dritter aus der Pütz-Familie in Düsseldorf dabei. Er kümmerte sich als sogenannter Cornerman um die ganzen Abläufe des Abends.
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Karoline Pütz liebt ihr Hobby. Dafür nimmt sie auch in Kauf, dass neben Boxen und Beruf nur wenig Zeit fürs Privatleben bleibt. Eine Woche nach dem Show-Kampf war sie als Ringrichterin schon wieder bei der IBF-WM im Federgewicht der Frauen in der Alsterdorfer Sporthalle zwischen Nina Meinke (Deutschland) und Daniela Bermudez (Argentinien) im Einsatz. Ihr bislang härtester Fall: „Das war der erste Frauenkampf über zwölf Runden. Die beiden haben richtig Power reingesteckt und bis zur letzten Minute durchgezogen. In der zweiten Runde hat sich Nina Meinke einen Cut an der Stirn zugezogen. Der war nur schwer zu stoppen. Auch meine Kleidung war am Ende blutdurchtränkt. Die beiden wollten auch nicht immer auf mich hören“, sagt Karoline Pütz, die immer erst sehr kurzfristig von ihren nächsten Einsätzen erfährt, für die sie jeweils eine Aufwandsentschädigung erhält.
Boxen: Vater wünscht sich WM-Kampf in New York oder Las Vegas
In der Pütz-Zentrale in Kaltenkirchen, in der auch die BDB-Geschäftsstelle beheimatet ist, erinnern in vielen Ecken Trophäen wie unterschriebene Box-Handschuhe, Fotos oder eine überdimensional große Biografie von Muhammed Ali, die dieser Thomas Pütz höchstpersönlich geschenkt hat, an die großen Momente des Boxsports.
Für seine Karo wüsste Thomas Pütz für die Zukunft schon noch das eine oder andere Highlight als Ringrichterin: „So ein internationaler WM-Kampf in Riad wäre schon was. Oder im New Yorker Madison Square Garden. Oder in Las Vegas.“ Karoline Pütz würde bestimmt sofort zusagen, falls die Anfrage eines Verbandes kommen sollte. Nicht, weil sie so gerne in der Öffentlichkeit steht, sondern weil sie den Sport so sehr liebt. Und vielleicht ein Vorbild sein kann für weitere Frauen, die sich trauen, in den Ring zu steigen und einen Kampf zu werten.