Bönningstedt. Als Fuhrunternehmen gegründet, hört der Autohandel in Bönningstedt zum neuen Jahr auf. Die Einzelheiten.
Ford Bunge ist Geschichte. Das Autohaus an der Kieler Straße in Bönningstedt wird zum Jahresende schließen. Fast 100 Jahre nachdem ihr Großvater Karl Bunge 1927 den Traditionsbetrieb als Fuhrunternehmen gegründet hatte, hören seine Enkel Thorsten und Tim Bunge mit dem Geschäft auf. Die meisten Mitarbeiter werden von einem Fordhändler aus Eidelstedt übernommen, der auf dem Bunge-Gelände in Bönningstedt noch bis Ende Juni nächsten Jahres eine Auto-Werkstatt betreiben wird. Danach werden dort, neben der Shell-Tankstelle, 70 Wohneinheiten mit Reihen- und Mehrfamilienhäusern errichtet werden.
Autohaus Ford Bunge schließt zum Jahresende
Etwas wehmütig sei ihnen schon zu Mute, sagen die Inhaber Thorsten und Tim Bunge, die schon seit rund drei Jahrzehnten im Betrieb sind und seit 2006 die Geschäfte des Autohauses geleitet haben. „Aber wir sind mit uns und der Familie im Reinen. Es hat sich alles gut zusammengefügt“, erklärt Thorsten Bunge, mit 58 Jahren der ältere der beiden Cousins. Tim ist sieben Jahre jünger. „Wir machen jetzt nur noch Abverkauf, räumen auf und bauen die Bunge-Schilder ab. Dann ist Schluss für uns.“ Die Aufgabe zum Jahresende sei schon von langer Hand geplant. Seit Mitte des Jahres sei kein neues Fahrzeug mehr bestellt worden.
Ein Grund sei auch der sich abzeichnende gesellschaftliche Wandel, was das heutige Verständnis zur Mobilität angehe, begründet Tim Bunge. „Viele jüngere Leute brauchen heute kein Auto mehr und auch ältere Menschen verzichten wegen des Klimas zunehmend aufs Autofahren.“ Hinzu käme, dass sie der monatelange Corona-Lockdown zwang, den Autohandel auszusetzen. „So kamen wir überein, dass das jetzt genau der richtige Zeitpunkt zum Aufhören ist“, sagt Thorsten Bunge.
Autohaus startete vor fast 100 Jahren als Fuhrunternehmen
Auch ihre Väter beziehungsweise Onkel Bunge, die in zweiter Generation den Autohandel gemeinsam betrieben und ausgebaut hatten, seien voll und ganz einverstanden mit dieser Entscheidung gewesen. Diese beiden, Otto Bunge war für den Verkauf und Hermann Bunge für die Werkstatt zuständig, hatten den Autohandel in den 60er- und 70er- Jahren in Bönningstedt ausgedehnt. Neben den Ford-Marken auch auf DAF-Lkw, Wohnwagen und Simca-Modelle.
„Mein Onkel hat damals bis zu 500 Fahrzeuge im Jahr verkauft“, erzählt Thorsten Bunge. Seit den 80er-Jahren war die Firma dann ein reiner Ford-Vertragshändler. 2006 kam noch ein Bosch-Service hinzu. Der Betriebsgründer war vor knapp 100 Jahren als Fuhrunternehmer gestartet, indem er die Milch für die Bauern zur Meierei brachte, bevor er im Jahr 1952 den Handel mit den ersten Ford-Modellen aufmachte.
Autohaus: Pläne für Umsiedlung in Bönningstedt scheiterten
Bereits vor etwa zehn Jahren wollten Thorsten und Tim Bunge noch nicht den Betrieb, aber den Standort aufgeben. Damals sollte auf ihrem 5200 Quadratmeter großen Gelände ein neuer Edeka-Markt entstehen. Ihren Autohandel mit Werkstatt wollten sie dann an anderer Stelle in Bönningstedt moderner wieder aufmachen. Die Bönningstedter Politik zeigte sich dem Projekt aufgeschlossen gegenüber. Doch die Landesplanung machte ihnen einen Strich durch die Rechnung.
Bönningstedt dürfe wegen seiner Größe von etwa 4500 Einwohnern nur einen Verbrauchermarkt im Ort haben, erklärt Bürgermeister Rolf Lammert die Rechtslage. Und der sei nun mal mit dem Rewe-Markt im Ortskern bereits vorhanden. So kommt es nun im nächsten Jahr auf dem Nachbargrundstück, das früher der Gärtnerei Fromme gehörte, zur Neuansiedlung eines Aldi-Marktes mit DM-Drogeriemarkt und einer Bäckerei-Filiale der Lübecker Kette Junge.
Autohaus Ford Bunge weicht einer Wohnbebauung
Als Alternative für ihr Grundstück entwickelten die Bunge-Chefs vor zwei, drei Jahren die Idee, dort Wohnungen errichten zu lassen. Der Gemeinderat hat dafür eigens den Bebauungsplan 37 entwickeln lassen und vor einem Jahr beschlossen. Dieser sieht vor, dass auf dem Gelände zwei dreigeschossige Wohnblocks mit etwa 60 Wohnungen zur Kieler Straße hin gebaut werden können, erläutert Michael Görres, zuständiger Fachbereichsleiter in der Quickborner Stadtverwaltung.
Im hinteren Bereich des Grundstücks seien sechs Reihenhäuser mit Tiefgarage Richtung Seafordkehre und Ahornstraße geplant. „Der B-Plan ist rechtskräftig und hat damit Baurecht geschaffen“, erklärt Görres. „Der Siedlungsdruck aus Hamburg ist groß“, sagt Bürgermeister Lammert dazu. Die Gemeinde wolle weiter, aber kontrolliert wachsen, auch um die Grundschule im Dorf zu halten.
Autohaus: Mitarbeiter von Fordhändler übernommen
Für die Mitarbeiter von Bunge bedeutet die Aufgabe aber nicht das Ende ihrer beruflichen Karriere. Christian Schulz vom Fordhändler Ulrich an der Pinneberger Chaussee in Eidelstedt übernimmt mit fünf Mitarbeitern den Großteil der Belegschaft. Darunter auch den Werkstattmeister Marc Möller und Servicekraft Janina Hutny sowie weitere Beschäftigte aus Karosserie und Werkstatt, erklärt Inhaber Schulz auf Abendblatt-Nachfrage. „So behalten die Kunden ihre Ansprechpartner.“ Bis zum Sommer werde er auf dem Bunge-Gelände die Werkstatt weiterbetreiben. Danach suche er gerade einen neuen, zweiten Standort neben dem in Eidelstedt. „Das wird wohl irgendwo in Bönningstedt oder Rellingen sein.“
Mit der Ansiedlung der Bäckerei Junge auf dem Nachbargrundstück schließt sich ein weiterer Kreis. Junge sei von 1967 bis 1980 eine der Bäckereien gewesen, die Schnittbrot unter dem Label „Rugenbergener Mühlenbrot“ vertrieben habe und Anteile an dem Bäckereiverbund hielt, erinnert Joachim Czolbe vom Bönningstedter Heimatverein an den anderen großen Traditionsbetrieb im Ort. Junge hatte den Betrieb in Bönningstedt 1995 aufgegeben.