Kiel/Norderstedt. Landgericht gewährt dem 45-jährigen pädophilen Wiederholungstäter aus Kaltenkirchen ein letztes Mal Bewährung.

Die Zahl der Sexualstraftaten gegen Kinder steigt deutlich: Beim Kindesmissbrauch nahmen die Fallzahlen in Schleswig-Holstein laut Polizeilicher Kriminalstatistik 2020 um 15,8 Prozent zu. Bei der Kinderpornografie beläuft sich der Zuwachs sogar auf 30,3 Prozent (bundesweit: 54 Prozent). Beide Delikte waren am Mittwoch Gegenstand eines Prozesses gegen einen Wiederholungstäter aus Kaltenkirchen.

Vom Amtsgericht Norderstedt war der 45-jährige Internet-Nutzer bereits im Februar 2020 wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen in neun Fällen und Verbreitung kinderpornografischer Bilddateien verurteilt worden. Weil die Übergriffe „online“ ohne persönlichen Kontakt zu den Opfern erfolgten und Jahre zurücklagen, beließ es die Strafrichterin bei einer knapp zweijährigen Bewährungsstrafe.

Doch schon einen Monat nach seiner Verurteilung nahm der arbeitslose Handwerker erneut über soziale Medien Kontakt zu Kindern auf. „Zeig dich mal!“, forderte er über WhatsApp ein elfjähriges Mädchen auf, dem er ein pornografisches Video schickte. Er richtete eine Kamera auf sein Geschlechtsteil und konfrontierte das Kind mit sexuellen Handlungen.

Der Pädophile hortete 1000 pornografische Dateien

Im Juni 2020 stand die Polizei vor der Tür des Angeklagten. Bei der Durchsuchung seiner Dachwohnung in einem Mehrfamilienhaus stellten LKA-Spezialisten mehr als 1000 kinder- und jugendpornografische Darstellungen auf Smartphone und Notebook sicher. Das Amtsgericht verurteilte den Alleinstehenden deshalb im Februar 2021 zu einem Jahr „Haft pur“. Der Angeklagte legte Rechtsmittel ein.

Im Berufungsverfahren räumte ihm das Kieler Landgericht trotz seines schnellen Rückfalls nun eine weitere Bewährungschance ein. „Mit Bauchschmerzen“ ersparte ihm die Kammer die Haftverbüßung. Dafür steht der Hartz IV-Empfänger jetzt für weitere fünf Jahre unter der Aufsicht einer erfahrenen Bewährungshelferin, die sich im Prozess für ihn einsetzte.

Die Zeugin (61) hatte bereits nach der ersten Verurteilung eine langfristige Sexualtherapie durchgesetzt, die ohne Verschulden des Angeklagten erst nach seinem Rückfall beginnen konnte. Auch für seine Kündigung als Lagerarbeiter bei Amazon könne der gelernte Schlosser nichts, die Fluktuation der Arbeitskräfte sei dort sehr groß.

Er sei auf einem guten Weg, berichtete die Zeugin. Nach eigenen Angaben hat der Angeklagte alle einschlägigen sozialen Foren von seinem Handy gelöscht und sucht einen Ausbildungsplatz im Pflegebereich. Seit einem Jahr führe er wöchentliche Therapiegespräche, die wegen Corona derzeit nur telefonisch möglich seien.

Die sexualtherapeutische Beratung bei der Einrichtung „Wendepunkt“ muss der Angeklagte zur Vermeidung weiterer Rückfälle solange fortsetzen, wie sein Therapeut es für nötig hält.

Bei Verstößen oder neuen Straftaten drohte ihm der Vorsitzende bis ins Jahr 2026 eindringlich den Widerruf der Bewährung an. In diesem Fall müsse er mit der Verbüßung beider Freiheitsstrafen rechnen.