Kaltenkirchen. Der türkische Spitzenspieler des TC an der Schirnau erlebt als Debütant bei der Qualifikation der French Open eine aufregende Woche.

Altug Celikbilek und Tobias Hinzmann hatten in der Nähe des Pariser Eiffelturms einen fantastischen Blick auf die Seine. Es waren ein paar Minuten der Entspannung; direkt im Anschluss an die Landung in der französischen Hauptstadt machte das Duo spontan einen Spaziergang. Anschließend begab sich der türkische Profi-Tennisspieler des TC an der Schirnau mit seinem Trainer auf den Rückweg ins nahe gelegene Novotel.

Was vor genau einer Woche so ruhig und angenehm begann, sollte sich für die beiden in den darauffolgenden Tagen ändern. Es wurde eine aufregende Zeit für Hinzmann (38) und seinen 24 Jahre alten Schützling während ihrer Premiere beim zweiten Grand-Slam-Turnier des Jahres, den French Open.

Meilenstein in der sportlichen Karriere

Wie aufregend, das wurde Celikbilek und Hinzmann gestern nach der Rückkehr auf dem Hamburger Flughafen noch einmal bewusst. Für den türkischen Topspieler war es eine besondere Erfahrung, ein Meilenstein in seiner sportlichen Karriere. Der Mann, der im vergangenen Jahr mit seinen Teamkollegen vom TC an der Schirnau den Aufstieg in die Nordliga schaffte, begegnete in Paris nun den internationalen Cracks.

Altug Celikbilek vom Tennisclub an der Schirnau wird in der Weltrangliste aktuell an Position 234 geführt.
Altug Celikbilek vom Tennisclub an der Schirnau wird in der Weltrangliste aktuell an Position 234 geführt. © Unbekannt | Privat

In den Monaten zuvor hatte er sich mit guten Platzierungen bei diversen Challenger-Wettbewerben die Teilnahmeberechtigung für das größte und renommierteste Sandplatzturnier der Welt erkämpft. Paris war sein bislang größter Auftritt auf der ATP-Tour – auch wenn der 234. der Weltrangliste „nur“ in der Qualifikation mit immerhin 128 Akteuren startete.

Sein Erstrundenmatch entwickelte sich gleich zum Drama. Bei Bedingungen, wie sie Tennisspieler hassen, musste Altug Celikbilek lange Zeit ausharren und viel Geduld aufbringen. Den ganzen Tag hatte es geregnet. Vor dem Einzel gegen den knapp zehn Jahre älteren Japaner Tatsuma Ito (Nummer 221 der ATP-Rangliste) gab es ständig Zeitverzögerungen. Immer wieder wurde der Spielbeginn nach hinten verschoben. Es dauerte dann bis 22.30 Uhr, ehe die beiden Protagonisten unter Flutlicht bei Nieselregen den Platz betreten und zur Tat schreiten durften.

Dreisatz-Drama gegen Tatsuma Ito

Nachdem Celikbilek den ersten Satz mit 6:3 gewonnen hatte, gab er den zweiten Durchgang mit 4:6 ab. Es folgte ein unglaublicher Krimi. Altug lag im dritten Satz schon 1:4 zurück, ehe er sich aufraffte und zum 5:5 ausglich. Da war es schon eine halbe Stunde nach Mitternacht, und sein asiatischer Kontrahent bat den Schiedsrichter, die Partie abzubrechen.

Der Referee reagierte, obwohl auf zwei Nebenplätzen noch Damenmatches liefen. Celikbilek nahm das so hin, weil er unverändert an sich glaubte. Am kommenden Tag wurde die Partie fortgesetzt, und der Türke gewann die letzten beiden Spiele souverän zum 7:5.

Kolumbianischer Sandplatzspezialist ist zu stark

In der zweiten Runde wartete mit dem Kolumbianer Daniel Elahi Galan, Nummer 106 des ATP-Rankings und an Position zwei der Qualifikation gesetzt, ein absoluter Sandplatzspezialist. Galan hatte unlängst beim Challenger-Meeting in Heilbronn dem Deutschen Philipp Kohlschreiber keine Chance gelassen. Und er bereitete 2020 in Paris keinem Geringeren als dem serbischen Weltranglistenersten Novak Djokovic in der dritten Hauptrunde des Hauptfeldes einige Probleme.

„Altug hätte einen Sahnetag erwischen müssen, um sich durchzusetzen“, sagte Tobias Hinzmann. „Hat er aber leider nicht, es war einfach zu hart für ihn.“ Das deutliche Endergebnis lautete 6:3, 6:2 für den souverän agierenden Südamerikaner.

Quartett in Paris: Trainer Tobias Hinzmann, Altug Celikbilek, Cem Ilkel (Nummer eins der Türkei) und dessen Coach Ivica Ancic (v. l.).
Quartett in Paris: Trainer Tobias Hinzmann, Altug Celikbilek, Cem Ilkel (Nummer eins der Türkei) und dessen Coach Ivica Ancic (v. l.). © Unbekannt | Privat

Trotz sinkender Infektionszahlen war die Corona-Pandemie in Paris allgegenwärtig. Celikbilek und Hinzmann hielten sich in einer Quarantäne-Bubble auf und durften sich nur in ihrem Hotel und auf der Anlage von Roland Garros bewegen. Hinzmann musste am ersten Tag komplett in der Unterkunft bleiben, danach schlossen sich für beide ständige Antigen-Schnelltests an.

Für Celekbilek, der vor dem ersten Match ohne seinen Coach trainieren musste, war das alles nicht neu; er hatte sich im Januar mit dem Sars-CoV-2-
Virus infiziert. Hinzmann: „Umso erstaunlicher ist, dass er sich in Paris so gut zurechtgefunden hat.“

In der Hoffnung, das sich die Corona-Lage in den nächsten Wochen weiter entschärft, bereitet sich der Schirnauer schon auf das nächste Grand-Slam-Event vor: Vom 28. Juni bis 11. Juli trifft sich die Weltelite in Wimbledon auf Rasen. „Auf diesem Belag fühle ich mich am wohlsten“, sagt der starke Aufschläger mit der Vorliebe für schnelle Plätze.

Schwierige Infektionslage in Großbritannien

Das Vorprogramm gestaltet sich allerdings schwierig: Großbritannien ist wegen der indischen Virusvariante wieder Risikogebiet – das Turnier in Nottingham wird wohl gestrichen. Als Ausweichmöglichkeiten bleiben Gastspiele in Stuttgart und Halle (Rasen) oder Training auf Teppich in der Halle. Altug Celikbileks Manager Björn Kroll ist trotzdem optimistisch: „Altug kann in Wimbledon überraschen und in der Weltrangliste noch weiter vorankommen.“