Kreis Segeberg. Erträge gehen zurück. Das liegt unter anderem daran, dass weniger Pestizide ausgebracht werden dürfen, sagen die Bauern.

Wenn im Mai die Rapsblüte beginnt, sind die Menschen aus dem Häuschen: Ganze Felder verfärben sich gelb, es duftet, der Rapskäfer fliegt. Die leuchtenden Rapsfelder sind ein Erkennungszeichen Schleswig-Holsteins. Diese Wochen sind genau die richtige Zeit für eine Landpartie. Es entstehen reihenweise grandiose Fotos, die später in den einschlägigen Internetforen zu bewundern sind.

Aber die Landwirte blicken mit gemischten Gefühlen auf die gelbe Pracht. Für sie ist die Zeit der ländlichen Romantik angesichts der gelben Rapsblüten vorbei – zumindest ist eine gewisse Ernüchterung eingetreten. Wenn Bauer Andreas Schröder aus Alveslohe seine Rapsfelder betrachtet, fällt es ihm nicht leicht, angesichts des gelben Blütenmeeres die Ruhe zu bewahren. Stärkerer Insektenbefall schmälert den Ertrag und damit die Einkünfte. So wie ihm geht es vielen Landwirten in Schleswig-Holstein: Im ganzen Land ist der Anbauumfang von Raps das dritte Jahr in Folge auf extrem niedrigem Niveau.

Immer weniger Rapsfelder in Schleswig-Holstein

Vor 15 Jahren beackerten die Landwirte in Schleswig-Holstein noch mehr als 100.000 Hektar mit Winterraps. Vor sechs Jahren waren es noch 90.000 Hektar. Gerade einmal 60.600 Hektar sind es noch in diesem Jahr. Das teilt die schleswig-holsteinische Landwirtschaftskammer mit. Im Kreis Segeberg sind es aktuell noch etwa 400 Landwirte, die Raps anbauen – von knapp 1000 im Kreisbauernverband organisierten Landwirten. Insgesamt gibt es etwa 1200 Landwirte im Kreisgebiet. Nach Angaben des Verbandes wächst aktuell auf sechs bis sechseinhalb Hektar landwirtschaftlicher Fläche Raps. Im Jahre 2016 war es noch eine Fläche von 7000 Hektar. Der Ertrag liegt bei etwa 3,5 bis 4 Tonnen pro Hektar. Auf einem Hektar werden also 1600 Liter Rapsöl, 2100 Kilogramm Rapsschrot und mindestens 100 Kilogramm Rapshonig erwirtschaftet.

Geht es also stetig bergab mit dem Raps, der übrigens entgegen der weit verbreiteten Meinung kein Getreide, sondern ein Kreuzblütengewächs ist? Müssen wir eines Tages ganz darauf verzichten, bis zum Horizont auf goldgelbe Felder zu blicken? Soweit ist es noch nicht: Raps belegt bei uns immerhin noch Platz drei der Marktfruchtkulturen. Direkt hinter Weizen und Gerste.

Es gibt mehrere nachvollziehbare Gründe für den Rückgang der Anbauflächen. Beispielsweise dürfen die Landwirte nicht mehr so viele Schädlingsbekämpfungsmittel einsetzen. Es steht nur noch eine eingeschränkte Palette an Pflanzenschutzmitteln zur Verfügung. „Der Raps ist für Landwirte nicht mehr ertragssicher“, fasst Lennart Butz, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes, zusammen.

Immerhin sei der Raps noch gut durch den Winter gekommen, sagt Ute Volquardsen, Präsidentin der Landwirtschaftskammer. Allerdings gebe es auf fünf bis zehn Prozent der Fläche Schäden durch den Fraß von Rapserdflohlarven.

Andreas Schröder (48) aus Alveslohe hat rund 40 Hektar Raps angebaut.
Andreas Schröder (48) aus Alveslohe hat rund 40 Hektar Raps angebaut. © Frank Knittermeier | Frank Knittermeier

Für den Alvesloher Landwirt Schröder, Betriebswirt und Doktor der Agrarwirtschaft, sind Einbußen bei der Rapsernte zwar noch nicht existenzbedrohend, gleichwohl ist ein wichtiges Standbein seines landwirtschaftlichen Betriebs in Gefahr: Der Rapsanbau auf 40 Hektar Fläche macht für ihn 10 bis 15 Prozent des jährlichen Einkommens aus. Der starke Insektenbefall und die niedrigen Preise haben für ihn in den vergangenen Jahren einen Einkommensverlust von gut 20 Prozent ausgemacht.

„Ich kann es grundsätzlich ja nachvollziehen, dass bestimmte Pflanzenschutzmittel nicht mehr zugelassen sind, um Bienen und andere Insekten zu schützen“, sagt der Bauer. Er und die meisten seiner Kollegen setzen deshalb auf ein neues Pflanzenschutzmittel, das für die Bienen nicht gefährlich sein soll. Andreas Schröder geht noch einen Schritt weiter: Er spritzt dieses Mittel erst nach 19 Uhr auf die Pflanzen. „Dann sind die Bienen nicht mehr aktiv.“

Möglicherweise gibt es demnächst wissenschaftliche Unterstützung für die Rapsbauern: Die Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen erhöht den Züchtungsaufwand, um nicht noch mehr Rapsfläche und Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Gesucht werden Pflanzen, die widerstandsfähiger gegen Schädlinge und Trockenstress sind.

So weit ist es allerdings noch nicht. Andreas Schröder und Kollegen müssen mit dem Leben, was auf dem Markt ist. In guten Jahren erntet der Alvesloher Landwirt gut vier Tonnen Raps pro Hektar. Er weiß aber, dass er diese Menge im Jahre 2021 nicht erreichen wird. Dafür sind die Erzeugerpreise zwar auf einem niedrigen, aber angesichts der Lage immer noch erträglichen Niveau: 30 bis 50 Euro zahlt die Ölmühle Hamburg für einen Doppelzentner Raps. Aktuell liegt der Tagespreis um die 50 Euro. Dort werden die Rapsschoten zu Speiseöl und Industrieöl verarbeitet.

Rapsöl ist ein guter Ersatz für fossile Brennstoffe wie Erdöl

Aus einem Hektar Raps können bei guten Erträgen rund 1800 Liter Öl erzeugt werden. Ein großer Teil des Öls, das aus dem Raps gewonnen wird, landet in Fahrzeugtanks, wo es dem fossilen Diesel in Form von Biodiesel beigemischt wird. Theoretisch könnten mit der Rapsölmenge der deutschen Bauern, die auf rund 1,3 Millionen Hektar im Bundesgebiet Raps anbauen, drei Millionen Autos ein Jahr lang ohne einen Tropfen Erdöl betrieben werden. Der ausgepresste Rapskuchen wird als Eiweißfutter für Kühe genutzt.

Wer die Rapsblüte hautnah genießen möchte, kann sich natürlich jetzt schon auf dem Lande umsehen: Die Blühphase hat begonnen – allerdings gut 14 Tage zu spät. Die Hauptblütezeit liegt nach Einschätzungen von Andreas Schröder etwa zwischen dem 20. und 25. Mai. Vorausgesetzt, es gibt keine Wetterkapriolen. „Etwas Regen mit Sonnentagen vermischt und Temperaturen zwischen 18 und 20 Grad sind die idealen Voraussetzungen für eine gute Rapsernte“, sagt der Alvesloher Landwirt. Ungefähr zwei Monate nach der Blüte wird der Raps im Juli reif für die Ernte. Wie auch immer: Raps bleibt im nördlichsten Bundesland weiterhin von Bedeutung. Nicht zuletzt durch sein goldgelbes Bild, das sinnbildlich auch für Schleswig-Holsteins Landschaft steht.