Norderstedt. Norderstedter Finanzplan für die nächsten beiden Jahre steht. Worüber die Stadtvertreter hitzig diskutierten.
Mit mehrmonatiger Verzögerung hat die Norderstedter Stadtvertretung den Doppelhaushalt für 2022 und 2023 beschlossen. Der Finanzplan umfasst unter anderem Investitionen in Höhe von 55,268 Millionen Euro für dieses Jahr sowie von 47,587 Millionen Euro für das kommende Jahr. Die Erträge belaufen sich auf rund 719 Millionen Euro, darunter 381 Millionen Euro Steuereinnahmen, die Ausgaben auf rund 708 Millionen Euro.
Norderstedter Politik beschließt Doppelhaushalt
In den letzten Monaten hatten Fraktionen und Verwaltung wiederholt (wir berichteten) über die vorlegten Entwürfe gestritten, weswegen auch die Fachausschüsse erst verspätet die jeweiligen Teilhaushalte absegneten. Die Politik bemängelte das Fehlen von Zahlen oder unzureichende Darstellungen von Projekten und Personalkosten. Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder widersprach: Man habe ordnungsgemäß gehandelt. Sie schlug für die Zukunft eine Haushaltsklausur vor. In der Stadtvertretung sagte sie nun: „Ja, wir müssen besser miteinander kommunizieren. Aber Kommunikation ist keine Einbahnstraße.“
Die über zweistündige Debatte verdeutlichte allerdings, wo momentan die Trennlinien verlaufen. Nämlich in der Grundsatzfrage, ob die Stadt sozialen Wohnungsbau betreiben darf. Eine knappe Mehrheit von CDU, FDP, WiN und Freien Wählern hatte in der letzten Woche im Hauptausschuss ein Vorhaben kurzfristig gestrichen: Das „Norderstedter Modell“ an der Lawaetzstraße, also 100 geförderte Wohnungen, davon die Hälfte für Geflüchtete. Die vier Fraktionen wollen, dass diese Fläche nicht von der städtischen Entwicklungsgesellschaft, sondern von Wohnungsbauunternehmen bebaut wird. Und zwar inklusive frei finanzierter Wohnungen.
Gleichzeitig wurden fünf Millionen Euro für mobile Bauten bereitgestellt – auch unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs. Dafür sei sie „dankbar“, so Roeder. „Aber wir haben andere Problemlagen, die alte Schule Fadens Tannen, ich weiß nicht, wie lange sie noch hält. Wir brauchen eine Lösung.“ Dort leben in der umfunktionierten früheren Gemeinschaftsschule 130 Geflüchtete zum Teil in Doppelzimmern und mit Gemeinschaftsküchen. Die Bedingungen gelten als grenzwertig, die Stadt hätte den Standort gerne gegen einen Neubau an der Lawaetzstraße eingetauscht.
Norderstedt: Streit um richtigen Weg zu bezahlbarem Wohnraum
Doch die Beteiligung der EGNO an diesem Projekt wurde zum Ausschlusskriterium. Sie galt den Gegnern als Einstieg in eine städtische Wohnungsbaugesellschaft. „Wir wollen selbstverständlich Geflüchtete unterbringen, sozialen Wohnraum schaffen. Aber wollen Wohnungsbaugesellschaften haben, die Erfahrungen haben“, sagte Petra Müller-Schönemann von der CDU. Deutlich wurde Reimer Rathje, Fraktionschef der WiN: „Wir sind gerne bereit, noch mehr Geld für Flüchtlinge auszugeben. Aber nicht für Sozialwohnungen, das ist nicht unsere Aufgabe. Wir sind nicht dafür, dass die Stadt Sozialwohnungen baut.“
Tobias Schloo (SPD), der Vorsitzende des Sozialausschusses, fragte, warum es denn keinen Antrag gegeben habe, den Betrieb des „Norderstedter Modells“ fremd zu vergeben. Und die Schule Fadens Tannen sei schon damals eine „Notlösung" gewesen, „es ist nicht die würdevollste Unterbringung“. Und Ingrid Betzner-Lunding (Grüne) kritisierte die Rhetorik der Gegenseite, die vor einem „sozialen Brennpunkt“ an der Lawaetzstraße gewarnt hatte. „Es geht um die Kassiererin im Einzelhandel, die Pflegekraft, die Polizei im Streifendienst. Und auch um Wohnungen für Geflüchtete, die unter unwürdigen Bedingungen ausharren.“
Es scheint unwahrscheinlich, dass es in dieser Wahlperiode noch einmal einen Konsens in diesem Thema geben wird. In zwei Wochen wollen sich zumindest CDU, FDP, WiN und Freie Wähler mit den großen Wohnungsbaugesellschaften Plambeck und Adlershorst treffen, kündigten sie an. Dann soll über Strategien im sozialen Wohnungsbau gesprochen werden – SPD, Grüne und Linke werden dieser Runde wohl fernbleiben.