Kreis Segeberg. Was haben Impfwillige mit Kleinkindern im Supermarkt gemeinsam? Quengeln ohne Ende und Jammern bis der Arzt kommt.

Diese Situation kennen wir alle: Mutter / Vater / beide an der Supermarktkasse, Wocheneinkauf, dahinter staut sich die Warteschlange. Mutter / Vater / beide verstauen im Akkord Lebensmittel, suchen nach Kleingeld, bändigen nebenbei das Baby in der Sitzschale und bräuchten eigentlich jeder drei Hände, mindestens.

Und dann ist da noch ihr Dreijähriger in der Trotzphase. Der hat im fiesen Regal auf Dreikäsehochaugenhöhe eine kicksüße Zuckerbombe entdeckt, die jeden Ernährungs-Doc entsetzen würde, die unser Terrorbubi aber un-be-dingt haben muss. Er weiß, dass er dieses Zeug normalerweise nicht kriegt. Doch er ist willens, seinem Begehr Nachdruck zu verleihen – mit allen Mitteln: schreien, jammern, weinen, Wutanfall, Schienbeintreten, auf den Boden werfen und theatralisch den sterbenden Schwan simulieren wie gewisse Fußballprofis kurz vor dem Abpfiff…

Jeder kennt diesen Supermarkt-Klassiker. Zu dem stets auch weise Ratschläge aus der Zeugenschar für die verzweifelten Eltern gehören, zum Beispiel dieser Evergreen: „Knallen Sie dem Bengel eine, dann ist Ruhe – hat uns früher auch nicht geschadet!“

Sensiblere Zeugen des Vorfalls erschauern in stillem Mitleid und danken ihrem Schicksal dafür, dass ihre Kinder über dieses Alter hinaus sind. Während die Eltern des eskalierenden Problembärchens irgendwie zusehen, dass sie ihre Brut und die Einkäufe zusammengerafft kriegen, ohne ihrerseits völlig die Nerven zu verlieren. Wenigstens darf man sich draußen im Auto ungebremst anbrüllen.

Was das mit Corona zu tun hat? Seit Montag ist die Impfpriorisierung aufgehoben. Zuvor erklärten seit Wochen sämtliche Fachleute aus Medizin, Forschung und Politik auf den Kanälen sämtlicher Informationsmedien, dass diese Aufhebung NICHT bedeute, am Stichtag stünde für jeden Ungeimpften sofort eine Spritze zur Verfügung. Was passiert?

Seit Montag terrorisieren faktenresistente Männer (leider sehr viele) und Frauen (etwas weniger, aber leider auch) das Personal in impfwilligen Hausarztpraxen nach allen Regeln der Kleinkind-Trotzphasen-Kunst. Sie rufen im Minutentakt an, verlangen die ihnen angeblich sofort gesetzlich zustehende Impfung und legen jedes Mal noch eine ekelige Beleidigung mehr drauf, wenn die Ablehnung erfolgt, weil nun mal nicht genug Impfstoff vorhanden ist. Es sind so viele Amokpöbler, dass in einigen Praxen Beschäftigte weinend zusammenbrechen und die Impfungen eingestellt werden.

Hey, Ihr da! Ihr, die Ihr anscheinend nie gelernt habt, dass man wartet, wenn es etwas nicht gleich gibt. Dass man teilt, wenn Mangel herrscht. Dass man nicht Recht hat, wenn man lauter schreit. Eure Eltern sind sicher sehr traurig, zu erleben, dass Ihr nie über die Trotzphase hinaus gekommen seid. Vielleicht fragen sie sich sogar, ob sie nicht damals an der Supermarktkasse auf den Ratschlag hätten hören sollen: „Knallen Sie ihm eine – dann ist Ruhe!“ Man ist zumindest in großer Versuchung.