Henstedt-Ulzburg. Moore in Schleswig-Holstein werden wieder vernässt. Beispiele sind das Henstedter Moor und das Grotmoor.
Im Naturschutzgebiet Henstedter Moor gibt es immer etwas zu tun. Es ist gerade einmal zwei Wochen her, als 20 Helferinnen und Helfer Hand anlegten. „Wir haben Jungbirken ausgegraben, damit die Heide nicht wieder unterdrückt wird“, berichtet Johannes Engelbrecht. Er ist Naturschutzbeauftragter der Gemeinde und eine der Personen, die das 218 Hektar umfassende Areal am besten kennen. „Birken sind Unkraut, die müssen entnommen oder entkusselt werden.“ Dabei werden Gehölze beschnitten, damit sie Gräsern nicht das Licht entziehen oder diese mit ihrem Laub beeinträchtigen.
Naturschutzgebiete: Moore sollen wieder vernässt werden
Das regelmäßige Management der ökologisch wertvollen Flächen ist komplex. Das Henstedter Moor mit dem dazugehörigen Lütt Wittmoor ist ein sehr junges Naturschutzgebiet, ausgewiesen wurde es mit seinen Heide- und Grünflächen, den Wäldern und Feuchtgebieten im März 2017. Seinerzeit bereits unter der Prämisse einer Wiedervernässung. Schrittweise soll der Wasserstand wieder steigen, damit sich die Ökosysteme mit der Zeit renaturieren.
Die Voraussetzungen dafür werden nun geschaffen. Im Umwelt- und Naturausschuss berichtete die Leiterin der Grünplanung im Rathaus, Anne Neufert, von den Plänen. Demnach seien jetzt drei Punkte wichtig: eine artenschutzrechtliche Prüfung, dann die Erfassung aller Lebensraum- und Biotoptypen samt Abgleich mit den vorhandenen Kartierungen, und drittens eben die Teilausführungsplanung. Alles zusammen wird rund 20.000 Euro kosten, die Politik votierte einstimmig dafür. „Es ist ein wichtiger Beitrag, um Klimaschutz zu betreiben“, so Neufert. Moore würden weltweit zwar nur drei Prozent der Landfläche ausmachen, dafür aber doppelt so viel Kohlenstoffdioxid binden wie alle Wälder zusammen. „Wir empfehlen, hier Klima-, Arten- und Hochwasserschutz betreiben zu können. Und wir hatten in den letzten zwei Jahren regelmäßig Moorbrände. Wäre das Moor verwässert, wären diese geringfügiger gewesen oder sogar gar nicht entstanden.“
Naturschutzgebiete: Moore für Torfabbau trockengelegt
Ein Vorbild ist das weiter nördlich gelegene zweite Naturschutzgebiet – die Oberalsterniederung. Dort habe man im Schlappenmoor die ersten Vernässungen vorgenommen, so Anne Neufert. „Im nächsten Schritt soll das Lütt Wittmoor angegangen werden.“
Keinesfalls ist es bei einer derartigen Maßnahme damit getan, einfach Wassertanks auszuleeren. „Hochmoore werden ausschließlich von Regenwasser gespeist“, erklärt Susanne Röhling, Sprecherin des Nabu Kisdorfer Wohld, der das Gebiet betreut. „Es muss Nährstoffarmut gewährleistet sein, die Pflanzen brauchen ein saures Milieu mit einem gewissen pH-Wert.“ Dafür müssen bauliche Voraussetzungen geschaffen werden. Für den Torfabbau wurden einst vor Jahrhunderten in ungefähr 1,50 Meter Tiefe Drainagen gelegt.
Pro Jahr ist der Boden um einen Zentimeter abgesackt. Nun müssen die historischen Gräben sorgsam geschlossen werden, zum Teil könnten auch Verwallungen dabei helfen, sodass der Wasserstand sukzessive steigen kann. „Wir brauchen Regen. Und das Wasser bleibt dort, es soll nicht so schnell abfließen“, so Röhling. Das Ziel wäre dann, dass der Flur zwischen einem und zehn Zentimetern Tiefe von Wasser bedeckt ist.
Naturschutzgebiete: Moorvernässung als Klimaschutz
Weil hier aber viele Tiere und Pflanzen bereits heimisch sind, ist Vorsicht geboten. „Die Moorvernässung ist Klimaschutz, aber wir müssen immer auch auf den Artenschutz achten. Ein Moor ist ein ganz besonderer Lebensraum, mit spezialisierten Arten, die nicht mehr häufig vorkommen, weil wir die meisten Moore trockengelegt haben.“
Allerdings muss eine solch grundlegende Maßnahme in Einklang mit der vorhandenen Tierwelt geschehen. Ein schützenswerter Bodenbrüter wie die Feldlerche darf nicht vertrieben werden. Auch Kreuzottern leben hier. „Eine Frage ist, ob es Ausweichflächen gibt“, sagt Susanne Röhling. „Und darauf zielt ein artenschutzrechtliches Gutachten ab. Es sind immer Eingriffe in die Natur, es geht immer um die Konsequenzen und Auswirkungen, die man ganz genau betrachten muss.“ Der Nabu stellt klar: „Man darf Klimaschutz und Artenschutz nicht gegeneinander ausspielen, es gehört zusammen, beides ist ganz wichtig. Das macht deutlich, in welchem Dilemma wir sind bei unterschiedlichen Bedingungen.“ Landwirtschaft, Bauvorhaben, Freizeitaktivitäten, Natur-, Arten- und Klimaschutz, all das muss koexistieren.
Naturschutzgebiete: Vorbereitungen für Vernässung laufen
Eine Fläche, die bereits bedenkenlos sich selbst überlassen werden kann, gibt es im Lütt Wittmoor bereits östlich des Wanderwegs. „Ein Relikt der Nachkriegszeit“, sagt Johannes Engelbrecht über das bei gutem Wetter beliebte Fotomotiv. „Dort hat man halbprofessionell Torf abgegraben, um den umliegenden Gegenden Heizmaterial zu liefern.
Auch heute noch liegt das Fundament der Torfpresse am Weg. Es ist Grundwasser, aber eben auch Niederschlagswasser, zwei bis drei Meter tief.“ In den Gräben gibt es Sperren, damit das Wasser nicht komplett abläuft. „Das ist in den 1970er-Jahren eingerichtet worden, als es noch kein Naturschutzgebiet war.“ Man war damals also sehr vorausschauend. Ein weiterer Grund war zudem, dass kein Regenwasser in die Alster fließen sollte.
Die Gemeinde will das gesamte Naturschutzgebiet vernässen. Die Vorbereitungen dafür sollen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Dann könnte die Renaturierung 2023 beginnen. Vermutlich im Nordwesten und Osten des Moores, wo viele Grundstücke im Eigentum der Gemeinde und der Stiftung Naturschutz sind.
Anne Neufert sagt: „Wir sehen uns in der Verpflichtung.“