Kreis Segeberg. Die CDU-Politiker Patrick Pender, Ole-Christopher Plambeck und Sönke Siebke gewinnen deutlich. Katrin Fedrowitz (SPD) verpasst Wiedereinzug.
Aus sieben mach drei – die Zahl der Landtagsabgeordneten aus dem Kreis Segeberg hat sich mehr als halbiert, der wirtschaftlich starke Kreis verliert an Einfluss in Kiel. Während bisher neben den 2017 direkt gewählten drei CDU-Vertretern Katja-Rathje-Hoffmann, Ole-Christopher Plambeck und Axel Bernstein auch Stefan Weber (SPD), Stephan Holowaty (FDP), Katrin Fedrowitz (SPD) als Nachrückerin und Jörg Nobis (AfD) im Landesparlament vertreten waren, verbleibt im neuen Landtag nur noch ein Trio. Die drei Christdemokraten Patrick Pender (Wahlkreis Norderstedt), Ole-Christopher Plambeck (Segeberg-West) und Sönke Siebke (Segeberg-Ost) haben sich allerdings überzeugend durchgesetzt.
Der wohl größte Coup gelang Patrick Pender. Der Newcomer holte den Wahlkreis Norderstedt mit 39,7 Prozent überraschend deutlich und ließ Konkurrentin Katrin Fedrowitz (SPD) mit exakt 23 Prozent klar hinter sich. „Mit einem solchen Ergebnis habe ich überhaupt nicht gerechnet“, sagte der studierte Betriebswirt, der nun auch in Kiel für frischen Wind sorgen will, mit Energie, Einsatz und Selbstbewusstsein.
Pender und Plambeck würden „Jamaika“ gerne behalten
Einfach die Zeit in Kiel abzusitzen, stiller Hinterbänkler zu sein, wäre ihm ein Graus. Pender will sich zu Wort melden, mit den vielen neuen Parlamentskollegen und -kolleginnen vor allem aus dem Hamburger Umland Anträge formulieren. Er möchte gern im Ausschuss für die Kooperation zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg mitarbeiten, sieht in Norderstedt mit dem leistungsstarken Glasfasernetz wilhelm.tel und der Innovationskraft der Stadtwerke eine wichtige Schnittstelle.
Digitalisierung nennt der Aufsteiger als wichtiges Thema, dazu Bildung und Verkehr. Der Abgeordnete will sich weiter für die Verlängerung der U-Bahn um drei Stationen Richtung Norden einsetzen, für eine Fachschule für die Erzieherausbildung und eine zweite Pflegeschule in Norderstedt sowie für eine Fachhochschule mit den Schwerpunkten Energie und Digitalwirtschaft. „Ich würde mich freuen, wenn die Jamaika-Koalition weitermachen kann. Aber die Entscheidung wird sich bei den Gemeinsamkeiten der Themen ergeben“, sagt der Norderstedter. Die CDU hätte auch mit einem nur Partner, den Grünen, der FDP, der SPD oder dem SSW, eine Mehrheit.
Pender und seine Mitstreiter verteilten 15.000 Flyer
Seine Art, Politik zu gestalten, habe sich ausgezahlt, erklärt der neue Landespolitiker seinen Erfolg. Es zähle der direkte Kontakt zu den Bürgern. 15.000 Flyer haben er und seine Mitstreiter von der Jungen Union verteilt, haben sechs Wochen in Norderstedt, Tangstedt, Kattendorf und Winsen an Haustüren geklingelt und über Gartenzäune mit den Menschen diskutiert. Er hat zugehört,die Sorgen aufgegriffen und Anträge für die Fachausschüsse geschrieben. „Die Menschen wollen wissen, was man konkret gemacht und realisiert hat“, sagt Pender, der mit 26 Jahren der Jüngste im Landtag sein dürfte und seine politische Karriere im Eiltempo fortsetzt. 2018 wurde er zum Stadtvertreter gewählt, Norderstedts CDU-Fraktionschef Peter Holle machte den fleißigen Nachwuchsmann, der mit seinem Engagement durchaus auch mal aneckt, zum Sprecher für Stadtentwicklung und Verkehr.
„Es ist für uns wichtig, dass wir jetzt jemanden in Kiel haben, der in Norderstedt aufgewachsen ist und hier lebt“, sagte der örtliche CDU-Chef Thorsten Borchers, der vom klaren Ergebnis genau so überrascht war wir Fraktionschef Peter Holle. Penders Vorgängerin Katja Rathje-Hoffmann war zwar für den Wahlkreis Norderstedt in Kiel, wohnt aber in Nahe – ein wiederkehrender Kritikpunkt. Die CDU-Spitzenfrau, sozialpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion und Mitglied im Landesvorstand, verpasste mit Listenplatz 22 den Wiedereinzug ins Parlament. Sie nimmt es sportlich: „Das ist eben Demokratie.“ Noch allerdings hofft die 59-Jährige, doch noch in den Landtag zurückkehren zu können, auf Platz zwei der Nachrückerliste habe sie durchaus Chancen.
Ole-Christopher Plambeck aus Henstedt-Ulzburg hat sein Mandat damit deutlich verteidigt. Mit 45,9 Prozent übertraf der 36-Jährige das gesteckte Ziel von „37 bis 38 Prozent“ klar. „Der Stress hat sich gelohnt. Ich habe selbst Sievershütten gewonnen, wo mein Mitbewerber Stefan Weber Bürgermeister ist.“ Das sei ihm 2017 nicht gelungen. In der heißen Wahlkampfphase habe er 50 Termine wahrgenommen, „ich war fast jeden Tag unterwegs“.
Plambeck war in der letzten Legislaturperiode haushalts- und finanzpolitischer Sprecher seiner Fraktion. „Das Ergebnis ist ein klarer Auftrag an die CDU. Das Verhältnis zu Grünen und FDP war sehr, sehr gut, wir haben uns viel getroffen, haben uns viel abgestimmt. Wir müssen nun ausloten, wie es weitergeht. Ich könnte mir ,Jamaika‘ trotzdem vorstellen, weil es mit den Personen sehr gut läuft.“ Seine bisherige Arbeit würde er gerne fortsetzen. „Ich habe mich in den letzten fünf Jahren gut reingearbeitet.“ Dass er als Kandidat für ein Regierungsamt gehandelt wird, möchte er nicht kommentieren.
„Es gibt immer weniger feste Lager“
Was auffällt: Je nach Wahl – Landtag, Bundestag, Kommunalgremien oder Bürgermeister – wechseln die Präferenzen der Bürgerinnen und Bürger. „Es gibt immer weniger feste Lager“, hat auch Plambeck festgestellt. „Es verändert sich viel, die Parteien müssen sich immer neu beweisen.“ Henstedt-Ulzburg ist da ein gutes Beispiel. In den letzten Jahren triumphierte eine Wählergemeinschaft (die WHU) bei der Kommunalwahl, dann SPD-Kandidatin Ulrike Schmidt bei der Bürgermeisterwahl und mit Bengt Bergt ein weiterer Sozialdemokrat bei der Bundestagswahl – und nun die CDU. „Gerade diese Wahl hat gezeigt, wie gut wir vor Ort vernetzt sind“, sagt Plambeck, der seit 2021 auch Kreisvorsitzender ist.
Katrin Fedrowitz war am Tag nach der Wahl gefasst. „Ich denke, dass der Landestrend hier durchgeschlagen ist. Und meine Person hat nicht gereicht, das im Wahlkreis zu drehen“, so die SPD-Kreischefin, die sich nun auf eine Zeit ohne Landtagsmandat vorbereitet. „Wir werden in den kommenden Wochen das Büro abwickeln. Und ich werde wieder Vollzeit in meinem Job in Norderstedt arbeiten“, so Fedrowitz, die als Bürovorsteherin in einer Anwaltskanzlei tätig ist. Politisch blickt sie nach vorne: „Wir haben 2023 eine Kommunalwahl in Schleswig-Holstein und eine Bürgermeisterinnenwahl in Norderstedt.“ Und dann ist da natürlich noch die Landesebene. Montagnachmittag war Fedrowitz auf dem Sprung nach Kiel, wo der Parteivorstand tagen sollte. „Ich werde den Unmut der Segeberger über die Kampagne zum Ausdruck bringen. In der SPD rumort es gerade kräftig.“