Norderstedt. Ortsverband der Partei Die Linke hat Aktionsplan erarbeitet – und fordert eine umfassende Energie- und Verkehrswende.

Dem Klimaschutz verschreiben sich in diesem Wahljahr viele Parteien – eine gute Nachricht. Denn es sollte auch noch der letzte Politiker verstehen, dass es kein vordringlicheres Ziel für jedwedes politisches Handeln gibt. Die Norderstedter Linken zum Beispiel haben nun – „in monatelanger Arbeit“, wie sie betonen – ein Klimaschutzkonzept für die Stadt Norderstedt ausgearbeitet.

Dabei haben sie sich besonders mit der Frage beschäftigt: Was kann ich eigentlich als vermeintlich kleiner Kommunalpolitiker vor Ort dafür tun, dass Norderstedt ein Teil der Lösung für die Erreichung des Pariser 1,5- Grad-Ziels wird?

Linke fordert Klimaschutz auf kommunaler Ebene

„Das leidige und leider auch bereits Jahrzehnte währende Warten auf wegweisende Vorgaben von oben muss endlich beendet werden“, fordert Christine Bilger, Stadtvertreterin der Norderstedter Linken. „Auf kommunalpolitischer Ebene können wir sehr viel mehr als bisher für das Klima tun, dafür muss keine Kommune auf Bund und EU oder gar auf juristische Entscheidungen warten!“

Mit dem jetzt erarbeiteten Forderungskatalog, der mit allen 40 Mitgliedern des Ortsverbandes diskutiert wurde, möchte die Partei anderen Mut machen, in Sachen Klimaschutz selbst kräftig anzupacken. Die Linken attestieren der eigenen Kommune, beim Klimaschutz zwar schon einiges erreicht zu haben. Die Stadtverwaltung habe CO2-Neutralität bis 2040 ausgerufen. Doch der jüngst im Umweltausschuss vorgestellte Halbjahresbericht verzeichne für das Jahr 2019 gerade mal eine Verbesserung von 1,1 Prozent in der CO2-Bilanz. „Schon, um das bislang gesteckte Ziel zu erreichen, müsste Norderstedt aber rechnerisch auf ein Emissionsminus von jährlich 5 Prozent kommen“, sagt Bilger. Und selbst das würde nicht reichen, wenn Norderstedt seinen Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung leisten soll, sagt Hans-Georg Becker, der energiepolitischer Sprecher der Linken.

Klimaschutzamt soll Klimaneutralität umsetzen

„Wir müssen deshalb jetzt die großen Hebel bewegen – und zwar sehr schnell!“ In der Stadtverwaltung und bei den Stadtwerken säßen „sehr motivierte und hochkompetente Menschen“, die beim Klimaschutz „eine große Schippe drauf legen“ wollten, sagt Bilger. „Unsere Aufgabe als Politik sehen wir nun darin, diesen Fachleuten den Weg freizuräumen.“

Und das könnte so aussehen: Zunächst müssen die Stadt ein „Klimaschutzamt“ gründen, das die kommunale Klimaneutralität durch- und und umsetzt. Hans-Georg Becker: „Effizientes Agieren bedarf immer einer übergeordneten Koordinationsstelle, die alle Akteure und Vorhaben miteinander vernetzt und den Überblick über den Fortschritt aller Projekte hat.“

Stadtwerke sollen weiter ausgebaut werden

Die Stadtwerke würden die Linken als Dienstleister weiter ausbauen, etwa um den massiven Ausbau von Solarenergieanlagen in Gewerbe, bei Kommunen sowie bei Haus- und Grundbesitzerinnen und -besitzern voranzutreiben. Blockheizkraftwerke dürften nicht mehr mit Erdgas („Eine große Klimalüge!“) betrieben werden.

Den „nicht mehr zukunftsfähigen Verbrennungsmotor“ wollen die Linken im Individualverkehr abschaffen. Er sei einer der „wesentlichen CO2-Treiber“, sagt Olaf Harning von den Linken. Auch wenn man mit der Abschaffung des eigenen Autos auf einen Schlag die Hälfte des empfohlenen, jährlichen CO2-Budgets reduzieren könne, tun die Menschen das nicht. „Nicht, weil sie Spaß daran haben, die Zukunft ihrer Enkel zu gefährden, sondern weil es oft noch an gangbaren Alternativen mangelt – und auch aus Bequemlichkeit“.

Stadt soll Aufforsten, mehr Grün schaffen

Die Alternativen seien ÖPNV, Carsharing und das Fahrrad. Deswegen wollen die Linken die weitere Taktverdichtung auf allen Buslinien, ein Stadtticket für einen Euro am Tag als Zwischenschritt zum kostenlosen Nahverkehr, die grundsätzliche Priorisierung des Rad- und Fußverkehrs in der Verkehrsplanung, den massiven Ausbau des bestehenden Fahrradverleihsystems und die schrittweise Ertüchtigung aller Büro- und Gewerbebauten der Stadt für die Anfahrt der Beschäftigten mit dem Rad.

Parallel müsse Norderstedt Aufforsten, mehr Grün schaffen, das größtmögliche Mengen von CO2 speichern kann. „Die Schaffung und der Schutz von Natur- und Mikrowäldern, von Landschaftsschutzgebieten und Wildnis und die Renaturierung von Mooren sind dabei von enormer Bedeutung“, sagt der Linke Norbert Pranzas. Außerdem hätten sie kühlenden Einfluss auf das Stadtklima. Die Baumschutzsatzung müsse ausgeweitet werden, sagt Pranzas, Flächen müssten entsiegelt werden.

„In Summe hat uns die Arbeit an einem kommunalen Klimaschutzkonzept gezeigt, wie enorm unser Handlungspotenzial ist“, sagt Olaf Harning. „Ich hoffe, dass die übrigen Parteien in Norderstedt den Wunsch nach raschem und konsequentem Klimaschutz teilen.“