Bad Segeberg. Erik Rüffler plant für die Karl-May-Aufführungen besondere Bühnenbilder. Diesmal hat er eine technische Meisterleistung entworfen.
- Besondere Szenerie bei den Karl-May-Spielen: Zu einer Berghütte führt ein Fahrstuhl.
- Der elektrische Lift mitten im wilden Westen ist eine technische Meisterleistung von Bühnenbildner Erik Rüffler.
- Das Häuschen ist eine Spezialanfertigung, die Feuer und Explosionen aushält.
Ein Haus hoch oben in den Bergen: Ein Traum, der sich für die meisten nicht erfüllen wird. Old Firehand kann sich glücklich schätzen: Er lebt ganz oben und kann sogar seine Traumfrau mit nach Hause bringen. Mit Ribanna, die er Winnetou quasi abgeluchst hat, führt er in den Bergen ein glückliches Leben und bekommt mit ihr das Baby Harry. Das Bühnenbild mit dem Haus hoch oben ist eine kleine technische Meisterleistung, die Bühnenbildner Erik Rüffler (61) bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg vollbracht hat.
Na gut, auf einer alpinen Höhe steht das Haus von Old Firehand natürlich nicht. Aber für Karl-May-Verhältnisse ist die Hütte schon etwas Besonderes. Denn einen so hohen Spielort hat es bisher noch in keiner Aufführung gegeben – sieht man einmal von den inzwischen verbotenen Kletterpartien auf dem Kalkberg ab. 14 Meter hoch über dem Niveau der Arena zu spielen, ist nicht nur für die Schauspieler eine Herausforderung, sondern auch für den Mann, der für dieses Bauwerk verantwortlich ist.
Karl-May-Spiele: Berghütte mit Fahrstuhl ist besondere Attraktion
Erik Rüffler hatte im vergangenen Jahr die Idee, musste aber viel Überzeugungsarbeit leisten, um sie auch in die Tat umsetzten zu können. Das oberste Gebot dabei: Alles muss absolut sicher sein. Außerdem durfte die Hütte nicht mit einer strapaziösen Kletterpartie zu erreichen sein. Das wäre für die Stuntleute vielleicht eine Kleinigkeit gewesen, für die nicht so trainierten Schauspieler aber eine Strapaze.
Also steht der wesentliche Teil der Hütte hinter den Kulissen, für die Zuschauer unsichtbar. In enger Zusammenarbeit mit Ivonne Tilse, die bei der Kalkberg GmbH für die Bauunterhaltung zuständig ist, wurde ein aufwendiger Treppenaufgang aus Stahl hinter dem Kunstfelsen gebaut. So schaffen es Jan Hartmann und Sila Sahin leicht, schnell und sicher hinauf in ihr Traumhaus in den Bergen. Das Haus selbst steht auf einem Stahlgerüst.
Der Elektro-Lift wird hinter den Kulissen von einem „Fahrstuhlführer“ bewegt
Damit sie nicht jedes Mal hinter den Kulissen verschwinden, wurde von einer Berliner Spezialfirma zusätzlich eine Art Lift montiert, in dem die Schauspieler, für die Zuschauer sichtbar, auf und ab fahren können. Das ist praktisch und außerdem jedes Mal ein unfreiwilliger Lacherfolg. Der Förderkorb-Fahrstuhl funktioniert per Blickkontakt: Hinter den Kulissen steht, nur für die Schauspieler sichtbar, ein „Fahrstuhlführer“, der den Korb im richtigen Moment auf- und abwärts bewegen kann.
Das Berghaus hat Erik Rüffler komplett aus Stahl anfertigen lassen, weil es im Showdown dort oben viel Feuer und sogar Explosionen gibt. Ein Segeberger Kunstmaler hat für die Holzoptik gesorgt. „So ist daraus ein Traum von einem Baumhaus geworden“, sagt Erik Rüffler, der hoch oben noch auf ein anderes Detail hinweist: Neben der Hütte gibt es einen Metallsteg, von dessen Ende sich Häuptling Parranoh in die Tiefe stürzt und dort in einem 1,50 Meter tiefen Wasserbecken landet. Natürlich ist es nicht Parranoh-Darsteller Nicolas König, der sich hinabstürzt, sondern ein Mitglied der Stuntcrew von Dr. Steve Szigeti.
1979 war der Bühnenbildner als junger Old Shatterhand mit „Kinder-Karl-May“ auf Tournee
Erik Rüffler ist ein erfahrener Bühnenbildner, der die Kalkberg-Arena und ihre Besonderheiten ganz genau kennt. Als Ende der 1970er-Jahre „Kinder-Karl-May“ mit 200 jungen Darstellern aufgeführt wurde, ritt Erik Rüffler als Old Shatterhand für das Gute – sogar auf Tournee in der Berliner Deutschlandhalle. Später wurde er als Komparse, Reiter, Stuntman, Requisiteur und Inspizient engagiert – und 1995 erstmals als Bühnenbildner.
Weil er in erster Linie als Szenenbildner für TV-Filme und -Serien zuständig ist, erlaubte es seine Zeit erst im vergangenen Jahr wieder, für die Karl-May-Spiele tätig zu werden. In diesem Jahr ist er somit zum dritten Mal dabei. „Ich versuche, jedes Jahr einen besonderen Eyecatcher zu integrieren“, sagt Erik Rüffler, der dabei stets die Sicherheit und auch das Budget der Spiele im Auge haben muss. „Wir wollen und können relativ viel erreichen, das Gesamtpaket muss stimmen.“
Erik Rüffler stattet „Tatorte“ und „Soko“-Serien aus
Zu den Besonderheiten gehört in diesem Jahr zum Beispiel auch eine Kutsche, die durch den Mittelring im Zuschauerbereich fährt und später Feuer fängt. Sie wurde von einem Spezialunternehmen in der Nähe von Nürnberg extra angefertigt, damit sie die Karl-May-Spiele unbeschadet übersteht. „80-mal Feuer ist für sie kein Problem“, stellt Erik Rüffler fest, der im südafrikanischen Pretoria geboren wurde und später ein Architekturstudium erfolgreich absolviert hat.
Statt Häuser zu planen, hat es ihn in Theater und Studios gezogen. Möglicherweise haben seine frühen Mitwirkungen bei den Karl-May-Spielen den Ausschlag gegeben. Seit 20 Jahren ist der in Mecklenburg-Vorpommern lebende Erik Rüffler für die „SOKO Wismar“ zuständig und hat den Look dieser Serie auch mitentwickelt. Ein Dutzend „Tatorte“ mit Andrea Sawatzki, Jörg Schüttauf, Peter Sodann, Maria Furtwängler und die Premiere von Axel Milberg als Kommissar Borowski hat er betreut.
Mit den Planungen für die Saison 2025 hat Erik Rüffler schon begonnen
Der Unterschied liegt auf der Hand: Im Theater muss ein Stunt während einer ganzen Saison funktionieren, im Film ist er vergessen, sobald die Szene abgedreht ist. Die nötigen Sicherheitsvorkehrungen sollten weder im Film noch bei den Theateraufführungen zu sehen sein. Kein Wunder also, dass die Planungen mit etwa einem Jahr Vorlauf beginnen, damit später alles perfekt funktioniert. Schon jetzt hat Erik Rüffler die Konzepte für die Inszenierung 2025 („Halbblut“) nicht nur im Kopf, sondern teilweise auch konkret in der Planung. Denn es wird auch in der nächsten Karl-May-Saison wieder Aufbauten geben, für die eine langwierige Spezialanfertigung nötig ist.
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So sind in jedem Spielort auf der Bühne in Bad Segeberg Spezialeffekte versteckt. Wenn zum Beispiel im Fort Ripley ein Teil der Holzpalisade einstürzt und ein Soldat meterweit durch die Luft fliegt, ist das nur mit Hilfe einer komplizierten Spezialeinrichtung möglich: Eine „Air Ramp“, also eine Stunteinrichtung, die mit komprimiertem Sauerstoff betrieben wird, katapultiert Stuntman Jovan Uljaevic über 7,50 Meter nach vorn, wo er dann weitere sieben Meter in die Tiefe stürzt. Das muss auch bei der 72. Vorstellung noch funktionieren.
Ist es möglich, Video-Leinwände bei den Karl-May-Spielen einzusetzen?
Erik Rüffler sieht sich auch Aufführungen anderer Freilichtbühnen in Deutschland an und besucht Open-Air-Konzerte, um sich inspirieren zu lassen, damit er die Konzepte für Bad Segeberg weiter entwickeln kann. Was kann in Zukunft noch kommen? Könnten künftig digitale Effekte bei den Karl-May-Spielen infrage kommen? Könnten Videowände wie bei großen Konzerten zum Einsatz kommen?
Erik Rüffler denkt auch in diese Richtungen, glaubt aber nicht, dass es in absehbarer Zeit dazu kommen wird, zumal digitale Effekte in den Nachmittags- und Abendvorstellungen gleich sichtbar sein müssten. „Irgendwann wird man vielleicht klein damit anfangen“, glaubt Rüffler. Festlegen aber will sich der Szenen- und Bühnenbildner allerdings nicht.